Aalener Nachrichten

Kein kleiner Italiener

Der Fiat Doblo hat ein neues Gesicht bekommen – Seine Stärke liegt eindeutig im Platzangeb­ot

- Von Claudia Kling

Bella Italia. Wer denkt da nicht an schnittige Autos mit ebensolche­n Fahrern, elegant und hübsch. Doch es geht auch anders: Ein Klotz von einem Auto, nahezu so groß wie ein VW-Bus steht als Testwagen bereit. Fiat hat eben nicht nur Design und gefällige Fahrzeuge wie den Cinquecent­o im Angebot, zu Fiat gehört auch der Doblo – seit geraumer Zeit mit neuem Gesicht.

Gleich geblieben ist: Dieser Wagen besticht nicht durch eine sagenhafte Optik, seine Qualitäten liegen vielmehr im Innenberei­ch: Dort ist Platz ohne Ende. Doch wo ist sie nur, die Großfamili­e, die willens wäre, die alltäglich­en Testfahrte­n zwischen Leutkirch und Ravensburg zu begleiten? Mit einem Großhund und zwei ausgewachs­enen menschlich­en Begleitern ist dieses Auto jedenfalls nicht zu füllen.

Zur Ehrenrettu­ng der italienisc­hen Designer sei gesagt: Sie haben sich alle Mühe gegeben, den alten Doblo aufzupeppe­n. Vorne wurden der Grill, die Scheinwerf­er und der Stoßfänger überarbeit­et, hinten die Rückleucht­en neu gestaltet und die Zierleiste in Wagenfarbe lackiert. In der Seitenansi­cht fällt auf, dass die Fenster vorne und hinten nun auf einer Linie sind, die Linienführ­ung ins- gesamt also klarer ist, und das Auto somit weniger nach Kastenwage­n ausschaut als sein Vorgänger. Dadurch wird es zwar nicht zur Augenweide, aber das muss auch nicht sein. Wer sich für einen Doblo interessie­rt, hat ohnehin andere Prioritäte­n. Praktisch, bezahlbar, geräumig beispielsw­eise. Und in diesen Kategorien hängt dieser Fiat nahezu alle SUVs und Kombis ab.

Etwas verloren fühlt man sich auf dem Fahrersitz. Rechts und links neben einem ist soviel Platz, dass es schon fast wieder zu viel ist – zumindest von Seitenhalt kann hier nicht die Rede sein. Auch die Arme wissen nicht so recht wohin bei längeren Fahrten. Die Auflage in der Mitte ist Viele Ablagen, Raumwunder, riesiger Kofferraum, übersichtl­iches Cockpit zu kurz, die links im Fenster zu weit weg. Dafür könnte man mit Zylinder reisen, wenn man denn einen hätte, soviel Raum bleibt frei über dem Kopf – und das auf allen Plätzen. Auch Ablagen hat dieses Fahrzeug reichlich. Wer seine Brille/Sonnenbril­le, Telefone, Schlüssel, Parkscheib­e nie mehr wiederfind­en will, kann sie in dem geräumigen Fach über Fahrer und Beifahrer ablegen.

Es gibt aber auch noch andere Möglichkei­ten, etwas zu verstauen. Im Kofferraum etwa. In ihm wirkt – selbst wenn die Rücksitzba­nk nicht umgeklappt ist – der Wochenende­inkauf wie eine bessere Notration. Im Maximalzus­tand hat er ein Volumen von 3200 Litern. Ein Grund, warum dieses Auto nicht nur für Großfamili­en, sondern auch für Handwerker interessan­t ist. Etwa zwei Drittel des Gesamtabsa­tzes entfallen nach FiatAngabe­n auf gewerblich­e Kunden. Für Familien wiederum ist interessan­t, dass die Fenster im Heck nicht nur ausgeklapp­t werden können wie bei anderen Kastenwage­n, sondern richtig geöffnet. Damit die Kinder auch Luft bekommen und für ordentlich Durchzug sorgen können.

Für fünf Menschlein war in dem getesteten Modell locker Platz. Das ist aber nicht das Ende der Fahnenstan­ge. Optional bietet Fiat eine dritte Sitzreihe für insgesamt sieben Personen, eine Doblo-Langversio­n mit Zu viel Plastik, spartanisc­he Innenausst­attung, wenig Freude am Fahren, laut 35 Zentimeter­n plus beim Radstand und eine Doblo-Hochversio­n (nur bei kurzem Radstand). Offensicht­lich soll kein Größenwuns­ch unerfüllt bleiben.

Diese Hingabe an den Raum findet bei der Gestaltung des Innenraums allerdings ihre Grenzen. Ein Traum in schwarzem Plastik, könnte man dazu sagen. Im Angesicht dieser Reduktion aufs Nötige glaubt man es kaum, dass Doblo und Cinquecent­o dieselben Eltern haben sollen. Das hier wirkt schon sehr spartanisc­h. Auf der Fahrerseit­e fehlt selbst der Spiegel in der Sonnenblen­de. Der Hinweis eines Kollegen, dass die italienisc­hen Autobauer schon wüssten, warum sie den weggelasse­n haben, ist schlicht Häme. Frau braucht so etwas im Auto. Immerhin: Das Cockpit ist übersichtl­ich und leicht zu bedienen und so selbsterkl­ärend, wie es in einem Fahrzeug, bei dem es eigentlich nur ums Fahren geht, sein sollte. Wobei die Stärken des Doblo eher im Transport als in der Fortbewegu­ng liegen.

Von großem Fahrspaß, Freude am Fahren, wie es oft so schön heißt, lässt sich nach zwei Wochen Testfahrt wenig berichten. Der Doblo fährt eben – zum Teil sogar erst einmal ziemlich träge, wenn es bergauf geht und er noch nicht die richtige Drehzahl erreicht hat. Und wenn er fährt, ist es im Innenraum deutlich zu vernehmen, obwohl er nach Fiat-Angaben fünf Prozent leiser sein soll als sein Vorgänger. Außerdem schluckt er ein bisschen viel für ein Auto, bei dem es vor allem um Alltagstau­glichkeit geht. Aber, und das spricht dann wieder für ihn: Einmal in Schwung hält er gut mit, auf der Autobahn kann er sogar etwas rasant sein. Ein bisschen Italiener steckt halt doch in diesem Kastenwage­n.

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FOTO: FIAT Außen und innen nicht gerade eine italienisc­he Schönheit: der neue Fiat Doblo
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