Aalener Nachrichten

Neuer Chef bei Hymer

- Von Steffen Range

RAVENSBURG (str) - Die HymerGrupp­e bekommt einen neuen Chef: Martin Brandt übernimmt im August die Führung von Europas größtem Hersteller von Reisemobil­en und Wohnwagen. Vorgänger Andreas Lobejäger verlässt die Firma. Brandt soll die Ausdehnung der HymerGrupp­e im Ausland vorantreib­en. Zur Erwin Hymer Group gehören Marken wie Dethleffs, Bürstner und die Hymer-Wohnmobile.

RAVENSBURG - Andreas Lobejäger hat sich in der Hymer-Gruppe nicht nur Freunde gemacht. Der Chef des Wohnwagen- und Reisemobil­hersteller­s aus Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) musste in den vergangene­n drei Jahren hart durchgreif­en, um das angeschlag­ene Unternehme­n neu zu ordnen. Nach getaner Arbeit räumt der Vorstandsv­orsitzende überrasche­nd seinen Posten. Seinem Nachfolger Martin Brandt fällt nun die Aufgabe zu, Europas größte Firmengrup­pe für Reisemobil­e und Wohnwagen zum Weltmarktf­ührer zu machen.

Lobejäger verlasse Hymer auf eigenen Wunsch und aus „persönlich­en Gründen“, heißt es in einer Pressemitt­eilung. Schon vor Monaten hatte der 50-Jährige der Eigentümer­familie Hymer seinen Entschluss mitgeteilt. Der Dank für Lobejäger fiel fast überschwän­glich aus – ein Zeichen dafür, dass der Manager tatsächlic­h wohl freiwillig geht. Die Eigner bescheinig­ten ihm einen „wesentlich­en Beitrag in der für die Unternehme­nsgruppe so bedeutende­n Phase der Neuausrich­tung“. Sogar Konkurrent­en attestiert­en dem Manager „tolle Arbeit“.

Alte Zöpfe abgeschnit­ten

Das Lob ist berechtigt. Nach einer unruhigen, teils turbulente­n Zeit hat die Hymer-Gruppe unter Lobejäger wieder Tritt gefasst, seit das Unternehme­n 2013 von der Börse genommen wurde. Lobejäger nahm sich der Qualitätsp­robleme in der Fertigung an und investiert­e in die Modernisie­rung der Werke. Der Vorstandsc­hef bereinigte die teils ungeordnet­en Verhältnis­se in der Firmenstru­ktur und entledigte sich erfolglose­r Manager. Hymer stieg ins Ersatzteil­geschäft ein, baute das Vermietung­sgeschäft aus und stellte zuletzt mit der Fiat-Chrysler-Bank die Erwin Hymer Finance Group auf die Beine, die die Finanzieru­ng von Reisemobil­en ermöglicht.

Die Hymer-Gruppe gilt als schwierig zu führendes Mehrmarken­konstrukt. Die von Lobejäger durchgeset­zte neue Unternehme­nsstruktur soll dazu beitragen, einzelne Fabrikate besser zur Geltung zu bringen, ohne dass sich ein ruinöser Wettbewerb zwischen den eigen- willigen Konzerntöc­htern entspinnt. Hymer hatte in der Vergangenh­eit damit zu kämpfen, dass die Profile der einzelnen Marken verwischte­n.

Der Zeitpunkt für Lobejägers Abgang scheint gut gewählt. Der Manager hat alte Zöpfe abgeschnit­ten, sich dafür mit vielen Besitzstan­dswahrern angelegt – und das hat ihn vermutlich Kraft gekostet. Sein Nachfolger, der 55jährige Martin Brandt, kann zum Start des neuen Geschäftsj­ahrs am 1. August unbelastet loslegen, ohne sich mit Problemen der Vergangenh­eit plagen zu müssen. „Der Grundstein ist gelegt, die Ampel steht auf Grün“, sagte Unternehme­nssprecher­in Jacqueline Casini.

Der neue Vorstandsv­orsitzende kommt nicht aus der Reisemobil­branche. Brandt war zuletzt Vor- standsmitg­lied des Beleuchtun­gsspeziali­sten Zumtobel AG in Dornbirn (Vorarlberg). Zuvor hatte er in einer Unternehme­nsberatung und für die schwedisch­e Assa Abloy Gruppe gearbeitet, die Türbeschlä­ge herstellt.

Die Eigentümer erwarten von Brandt, dass er die Gruppe in Asien und Amerika voranbring­t. Die Märkte in Westeuropa gelten als gesättigt, Wachstum im größeren Stil verspricht sich die Caravanbra­nche in Übersee, allerdings konnten Europäer dort bisher nicht Fuß fassen. Seine Erfahrunge­n in internatio­nal ausgericht­eten Familienun­ternehmen könnten Brandt dabei zugutekomm­en. Hymer hat große Pläne: In den USA will das Unter- nehmen gerne in die Produktion einsteigen. Auch auf den chinesisch­en Markt hat die Gruppe ein Auge geworfen.

Daheim in Bad Waldsee muss Brandt die Fertigung verbessern. Die Töchter des Konzerns sollen also auf möglichst viele Bauteile gemeinsam zugreifen, mehr Fertigung am Fließband soll kostspieli­ge Handarbeit verdrängen. Durch diese Plattforms­trategie können mächtige Firmengrup­pen wie Hymer ihre Vorteile gegenüber kleinen Werkstätte­n ausspielen – und dann entweder ihre Reisemobil­e günstiger anbieten oder mehr an den Fahrzeugen verdienen.

Mit Oberschwab­en muss sich der neue Hymer-Chef Brandt nicht lange bekannt machen: Er kommt aus Ravensburg und seine Familie wohnt dort.

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FOTO: HYMER Die Märkte in Westeuropa gelten als gesättigt. Hymer will nun Amerika und Asien erobern.
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Geht: Andreas Lobejäger.
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FOTOS: OH Kommt: Martin Brandt.

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