„Ich bin kein Hampelmann, der Purzelbäume schlägt“
Trainer Peter Vollmann startet mit dem VfR Aalen am Samstag gegen den Chemnitzer FC in die neue Runde in der 3. Liga
AALEN - Vier Wochen ist Peter Vollmann im Amt beim Zweitligaabsteiger VfR Aalen. Zugesagt hatte er, als lediglich fünf Spieler unter Vertrag standen, mittlerweile verfügt er über
22. Ob das letztlich zu dünn für eine lange Saison in der 3. Liga sein könnte und auf welchem Weg er sein Team sieht, das erzählte Vollmann unserem Redakteur Timo Lämmerhirt kurz vor dem Auftakt gegen den Chemnitzer FC.
Die Vorbereitung war relativ kurz, die Mannschaft wuchs nur peu á peu. Wie würden Sie die Vorbereitung auf die Saison zusammenfassen?
Aufgrund der Gesamtsituation können wir schon zufrieden sein. Insgesamt haben wir versucht, das Maximale aus der Vorbereitung herauszuholen. Ich gebe zu, dass ich gerne noch eine Woche länger gehabt hätte. Alles, was ich mir vorgenommen hatte, konnten wir in der Kürze der Zeit nicht umsetzen. Ich glaube aber nicht, dass das Auswirkungen auf das Spiel gegen Chemnitz haben wird. Bis auf die verletzten Spieler war es eine Vorbereitung, die normal verlaufen ist.
Ziehen die Spieler mit?
Die Bereitschaft der Spieler war zu 100 Prozent da. Dadurch hat man auch die Homogenität in der Mannschaft erkannt. Alle waren gewillt, sich auf die Situation einzustellen und haben sich nicht damit befasst, was woanders möglicherweise besser ist.
Die mangelnde Quantität des Kaders ist bekannt. Wie zufrieden sind Sie denn mit der Qualität?
Wir wollten 14 bis 15 Spieler mit Qualität in unseren Reihen haben. Diese haben wir erhalten. Dazu gesellen sich Spieler wie Kartalis oder Menig, die den Sprung in die erste Elf sofort geschafft haben. Damit hatten wir noch gar nicht gerechnet. Mit diesem Erreichten bin ich durchaus zufrieden.
Sie sind ein relativ ruhiger Charakter. Braucht der VfR jetzt genau diese ruhige Art?
Man muss häufig die Ruhe bewahren, weil man sonst auch schnell die Übersicht verlieren würde. Die Gesamtübersicht über die Situation, die der VfR gerade durchlebt, ist schon sehr wichtig. Wir brauchen hier Bodenhaftung, Vertrauen und gute Kommunikation. Das geht nur, wenn man authentisch ist und Ruhe ausstrahlt. Ich bin kein Hampelmann an der Linie, der Purzelbäume schlägt und meint, dann geht es besser.
Weitere Merkmale sind „Tacheles reden“und eine Prise Humor...
(schmunzelt) Ich bin hart aber herz- lich. Das ist mein richtiger Umgang mit der Mannschaft und das wissen die Spieler auch. Manchmal werfe ich schon mal etwas dazwischen, was zur allgemeinen Belustigung beiträgt. Dennoch weiß jeder, dass hier konzentriert gearbeitet werden muss. Das verlange ich auch, denn jede Trainingseinheit stellt einen Wert für mich dar. Das darf man nicht über Bord schmeißen. Aber auch gerne mit dem nötigen Spaß. Bei uns kann und soll auch jeder lachen dürfen. Die Spieler wissen aber auch genau, wann es ernst wird. Herumreden um Leistungsschwächen macht den Spieler nicht besser. Deswegen formuliere ich meine Gedanken klar und deutlich. Die Spieler wissen immer, woran sie bei mir sind.
Können Sie auch richtig ausflippen?
(lacht) Das kann sicherlich auch noch vorkommen. Das dauert bei mir aber immer etwas, bis mir die Hutschnur hochgeht.
man den Spielern klipp und klar sagt, was Sache ist. Oder es kommt mal ein Auftritt der Mannschaft, bei dem ich denke, dass das gar nicht geht. Dann kann ich auch schon mal deutlicher werden.
Wie ist es denn da- Das ist folglich in Aalen noch nicht
passiert?
(schmunzelt) Nein, das ist noch nicht passiert. Das braucht man aber auch we
niger, wenn
zu gekommen, dass Markus Schwabl Kapitän geworden ist, nachdem Oliver Barth nicht wollte?
(schmunzelt) Oliver Barth war mein erster Ansprechpartner. Er meinte aber, er sei auch ohne Binde ein Kapitän. Danach habe ich der Mannschaft gesagt, sie solle einen Mannschaftsrat bilden und aus diesem werde ich den Kapitän bestimmen. Dann wurde es lustig: Barth fiel heraus, Robert Müller wollte ich nicht, weil ich ihn zu gut kenne. Michael Klauß hatte einen Elfmeter verschossen, der schied
für mich auch aus...
