Kein kleiner Italiener
Der Fiat Doblo hat ein neues Gesicht bekommen – Seine Stärke liegt eindeutig im Platzangebot
Bella Italia. Wer denkt da nicht an schnittige Autos mit ebensolchen Fahrern, elegant und hübsch. Doch es geht auch anders: Ein Klotz von einem Auto, nahezu so groß wie ein VW-Bus steht als Testwagen bereit. Fiat hat eben nicht nur Design und gefällige Fahrzeuge wie den Cinquecento im Angebot, zu Fiat gehört auch der Doblo – seit geraumer Zeit mit neuem Gesicht.
Gleich geblieben ist: Dieser Wagen besticht nicht durch eine sagenhafte Optik, seine Qualitäten liegen vielmehr im Innenbereich: Dort ist Platz ohne Ende. Doch wo ist sie nur, die Großfamilie, die willens wäre, die alltäglichen Testfahrten zwischen Leutkirch und Ravensburg zu begleiten? Mit einem Großhund und zwei ausgewachsenen menschlichen Begleitern ist dieses Auto jedenfalls nicht zu füllen.
Zur Ehrenrettung der italienischen Designer sei gesagt: Sie haben sich alle Mühe gegeben, den alten Doblo aufzupeppen. Vorne wurden der Grill, die Scheinwerfer und der Stoßfänger überarbeitet, hinten die Rückleuchten neu gestaltet und die Zierleiste in Wagenfarbe lackiert. In der Seitenansicht fällt auf, dass die Fenster vorne und hinten nun auf einer Linie sind, die Linienführung ins- gesamt also klarer ist, und das Auto somit weniger nach Kastenwagen ausschaut als sein Vorgänger. Dadurch wird es zwar nicht zur Augenweide, aber das muss auch nicht sein. Wer sich für einen Doblo interessiert, hat ohnehin andere Prioritäten. Praktisch, bezahlbar, geräumig beispielsweise. Und in diesen Kategorien hängt dieser Fiat nahezu alle SUVs und Kombis ab.
Etwas verloren fühlt man sich auf dem Fahrersitz. Rechts und links neben einem ist soviel Platz, dass es schon fast wieder zu viel ist – zumindest von Seitenhalt kann hier nicht die Rede sein. Auch die Arme wissen nicht so recht wohin bei längeren Fahrten. Die Auflage in der Mitte ist Viele Ablagen, Raumwunder, riesiger Kofferraum, übersichtliches Cockpit zu kurz, die links im Fenster zu weit weg. Dafür könnte man mit Zylinder reisen, wenn man denn einen hätte, soviel Raum bleibt frei über dem Kopf – und das auf allen Plätzen. Auch Ablagen hat dieses Fahrzeug reichlich. Wer seine Brille/Sonnenbrille, Telefone, Schlüssel, Parkscheibe nie mehr wiederfinden will, kann sie in dem geräumigen Fach über Fahrer und Beifahrer ablegen.
Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, etwas zu verstauen. Im Kofferraum etwa. In ihm wirkt – selbst wenn die Rücksitzbank nicht umgeklappt ist – der Wochenendeinkauf wie eine bessere Notration. Im Maximalzustand hat er ein Volumen von 3200 Litern. Ein Grund, warum dieses Auto nicht nur für Großfamilien, sondern auch für Handwerker interessant ist. Etwa zwei Drittel des Gesamtabsatzes entfallen nach FiatAngaben auf gewerbliche Kunden. Für Familien wiederum ist interessant, dass die Fenster im Heck nicht nur ausgeklappt werden können wie bei anderen Kastenwagen, sondern richtig geöffnet. Damit die Kinder auch Luft bekommen und für ordentlich Durchzug sorgen können.
Für fünf Menschlein war in dem getesteten Modell locker Platz. Das ist aber nicht das Ende der Fahnenstange. Optional bietet Fiat eine dritte Sitzreihe für insgesamt sieben Personen, eine Doblo-Langversion mit Zu viel Plastik, spartanische Innenausstattung, wenig Freude am Fahren, laut 35 Zentimetern plus beim Radstand und eine Doblo-Hochversion (nur bei kurzem Radstand). Offensichtlich soll kein Größenwunsch unerfüllt bleiben.
Diese Hingabe an den Raum findet bei der Gestaltung des Innenraums allerdings ihre Grenzen. Ein Traum in schwarzem Plastik, könnte man dazu sagen. Im Angesicht dieser Reduktion aufs Nötige glaubt man es kaum, dass Doblo und Cinquecento dieselben Eltern haben sollen. Das hier wirkt schon sehr spartanisch. Auf der Fahrerseite fehlt selbst der Spiegel in der Sonnenblende. Der Hinweis eines Kollegen, dass die italienischen Autobauer schon wüssten, warum sie den weggelassen haben, ist schlicht Häme. Frau braucht so etwas im Auto. Immerhin: Das Cockpit ist übersichtlich und leicht zu bedienen und so selbsterklärend, wie es in einem Fahrzeug, bei dem es eigentlich nur ums Fahren geht, sein sollte. Wobei die Stärken des Doblo eher im Transport als in der Fortbewegung liegen.
Von großem Fahrspaß, Freude am Fahren, wie es oft so schön heißt, lässt sich nach zwei Wochen Testfahrt wenig berichten. Der Doblo fährt eben – zum Teil sogar erst einmal ziemlich träge, wenn es bergauf geht und er noch nicht die richtige Drehzahl erreicht hat. Und wenn er fährt, ist es im Innenraum deutlich zu vernehmen, obwohl er nach Fiat-Angaben fünf Prozent leiser sein soll als sein Vorgänger. Außerdem schluckt er ein bisschen viel für ein Auto, bei dem es vor allem um Alltagstauglichkeit geht. Aber, und das spricht dann wieder für ihn: Einmal in Schwung hält er gut mit, auf der Autobahn kann er sogar etwas rasant sein. Ein bisschen Italiener steckt halt doch in diesem Kastenwagen.