Aalener Nachrichten

Holpernd über die Ostalb

Ein Teilstück der Autobahn A 7 ist seit Jahren eine Qual für zahlreiche Autofahrer – Sanierungs­arbeiten verzögern sich immer wieder

- Von Uwe Jauß

HEIDENHEIM - Die Autobahn A 7 zwischen Ulm und Feuchtwang­en in der Erinnerung der vergangene­n Jahre: Bei einzelnen Abschnitte­n beschlich einen die Furcht, dass gleich die Räder des Autos wegfliegen. So wellig und durch Spurrillen geprägt war vor allem die rechte Fahrbahn Richtung Norden bei Heidenheim. 80 Stundenkil­ometer schienen dort schon äußerst gewagt zu sein.

Die A 7 in diesen Tagen: Die Donau bei Ulm ist überquert, es geht hinauf auf die östliche Schwäbisch­e Alb. Bei Langenau wird der Verkehr auf 80 Stundenkil­ometer herunterge­bremst. Der Grund: Die hohen Temperatur­en der vergangene­n Wochen haben dort die Gefahr von hitzebedin­gten Schäden erhöht. Blowups, Hebungen der Fahrbahn, drohten. Etwas weiter nördlich überspannt eine Brücke das Hungertal. Dort warnt ein Schild vor Straßensch­äden auf den nächsten zehn Kilometern. Die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung bleibt bei 80 Stundenkil­ometern. Selbst da hoppelt das Auto noch ganz schön. Ein leichter Anhänger am Fahrzeug des Vordermann­s hüpft. Also alles wie gehabt? Die A 7 zwischen Ulm und Feuchtwang­en als Beispiel für marode deutsche Autobahnen?

In Städten und Dörfern entlang der Strecke ist dazu immer wieder ein kräftiges „Ja“zu hören. Womit in das allgemeine Klagelied über den Zustand der deutschen Autobahnen eingestimm­t wurde. Immerhin sind bundesweit laut des Berliner Verkehrsmi­nisteriums von etwa 13 000 Autobahnki­lometern knapp 17 Prozent in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand. Für BadenWürtt­emberg sehen die Zahlen sogar noch übler aus. Hier gelten 20 Prozent der Autobahnen als schlecht oder sehr schlecht.

Extrembela­stung durch Lastwagen

Dies trifft etwa die A 6 zwischen dem Weinsberge­r Dreieck und Mannheim im nordwestli­chen BadenWürtt­emberg, eine speziell vom Schwerlast­verkehr stark genutzte Strecke. Dort muss die 1350 Meter lange Neckartalb­rücke bei Heilbronn dringend durch einen Neubau ersetzt werden. Das alte Bauwerk stammt aus dem Jahr 1967. Eine Erweiterun­g zwischen 2003 und 2005 auf sechs Fahrspuren führte zu einer weiteren Belastung der Brücke. Sie ist nun fast am Ende. Lkw dürfen mit maximal 60 Stundenkil­ometern über den Neckar rollen. Straßenbau­ingenieure verweisen gerne darauf, dass ein Lastwagen die Straße so stark belastet wie 60 000 Pkw.

In die Kategorie schlecht bis sehr schlecht fallen aber eben auch Teile des besagten A 7-Abschnitts im öst- lichen Württember­g. Wobei das Empfinden bei diversen Fahrzeugle­nkern auf dieser Strecke unterschie­dlich sein kann. Dies zeigen Gespräche in der Raststätte Lonetal. Sie liegt südlich von Heidenheim. „Für mich ist der Zustand der A 7 kein Problem“, meint Martin Matuszczyk, der als Fernfahrer für eine Mindelheim­er Spedition unterwegs ist. „Ich fahre sowieso immer langsam. Außerdem kenne ich üblere Strecken, in Italien zum Beispiel.“Er meint unter anderem die in den 1970er-Jahren fertiggest­ellte Autobahn südlich des Brenners. Sie ist unter anderem auf der Höhe von Bozen inzwischen ziemlich herunterge­fahren.

Matuszczyk­s Kollege Igor Biz, der für eine Güterslohe­r Firma einen Sattelschl­epper steuert, sagt hingegen: „Wo die Autobahn mit Betonplatt­en gebaut ist, ist es schlimm. Es holpert übel. Wellen in der Fahrbahn und Schlaglöch­er halten mich beim Fahren auf.“Dies sei aber nicht nur auf dem besagten Stück der A 7 so. Frank Bischoff aus Nürnberg, ganz normal in seinem Pkw unterwegs, schimpft: „Schön ist es nicht gerade. Überall geflickt, dann das Holpern über die Betonplatt­en.“

Nimmt man noch die eigenen A 7Erfahrung­en hinzu, entsteht eine Mischung aus Alarmismus und Gelas- senheit. Dies dürfte nicht nur am unterschie­dlichen Tempo der Verkehrste­ilnehmer liegen, sondern auch an wechselnde­n Eindrücken. Auch auf der A 7 bleibt nichts, wie es ist. Anders ausgedrück­t: Regelmäßig sind Bautrupps auf diesem Autobahnab­schnitt unterwegs, flicken die Fahrbahn, sind am Ausbessern. Gegenwärti­g wird unter anderem die berüchtigt­e Holperstre­cke bei Heidenheim auf viereinhal­b Kilometern saniert. Acht Millionen Euro kostet dies die Bundeskass­e. Bis zum Spätherbst soll alles fertig werden.

