Licht am Ende des Tunnels
München feiert das Ende einer Staufalle am Mittleren Ring, die auch Reisende aus dem Allgäu und aus Oberschwaben oft genervt hat
MÜNCHEN - Bayerns Radiohörer werden ab kommender Woche vergebens auf eine seit Jahrzehnten vertraute Verkehrsdurchsage warten. Der Stau oder „stockende Verkehr“an Luise-Kiesselbach-Platz und Heckenstaller Straße in München gehört dann der Vergangenheit an. Der Brennpunkt des Münchener Staugeschehens verschwindet – für knapp 400 Millionen Euro.
Wer vom Bodensee oder aus dem Allgäu kommend auf dem Weg in Richtung Garmisch, Rosenheim oder Salzburg ist, kommt an München nicht vorbei – man muss sich durch den Verkehr der Landeshauptstadt hindurchquälen. Und das kostet Nerven: Kurz nach dem Ende der A 96 herrscht regelmäßig Stau auf dem Mittleren Ring, einer der Hauptverkehrsachsen Münchens.
Feiern über und unter der Erde
Nun wird der Knotenpunkt am Beginn der A 95 nach Garmisch unter die Erde verlegt. Künftig fließt der Verkehr durch den 1500 Meter langen Luise-Kiesselbach-Tunnel und den 620 Meter langen HeckenstallerTunnel. Das wird über und unter der Erde groß gefeiert.
Lange Zeit war die Baustelle am Luise-Kiesselbach-Platz die größte in München – und auch eine der kompliziertesten: Unterirdisch entstanden etliche Kreuzungs- und Anbindungsbauwerke. Dennoch gelang eine Punktlandung, sowohl was den Zeitrahmen wie auch die Baukosten angeht. 398,5 Millionen Euro sind vergraben und verbaut worden. So viel, wie veranschlagt. Es geht also.
Per Bürgerentscheid durchgesetzt
Per Bürgerentscheid hatten die Münchener den damaligen Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) 1996 gegen seinen Willen gezwungen, den Mittleren Ring an drei besonders staugeplagten Stellen untertunneln zu lassen. Mit dem Luise-Kiesselbach-Tunnel ist jetzt der letzte dieser Tunnel fertig geworden – und der teuerste. Der 1,5 Kilometer lange Petueltunnel im Norden war mit 205 Millionen Euro noch vergleichsweise billig, der knapp zwei Kilometer lange Richard-Strauß-Tunnel im Osten kostete dann schon 325 Millionen Euro.
Die drei schönen Tunnel wecken auch andernorts Begehrlichkeiten. So macht eine Bürgerinitiative schon seit Jahren Werbung für die „Wiedervereinigung des Englischen Gar- tens“, welche durch eine weitere Tunnelröhre für den Mittleren Ring ermöglicht werden soll. In den Stadtteilen Neuhausen und Giesing sehen die dreck-, lärm- und staugeplagten Anwohner schon lange nicht mehr ein, warum nicht auch sie entlastet werden sollten.
Am Bau der drei Tunnel hat sich der Freistaat Bayern mit 400 Millionen Euro beteiligt, weshalb Reiters Vorgänger Ude auch schlecht Nein zu dem Projekt sagen konnte. Im Falle des Luise-Kiesselbach-Tunnels flossen allein in die Sicherheitstechnik einschließlich der 15 Notausgänge und der 33 Fluchttüren 35 Millionen Euro.
Kosten laufen weiter
Weitere 34 Millionen Euro wurden allein für vorübergehende Verkehrsverlagerungen, Ummarkierungen und Baustellenampeln aufgewandt. Für den Rest wurden 800 000 Kubikmeter Erde ausgehoben, 10 091 Bohrpfähle in den Boden gestampft, 241 000 Kubikmeter Beton gegossen, 31 000 Tonnen Bewehrungsstahl verbaut und 800 Kilometer Kabel verlegt.
Die Schattenseite des schönen neuen Tunnels: Auch nach der Fertigstellung laufen die Kosten weiter. Für die bestehenden großen Straßentunnel im Stadtgebiet zahlt die Isarmetropole pro Jahr mehr als vier Millionen Euro für Wartung und Betrieb. Dieser Posten wird sich mit Luise-Kiesselbach- und Heckenstaller-Tunnel deutlich erhöhen.