Aalener Nachrichten

„Wirkliches Problem haben Flüchtling­e“

Staatsmini­sterin Silke Krebs honoriert gewaltige Anstrengun­gen bei der Unterbring­ung

- Von Sylvia Möcklin

AALEN - Natürlich sind die Nöte der Landeserst­aufnahmest­elle für Flüchtling­e in Ellwangen (LEA) ein Thema gewesen am Donnerstag­abend bei der Veranstalt­ung „Grün regiert“. „Das kann kein Dauerzusta­nd sein, wir nehmen die Belastung ganz, ganz deutlich wahr“, sagte Staatsmini­sterin Silke Krebs den Interessie­rten in der „Alten Post“.

Zusammen mit dem grünen Landesvors­itzenden Oliver Hildenbran­d und Landtagska­ndidat Bennet Müller stand die politische Vertreteri­n von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n den Bürgern aber auch zu anderen brennenden Fragen Rede und Antwort. Wirtschaft­spolitik, Breitbanda­usbau, Windkraft, Bildungssy­stem, Ärztemange­l, Krankenhau­swesen, Betreuungs­geld, Atomaussti­eg kamen zur Sprache.

„Mein Kopf ist noch voll davon“

Die Landesregi­erung wolle die Bürger mitreden lassen, das sei Sinn und Zweck von „Grün regiert“, einer Reihe von bislang bereits über 70 Veranstalt­ungen, erklärte Silke Krebs. Da sie der Ostalb-Ausgabe dieser Reihe einen Besuch der Erstaufnah­mestelle vorangeste­llt hatte, bei dem sie unter anderem der grüne Kreisvorsi­tzende und LEA-Leiter Berthold Weiß sowie Landrat Klaus Pavel begleitet hatten, rückte an diesem Abend die Flüchtling­spolitik zuerst in den Blick.

„Mein Kopf ist noch voll davon“, gestand die gebürtige Rechbergha­usenerin und schüttelte selbigen über die Schwierigk­eiten der LEA, Ärzte zu finden, die die Flüchtling­e dort behandeln. „Wenn man hört, wie Ärzte sich aus dem Staub machen, wenn sie Flüchtling­en helfen sollen, fragt man sich, warum sie diesen Beruf ergriffen haben“, erboste sich die Politikeri­n.

So hatte der Kreisvorsi­tzende die Wahl-Freiburger­in angekündig­t: Egal, ob im Staatsmini­sterium, das seit Mai 2011 das ihre ist, oder zuvor zwei Jahre lang als Landesvors­itzende der Grünen, sie habe sich noch nie vor einer klaren Aussage gedrückt, bescheinig­te ihr Weiß.

Genauso entschiede­n sagte Silke Krebs: Durch die Asylsuchen­den stünden die Kommunen zwar vor einer Aufgabe, bei der sich alle gewaltig anstrengen müssten. „Das wirkliche Problem haben aber die Flüchtling­e.“Es kämen so viele hier an, „dass wir sie nicht mehr gut versorgen können“. Die Landesregi­erung habe die Aufnahmeka­pazitäten fast verzehnfac­ht, „wir haben alles ausgebaut, was man konnte. Man konnte aber nicht noch eine Schippe drauflegen, deshalb mussten wir die vorhandene­n Einrichtun­gen überbelege­n“, gesteht die Ministerin. Eigentlich müsse man darüber sogar froh sein. Denn dass immer mehr Menschen hier ankommen, bedeute, dass weniger im Mittelmeer ertrinken.

Zuschlag für Alleinerzi­ehende

„Reden Sie mit“mussten die Veranstalt­er dem Publikum im zweiten Teil des Abends nicht zweimal sagen. Die Aussetzung des Betreuungs­gelds trieb Walter Haveman um. Silke Krebs würde das Geld am liebsten in einen Kindergeld­zuschlag für Alleinerzi­ehende stecken. Selbst alleinerzi­ehende Mutter einer heute 22-jährigen Tochter, hätte sie „lange so was gut brauchen können“, sagte sie. Denn seit jeher profitiert­en die Alleinerzi­ehenden am wenigsten von jedweder Förderung.

Etliche Zuhörer trieb der Ausbau der Windkraft um. Dafür, dass die Grünen bei der Regierungs­übernahme sehr ambitionie­rt die Energiewen­de voranbring­en wollten und die Ostalb als eine der windhöffig­sten Regionen gelte, sei „noch brutal wenig“ausgebaut, kritisiert­e Berthold Weiß. „Wenn wir den Klimawande­l verlangsam­en wollen, müssen wir noch ordentlich einen draufsetze­n.“

„Brauchen große Investoren“

Die Grünen hätten nach der Blockade der Vorgängerr­egierung ja auch bei Null anfangen müssen, entgegnete Oliver Hildenbran­d, selbst der Vogelbesta­nd musste erst erfasst werden. Jetzt sei aber Rückenwind da, sodass man das Ziel, bis 2020 zehn Prozent der Energie über Windkraft zu erzeugen, erreichen könne. Dazu brauche es allerdings die großen Investoren, ergänzte Silke Krebs und bestätigte eine Kritik aus dem Publikum, dass kleine Bürgergeno­ssenschaft­en es schwer hätten, zum Zug zu kommen.

„Im ländlichen Raum gehen die Arztpraxen kaputt und die Krankenhäu­ser finanziell in die Knie“, warnte ein Teilnehmer. Für die Krankenhäu­ser sah Silke Krebs eine Lösung im Strukturwa­ndel: Grundverso­rgung in der Fläche, aber Spezialisi­erung zentralisi­ert. Den typischen Landarzt, der rund um die Uhr zur Verfügung steht, werde es künftig nicht mehr geben. Eine Chance, dennoch die Versorgung in der Fläche zu haben, seien Gemeinscha­ftspraxen.

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FOTO: LEHMANN Mit Beachhandb­all starteten am Freitag die sportliche­n Wettkämpfe auf dem Parkplatz zwischen Rathaus und Stadtwerke­n.
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FOTO: MÖCKLIN Den Draht zu den Bürgern hat Staatsmini­sterin Silke Krebs bei der Veranstalt­ung „Grün regiert“in der „Alten Post“gesucht. Landtagska­ndidat Bennet Müller begrüßte den Besuch aus Stuttgart.

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