Endlich handelt Erdogan
Warum denn nicht gleich so, könnte man fragen: seit Freitag greifen F-16-Bomber der türkischen Luftwaffe Stellungen des Islamischen Staates (IS) im Norden Syriens an. Und nach einem Telefongespräch zwischen Präsident Erdogan und seinem amerikanischen Amtskollegen darf die US Air Force bald auch eine türkische Basis nutzen, um Luftschläge gegen die Terroristen zu fliegen.
Lange hat die Türkei im syrischen Bürgerkrieg ein unklares Spiel betrieben. Erdogan hasst den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Zwar haben die Ehepaare Assad und Erdogan noch vor wenigen Jahren gemeinsam Urlaub gemacht, zwar gibt es große türkische Investitionen in Syrien. Aber Assad gilt Erdogan seit Beginn des Krieges in Syrien als Schlächter, der sein eigenes Volk nicht achtet. Um Assad zu stürzen, sind Erdogan darum viele Mittel recht gewesen. Dass die IS-Terroristen die Türkei als Transitland und Ruheraum für erschöpfte oder verwundete Kämpfer genutzt haben sollen, war eine Art der indirekten Unterstützung, die dem IS zuteil wurde. Diese Liebelei zwischen der Regierung eines Nato-Mitglieds und einer mörderischen Bewegung scheint vorerst vorbei zu sein.
Nach dem Anschlag in Suruc mit 32 Toten und dem Angriff des IS auf eine türkische Grenzstation, scheint Erdogan zu realisieren, dass er handeln muss. Gemeinsam mit den Nato-Partnern geht er nun gegen eine Bewegung vor, die sich die Zerstörung allgemein gültiger Werte und Regeln zur Aufgabe gemacht hat.
In Istanbul wurden angebliche ISSympathisanten verhaftet. Gleichzeitig sollen türkische Sicherheitsdienste zahlreiche Oppositionelle festgenommen haben, die keinerlei Sympathien für den IS hegen. Im Kampf gegen den Terror könnte die Repression in der Türkei zunehmen.
Wenn dem IS die Nachschubwege abgeschnitten werden, wird dieser versuchen sich zu rächen. Die F-16Bomber gegen IS-Stellungen und der Bau einer Grenzmauer sind vermutlich nur der Anfang eines langen Krieges. Dass die Türkei sich jetzt beteiligt, ist lange überfällig.