Neuer Chef bei Hymer
RAVENSBURG (str) - Die HymerGruppe bekommt einen neuen Chef: Martin Brandt übernimmt im August die Führung von Europas größtem Hersteller von Reisemobilen und Wohnwagen. Vorgänger Andreas Lobejäger verlässt die Firma. Brandt soll die Ausdehnung der HymerGruppe im Ausland vorantreiben. Zur Erwin Hymer Group gehören Marken wie Dethleffs, Bürstner und die Hymer-Wohnmobile.
RAVENSBURG - Andreas Lobejäger hat sich in der Hymer-Gruppe nicht nur Freunde gemacht. Der Chef des Wohnwagen- und Reisemobilherstellers aus Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) musste in den vergangenen drei Jahren hart durchgreifen, um das angeschlagene Unternehmen neu zu ordnen. Nach getaner Arbeit räumt der Vorstandsvorsitzende überraschend seinen Posten. Seinem Nachfolger Martin Brandt fällt nun die Aufgabe zu, Europas größte Firmengruppe für Reisemobile und Wohnwagen zum Weltmarktführer zu machen.
Lobejäger verlasse Hymer auf eigenen Wunsch und aus „persönlichen Gründen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Schon vor Monaten hatte der 50-Jährige der Eigentümerfamilie Hymer seinen Entschluss mitgeteilt. Der Dank für Lobejäger fiel fast überschwänglich aus – ein Zeichen dafür, dass der Manager tatsächlich wohl freiwillig geht. Die Eigner bescheinigten ihm einen „wesentlichen Beitrag in der für die Unternehmensgruppe so bedeutenden Phase der Neuausrichtung“. Sogar Konkurrenten attestierten dem Manager „tolle Arbeit“.
Alte Zöpfe abgeschnitten
Das Lob ist berechtigt. Nach einer unruhigen, teils turbulenten Zeit hat die Hymer-Gruppe unter Lobejäger wieder Tritt gefasst, seit das Unternehmen 2013 von der Börse genommen wurde. Lobejäger nahm sich der Qualitätsprobleme in der Fertigung an und investierte in die Modernisierung der Werke. Der Vorstandschef bereinigte die teils ungeordneten Verhältnisse in der Firmenstruktur und entledigte sich erfolgloser Manager. Hymer stieg ins Ersatzteilgeschäft ein, baute das Vermietungsgeschäft aus und stellte zuletzt mit der Fiat-Chrysler-Bank die Erwin Hymer Finance Group auf die Beine, die die Finanzierung von Reisemobilen ermöglicht.
Die Hymer-Gruppe gilt als schwierig zu führendes Mehrmarkenkonstrukt. Die von Lobejäger durchgesetzte neue Unternehmensstruktur soll dazu beitragen, einzelne Fabrikate besser zur Geltung zu bringen, ohne dass sich ein ruinöser Wettbewerb zwischen den eigen- willigen Konzerntöchtern entspinnt. Hymer hatte in der Vergangenheit damit zu kämpfen, dass die Profile der einzelnen Marken verwischten.
Der Zeitpunkt für Lobejägers Abgang scheint gut gewählt. Der Manager hat alte Zöpfe abgeschnitten, sich dafür mit vielen Besitzstandswahrern angelegt – und das hat ihn vermutlich Kraft gekostet. Sein Nachfolger, der 55jährige Martin Brandt, kann zum Start des neuen Geschäftsjahrs am 1. August unbelastet loslegen, ohne sich mit Problemen der Vergangenheit plagen zu müssen. „Der Grundstein ist gelegt, die Ampel steht auf Grün“, sagte Unternehmenssprecherin Jacqueline Casini.
Der neue Vorstandsvorsitzende kommt nicht aus der Reisemobilbranche. Brandt war zuletzt Vor- standsmitglied des Beleuchtungsspezialisten Zumtobel AG in Dornbirn (Vorarlberg). Zuvor hatte er in einer Unternehmensberatung und für die schwedische Assa Abloy Gruppe gearbeitet, die Türbeschläge herstellt.
Die Eigentümer erwarten von Brandt, dass er die Gruppe in Asien und Amerika voranbringt. Die Märkte in Westeuropa gelten als gesättigt, Wachstum im größeren Stil verspricht sich die Caravanbranche in Übersee, allerdings konnten Europäer dort bisher nicht Fuß fassen. Seine Erfahrungen in international ausgerichteten Familienunternehmen könnten Brandt dabei zugutekommen. Hymer hat große Pläne: In den USA will das Unter- nehmen gerne in die Produktion einsteigen. Auch auf den chinesischen Markt hat die Gruppe ein Auge geworfen.
Daheim in Bad Waldsee muss Brandt die Fertigung verbessern. Die Töchter des Konzerns sollen also auf möglichst viele Bauteile gemeinsam zugreifen, mehr Fertigung am Fließband soll kostspielige Handarbeit verdrängen. Durch diese Plattformstrategie können mächtige Firmengruppen wie Hymer ihre Vorteile gegenüber kleinen Werkstätten ausspielen – und dann entweder ihre Reisemobile günstiger anbieten oder mehr an den Fahrzeugen verdienen.
Mit Oberschwaben muss sich der neue Hymer-Chef Brandt nicht lange bekannt machen: Er kommt aus Ravensburg und seine Familie wohnt dort.