Gemischte Reaktionen auf Kurswechsel
Ankara solle Unterstützung aller terroristischen Gruppen beenden
BERLIN/WASHINGTON (dpa/AFP) - Die türkischen Angriffe auf IS-Stellungen in Syrien sind auf geteiltes Echo in der Welt gestoßen. Aus Syriens Hauptstadt Damaskus kamen scharfe Töne, manche Nahost-Experten bezweifelten die Erfolgschancen des Kurswechsels in Ankara. Zurückhaltende Zustimmung gab es bei der Opposition in Berlin.
So begrüßte am Freitag der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir die Kehrtwende. Sie komme aber spät, sagte Özdemir dem rbb-Inforadio. Die Grünen-Abgeordneten Claudia Roth und Omid Nouripour sagten, ein echter Kurswechsel erfordere ein Ende der türkischen Unterstützung radikaler Kräfte in Syrien und der Duldung des IS in der Türkei.
Der US-Nahostexperte Andrew J. Tabler nannte die neue militärische Kooperation zwischen der Türkei und den USA einen „Wendepunkt“. Der IS sei ein „Ausdruck des staatli- chen Zusammenbruchs in Syrien“, der Türkei gehe es darum, Baschar al-Assad zu entmachten und den südlichen Nachbarn zu stabilisieren, sagte Tabler der „New York Times“.
Die Denkfabrik Soufan Group in New York kommentierte, dass die sunnitische Türkei den sunnitischen IS lange unbehelligt gelassen habe, weil sie ihn als nützlichen Gegner des Regimes von Assad angesehen habe. Aber der IS habe kaum die Assad-Armee, sondern meist andere, von der Türkei unterstützte Rebellen bekämpft. Zudem habe sich die von Ankara erhoffte Schwächung der Kurden ins Gegenteil verwandelt: Sie seien durch den Kampf mit der Terrormiliz noch gestärkt worden.
Der Nahost-Experte Michael Lüders deutet die Wende als das Eingeständnis eines Scheiterns der Politik gegenüber dem IS. „Man glaubte, man könnte den Tiger reiten, aber jetzt funktioniert es nicht mehr“, sagte er dem Sender n-tv.
Die syrische Regierung hat die Angriffe der Türkei gegen IS-Kämpfer kritisiert. „Syrien kann auf seinem Boden keine türkische Aktion akzeptieren“, sagte Vize-Außenminister Faisal al-Mikdad am Freitag.