„Wirkliches Problem haben Flüchtlinge“
Staatsministerin Silke Krebs honoriert gewaltige Anstrengungen bei der Unterbringung
AALEN - Natürlich sind die Nöte der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Ellwangen (LEA) ein Thema gewesen am Donnerstagabend bei der Veranstaltung „Grün regiert“. „Das kann kein Dauerzustand sein, wir nehmen die Belastung ganz, ganz deutlich wahr“, sagte Staatsministerin Silke Krebs den Interessierten in der „Alten Post“.
Zusammen mit dem grünen Landesvorsitzenden Oliver Hildenbrand und Landtagskandidat Bennet Müller stand die politische Vertreterin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann den Bürgern aber auch zu anderen brennenden Fragen Rede und Antwort. Wirtschaftspolitik, Breitbandausbau, Windkraft, Bildungssystem, Ärztemangel, Krankenhauswesen, Betreuungsgeld, Atomausstieg kamen zur Sprache.
„Mein Kopf ist noch voll davon“
Die Landesregierung wolle die Bürger mitreden lassen, das sei Sinn und Zweck von „Grün regiert“, einer Reihe von bislang bereits über 70 Veranstaltungen, erklärte Silke Krebs. Da sie der Ostalb-Ausgabe dieser Reihe einen Besuch der Erstaufnahmestelle vorangestellt hatte, bei dem sie unter anderem der grüne Kreisvorsitzende und LEA-Leiter Berthold Weiß sowie Landrat Klaus Pavel begleitet hatten, rückte an diesem Abend die Flüchtlingspolitik zuerst in den Blick.
„Mein Kopf ist noch voll davon“, gestand die gebürtige Rechberghausenerin und schüttelte selbigen über die Schwierigkeiten der LEA, Ärzte zu finden, die die Flüchtlinge dort behandeln. „Wenn man hört, wie Ärzte sich aus dem Staub machen, wenn sie Flüchtlingen helfen sollen, fragt man sich, warum sie diesen Beruf ergriffen haben“, erboste sich die Politikerin.
So hatte der Kreisvorsitzende die Wahl-Freiburgerin angekündigt: Egal, ob im Staatsministerium, das seit Mai 2011 das ihre ist, oder zuvor zwei Jahre lang als Landesvorsitzende der Grünen, sie habe sich noch nie vor einer klaren Aussage gedrückt, bescheinigte ihr Weiß.
Genauso entschieden sagte Silke Krebs: Durch die Asylsuchenden stünden die Kommunen zwar vor einer Aufgabe, bei der sich alle gewaltig anstrengen müssten. „Das wirkliche Problem haben aber die Flüchtlinge.“Es kämen so viele hier an, „dass wir sie nicht mehr gut versorgen können“. Die Landesregierung habe die Aufnahmekapazitäten fast verzehnfacht, „wir haben alles ausgebaut, was man konnte. Man konnte aber nicht noch eine Schippe drauflegen, deshalb mussten wir die vorhandenen Einrichtungen überbelegen“, gesteht die Ministerin. Eigentlich müsse man darüber sogar froh sein. Denn dass immer mehr Menschen hier ankommen, bedeute, dass weniger im Mittelmeer ertrinken.
Zuschlag für Alleinerziehende
„Reden Sie mit“mussten die Veranstalter dem Publikum im zweiten Teil des Abends nicht zweimal sagen. Die Aussetzung des Betreuungsgelds trieb Walter Haveman um. Silke Krebs würde das Geld am liebsten in einen Kindergeldzuschlag für Alleinerziehende stecken. Selbst alleinerziehende Mutter einer heute 22-jährigen Tochter, hätte sie „lange so was gut brauchen können“, sagte sie. Denn seit jeher profitierten die Alleinerziehenden am wenigsten von jedweder Förderung.
Etliche Zuhörer trieb der Ausbau der Windkraft um. Dafür, dass die Grünen bei der Regierungsübernahme sehr ambitioniert die Energiewende voranbringen wollten und die Ostalb als eine der windhöffigsten Regionen gelte, sei „noch brutal wenig“ausgebaut, kritisierte Berthold Weiß. „Wenn wir den Klimawandel verlangsamen wollen, müssen wir noch ordentlich einen draufsetzen.“
„Brauchen große Investoren“
Die Grünen hätten nach der Blockade der Vorgängerregierung ja auch bei Null anfangen müssen, entgegnete Oliver Hildenbrand, selbst der Vogelbestand musste erst erfasst werden. Jetzt sei aber Rückenwind da, sodass man das Ziel, bis 2020 zehn Prozent der Energie über Windkraft zu erzeugen, erreichen könne. Dazu brauche es allerdings die großen Investoren, ergänzte Silke Krebs und bestätigte eine Kritik aus dem Publikum, dass kleine Bürgergenossenschaften es schwer hätten, zum Zug zu kommen.
„Im ländlichen Raum gehen die Arztpraxen kaputt und die Krankenhäuser finanziell in die Knie“, warnte ein Teilnehmer. Für die Krankenhäuser sah Silke Krebs eine Lösung im Strukturwandel: Grundversorgung in der Fläche, aber Spezialisierung zentralisiert. Den typischen Landarzt, der rund um die Uhr zur Verfügung steht, werde es künftig nicht mehr geben. Eine Chance, dennoch die Versorgung in der Fläche zu haben, seien Gemeinschaftspraxen.