„Längere Arbeitszeiten sind nicht sinnvoll“
DGB-Chef Reiner Hoffmann will am Achtstundentag festhalten
BERLIN - Am Donnerstag forderte die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeber (BDA), den Achtstundentag durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu ersetzen. Julian Heißler befragte dazu Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Warum lehnen Sie diese Idee ab?
Wir wissen, dass Arbeitszeiten über acht Stunden am Tag weder sozial verantwortlich noch ökonomisch sinnvoll sind. Alle arbeitswissenschaftlichen Untersuchungen belegen, dass die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten nach acht Stunden abnimmt und dass längere Arbeitszeiten mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden sind. Einen längeren Arbeitstag festzuschreiben, machen wir deshalb auf keinen Fall mit. Am Achtstundentag wird nicht gerüttelt.
Das Arbeitszeitrecht stammt aus den 1990er-Jahren und enthält starre Regeln. Ist es noch zeitgemäß?
Aber selbstverständlich! Die Arbeitgeber wollen ein generelles Aufwei- chen von Regeln, die sich über viele Jahrzehnte bewährt haben. Die Beschäftigten sollen am besten sieben Tage die Woche rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Das geht überhaupt nicht! Bereits heute arbeiten 60 Prozent der Beschäftigten länger als etwa in Tarifverträgen festgelegt ist. Es gibt also eine hohe Flexibilität, die Unternehmen im Ausnahmefall nutzen können. Deshalb sehe ich beim Arbeitszeitgesetz keinen Handlungsbedarf.
Durch die Digitalisierung verändert sich das Berufsleben. Muss das Arbeitsrecht nicht dazu angepasst werden?
Einige Unternehmen reagieren bereits jetzt auf diese Veränderungen – etwa mit Arbeitszeitkonten. Man kann die Arbeitszeit durchaus unterschiedlich über einen Tag verteilen. Das ist vollkommen in Ordnung – solange die geleisteten Stunden ordentlich erfasst werden. Das geht heutzutage bereits mit einer App auf dem Handy. Aber die Referenzarbeitszeit muss weiter acht Stunden betragen – auch in Zeiten der Digita- lisierung. Eine Rolle rückwärts ist mit uns nicht zu machen.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) plant, die Hürden für den Bezug von Arbeitslosengeld I abzusenken. Was halten Sie davon?
Das ist dringend notwendig. Die derzeitigen Hürden von zwölf Beitragsmonaten in den letzten 24 Monaten vor der Arbeitslosigkeit sind viel zu hoch. Es muss den Menschen möglich sein, im Falle der Arbeitslosigkeit die Leistung auch in Anspruch zu nehmen. Sie haben als Erwerbstätige schließlich in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt.
Das Plus in der Rentenkasse: Was passiert mit den Überschüssen?
Da handelt es sich nur um ein vorübergehendes Plus, das uns jetzt nicht zum Aktionismus verleiten sollte. Wir haben in den kommenden Jahren die große Aufgabe, das Rentenniveau zu sichern, um die vorprogrammierte Altersarmut zu begrenzen. Dafür müssen die Überschüsse eingesetzt werden. Für Beitragssenkungen sehe ich keinen Spielraum.