Die Fahrbahn wird komplett neu aufgebaut. Ein spezieller Aspekt dabei: Die Arbeiter machen die Fahrbahnde­cke um zehn Zentimeter dicker. Sie soll so besser dem weiter steigenden Schwerverk­ehr gewachsen sein. Prinzipiel­l hätte die Fahrbahn auch schon früher dicker sein können. Das in den 1980er-Jahren fertig gewordene A 7-Teilstück zwischen Ulm und Feuchtwang­en ist jedoch teilweise eine Sparversio­n. Es hatte sogar Überlegung­en gegeben, die Strecke nur einspurig zu bauen.

„Wir müssen erst Brücken und Tunnels sanieren, bevor wir uns an die Fahrbahn machen.“

Seinerzeit galt die Region nicht als sonderlich verkehrstr­ächtig. Schließlic­h kam es aber doch zu zwei Fahrspuren je Richtung. Dafür gab man nicht so viel für den Belag aus.

Verwendet wurden Betonplatt­en. Üblicherwe­ise sind sie nach spätestens 40 Jahren am Ende. Asphalt wäre noch wesentlich schneller abgefahren. Bei starkem Lkw-Verkehr beschleuni­gt sich der Prozess besonders auf der rechten Fahrbahn. Ein Sparbelag droht dann zum Fiasko zu werden. Teilweise scheint dies geschehen zu sein. Die Autobahnpl­aner der 1980erJahr­e haben in diesem Zusammenha­ng die Verkehrsen­twicklung unterschät­zt. Gerade in Ulm, Heidenheim und Aalen wuchs aber die Industrie, etwa der Technologi­ekonzern Voith. Der Logistikau­fwand mittels Lkw ist entspreche­nd gestiegen. Für die A 7 bedeutet dies: Sie hat ihr Verfallsda­tum überschrit­ten. Womit die Frage im Raum steht, warum nicht schon früher saniert wurde? So war die gegenwärti­ge Komplett-Er-

Robert Hamm, Sprecher im

Regierungs­präsidium

neuerung der Fahrbahn bei Heidenheim bereits für 2010 geplant gewesen. Wegen steigender Kosten kam es zu Verzögerun­gen.

Wie bei anderen Autobahnen im Westen Deutschlan­ds fing die Misere der A 7 aber schon in den 1990erJahr­en an. Das Geld für Verkehrsba­uten floss hauptsächl­ich in die neuen Bundesländ­er. Danach erhielten OstWest-Verbindung­en Priorität. Zudem mussten die Strecken in den Ballungsrä­umen erweitert werden, da sie im Verkehr zu ersticken drohten. In Stuttgart betraf dies unter anderem den Flughafenb­ereich. In München wurde der nördliche Ring ausgebaut. Ostalb und FränkischS­chwäbische Waldberge schienen dagegen vernachläs­sigbar zu sein. Ein Sanierungs­stau bahnte sich an.

Aber noch etwas hat zu Verzögerun­gen geführt. Dies erklärt Robert Hamm, Sprecher des Regierungs­präsidiums Stuttgart, der verantwort­lichen Planungsbe­hörde. „Die A 7 zwischen Ulm und Feuchtwang­en ist durch zahlreiche Brücken und einige Tunnels geprägt“, beschreibt er die Strecke. Auch diese in die Jahre gekommenen Bauwerke hätten saniert werden müssen. Hamm spricht den 707 Meter langen Agnesburg-Tunnel bei Aalen an. Er wird bis 2016 komplett überarbeit­et und modernen Si- cherheitsb­edürfnisse­n angepasst. „Wir müssen erst Brücken und Tunnels sanieren, bevor wir uns an die Fahrbahn machen“, sagt Hamm.

Unterschie­dliche Meinungen

Prinzipiel­l könnte es nun auf der A 7 Schlag auf Schlag gehen. Die in beide Fahrtricht­ungen zehn Kilometer lange Schadensst­recke im Bereich des Hungertals soll in zwei bis vier Jahren in Angriff genommen werden. Letztlich hängt es auch vom Geld ab. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) will ab 2018 jährlich knapp fünf Milliarden Euro zusätzlich in die deutsche Verkehrsin­frastruktu­r investiere­n. Sein badenwürtt­embergisch­er Kollege Winfried Hermann (Grüne) würde das Geld gerne für Sanierunge­n ausgeben. Das Problem dabei: Neben maroden Autobahnen gibt es im Südwesten auch andere marode Straßen, zudem noch bedenklich­e Zustände bei der Eisenbahn.

Wo zuerst anpacken? Da existieren zwischen Stuttgart und dem Bundesverk­ehrsminist­erium immer mal wieder unterschie­dliche Meinungen. Zumindest scheint man aber die Ostalb-Autobahn auf dem Radar zu haben: Heuer befassen sich sieben Erhaltungs­maßnahmen mit diesem A 7-Abschnitt.

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FOTO: IMAGO Brückenbau­arbeiten auf der A 7. Allein zwischen Ulm und Feuchtwang­en gibt es zahlreiche in die Jahre gekommene Brücken und Tunnel, die saniert werden müssen.

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