...weil er einen Elfmeter verschossen hat?
Ja. Dann blieben noch Markus Schwabl und Daniel Bernhardt übrig.
Ein Torwart ist wichtig, aber der kann von hinten zu wenig mit dem Schiedsrichter schimpfen, da ist die Wahl dann auf Markus gefallen. Er bringt die besten Voraussetzungen mit, ein guter Kapitän zu sein.
Nun ist der Kapitän gemeinhin der verlängerte Arm des Trainers auf dem Feld. So gut kennen Sie sich aber auch noch nicht.
Peter Vollmann über die Suche nach
einem neuen Kapitän. Manchmal ist es so, dass man nach drei Gesprächen weiß, wie der andere tickt. Außerdem ist es auch nicht so, dass ich den Spieler vorher überhaupt nicht gekannt habe. Ich kenne auch seinen Vater ganz gut.
Die Vertragsverlängerung mit Dominick Drexler hat sich lange hingezogen, dadurch hat er den ersten Teil der Vorbereitung verpasst. Hat er konditionell aufholen können?
Für mich war die Tür damals schon zu, die hat er dann wieder aufgestoßen. Da war ich dann in der Lage zu filtern, was für uns wichtig ist. Deswegen haben wir ihn auch wieder reingelassen. Er hatte schon diverse Defizite. Nach dem Spiel gegen den VfB Stuttgart bin ich wieder optimistisch, dass er so an die 90 Prozent kommt. Er wird bald wieder bei 100 Prozent sein. Seine Qualität ist wichtig für uns. Vielleicht muss er dann anfangs noch in der 80. Minute ausgewechselt werden.
Alexandros Kartalis und Fabian Menig kann man durchaus als Gewinner der Vorbereitung sehen, stimmen Sie dem zu?
Ja, absolut. Das sind Spieler, die wir bei der Verpflichtung nicht unbedingt in der ersten Elf sehen konnten. Beide haben sich sofort in den engeren Kader gespielt. Mich haben aber auch Steffen Kienle oder Nico Zahner überhaupt nicht enttäuscht. Kienle macht noch seine Ausbildung und verpasst häufiger die morgendlichen Einheiten. Wenn er die Ausbildung beendet hat, traue ich ihm einiges zu.
In den vergangenen Jahren gab es stets eine Torwartdiskussion zwischen Jasmin Fejzic und Daniel Bernhardt. Bernhardts Konkurrent heißt diesmal Oliver Schnitz- ler. Wann haben Sie sich denn für Bernhardt als klare Nummer eins entschieden?
Das musste ich gar nicht, das hat sich von alleine ergeben. Schnitzler konnte in den vergangenen Tagen kaum trainieren, hat sich etwas an der Hüfte zugezogen. Gegen den VfB hätten beide nochmal jeweils eine Halbzeit bekommen sollen. Da hat es Daniel dann klasse gemacht, weswegen die Entscheidung einfach gewesen ist. Ich bin aber auch kein Freund davon zu sagen, dass wir uns jetzt die nächsten Spiele anschauen und dann wieder schauen, wie beide drauf sind. Daniel ist unsere Nummer eins.
„Michael Klauß hatte einen Elfmeter verschossen, der schied für mich als Kapitän auch aus.“
Chemnitz wird von Karsten Heine trainiert. Wie schätzen Sie den Kollegen ein?
Wir kennen uns natürlich aus vielen Begegnungen. Er hat Chemnitz stets weiterentwickelt. Ich habe großen Respekt vor ihm. Wir freuen uns beide immer, wenn wir uns sehen, weil wir beide ja auch vom Alter nicht so weit auseinander liegen.
Was macht den Gegner denn jetzt zum großen Favoriten? Ist es die Offensivqualität um Löning, König oder Fenin?
Das ist zumindest genau das, was wir jetzt beim Start bewerten können, die individuelle Qualität. Das lässt sich seriös beurteilen. Wer hat schon solche Spieler in dieser Liga in der Spitze, die solch eine Qualität mitbringen? Die können etwas bewegen. Da sind aber auch noch Kappek, Endres oder Fink. Da steht schon eine außergewöhnliche Mannschaft, gemessen an der individuellen Klasse auf dem Platz. Wenn der Kollege, und das traue ich ihm zweifellos zu, diese Mannschaft homogen zusammen bekommt, dann wird Chemnitz oben dabei sein.
„Die Gesamtübersicht über die Situation, die
der VfR gerade durchlebt, ist schon sehr wichtig. Wir brauchen hier Bodenhaftung, Vertrauen und gute Kommunikation.“
Peter Vollmann über seine ruhige Art.
Fenin galt mal als neues tschechisches Wunderkind, seine Karriere bekam jedoch einen starken Knick. Hat er noch genügend Qualität?
Ja. Die werden schon wissen, warum sie ihn verpflichtet haben. Seine Qualität hat er in der Vorbereitung bereits mehr als angedeutet.