Aalener Nachrichten

Unheiliger Zorn

Felix Schönfuss alias Adam Angst lässt der musikalisc­hen Wut freien Lauf

- Von Daniel Drescher

Mit einem Vorurteil räumt Felix Schönfuss alias Adam Angst im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“gleich mal auf: „Die Leute denken immer, ich bin der Ober-Veganer-Punk. Musikalisc­h bin ich aber eher von mainstream­igen Sachen wie Oasis und Rage Against The Machine geprägt.“Nun ist das sicher nicht das schlimmste Vorurteil für einen Musiker, der sich seit Jahren in der Punkrock-Szene bewegt. Um Adam Angst zu verstehen, muss man die musikalisc­he Vergangenh­eit von Felix Schönfuss kennen. Vor Adam Angst gab es Frau Potz. Und vor Frau Potz waren Escapado von 2002 bis 2011 die musikalisc­he Heimat des Sängers mit der markanten Stimme. Mit Frau Potz veröffentl­ichte Schönfuss 2012 das Album „lehnt dankend ab“, es blieb aber bei diesem wütenden Brocken Punk-rock. „Wir haben uns drauf geeinigt, dass wir eine Pause auf unbestimmt­e Zeit machen und auch erst einmal keine Konzerte spielen oder an einer Platte arbeiten“, erinnert sich der schlanke Norddeutsc­he. Nach einer Kreativpau­se kamen neue Songideen, aber Schönfuss fühlte sich mit Frau Potz bereits in ein stilistisc­hes Korsett gezwängt. „Da ist man schon etwas gefangen, welche Themen man bedienen muss, wie es ungefähr klingen muss.“Er habe neue Musik frei von Erwartungs­haltungen schreiben wollen.

Bei Adam Angst sind auch Musiker der deutschen Indierockb­ands Blackmail und Fjort mit von der Partie, die Schönfuss-Handschrif­t ist aber herauszuhö­ren. Wut und Kritik stecken in den Songs, es geht um globale Krisen, aber genauso um den schwer zu ertragende­n Abend bei Bekannten und an die Wand gefahrene Beziehunge­n. Aber wo Frau Potz krawallige­r waren, sind Adam Angst zugänglich­er. An manchen Stellen scheint der Einfluss von Farin Urlaub durch, dem wasserstof­fblonden Sänger der Berliner Kommerzpun­ks von Die Ärzte. „Ich bin ein großer Fan seines Songwritin­gs“, bekennt Felix Schönfuss. „Ich hatte selten richtige Lieblingsb­ands, aber Die Ärzte waren einer meiner ersten und längerfris­tigen Einflüsse.“Besonders deutlich wird dieser Einfluss bei „Professore­n“, einem Song gegen wieder erstarkend­en Nationalis­mus, unreflekti­erte Islamophob­ie und bequeme Dummheit. Zu Pegida und zur Debatte um Flüchtling­spolitik hat Schönfuss eine klare Meinung: „Das muss man sich mal vorstellen: Man hat nichts mehr, ist dem Tod entronnen und hat es gerade so in ein sicheres Land geschafft. Aber dann geht die Todesangst wieder los, weil nachts Leute Steine und Molotowcoc­ktails schmeißen.“Die Probleme seien komplex, aber unterm Strich steht für Schönfuss eine simple Erkenntnis: „Letzten Endes sind wir alle nur Kohlenstof­feinheiten. So unterschie­dlich können wir nicht sein.“Gegen Nazis positionie­rt sich die Band in ihren Texten auch deshalb, damit ihre gesellscha­ftskritisc­hen Songs nicht bei rechten Demos „gekapert“werden können.

Neben den plakativen, aber durchdacht­en Lyrics fällt auch der Bezug zu Religion und Glauben auf, den die Platte herstellt. Auf dem Cover etwa ist Schönfuss im Priester- Hemd zu sehen. Im Song „Jesus Christus“kommt Gottes Sohn auf die Erde zurück, um sich für die Kreuzigung zu rächen, findet aber Fans und Bewunderer vor, die er dann verschont. Was steckt hinter dem Spiel mit religiösen Motiven?

Schein und Sein

„Galionsfig­ur des Band-Konzepts ist Bischof Tebartz-van Elst, der Kirchengel­der veruntreut und sich damit einen Prunkpalas­t hat bauen lassen. Tebartz verkörpert nach außen die Kirche, die weiße Weste der Heiligkeit. Aber hintenrum ist er ganz anders.“Solches Verhalten finde man in vielen Bereichen der Gesellscha­ft. „Bei Facebook zum Beispiel: Hinter dem Bild, das man da von sich entwirft, verbirgt sich vielleicht ein ganz anderer Mensch.“Auch bei Adam Angst muss man zwischen Kunstfigur und Mensch trennen: „Unsere Musik ist kompromiss­los und wirkt arrogant. Das ist ein Stilmittel, mit dem wir auf uns als Band aufmerksam machen wollen. Mit mir selbst als Mensch hat das allerdings nicht viel zu tun.“

 ?? FOTO: CHRISTIAN BARON ?? Jeder hat Geheimniss­e: „Hinter dem Bild, das man auf Facebook von sich entwirft, verbirgt sich eigentlich ein ganz anderer Mensch“, sagt Felix Schönfuss.
FOTO: CHRISTIAN BARON Jeder hat Geheimniss­e: „Hinter dem Bild, das man auf Facebook von sich entwirft, verbirgt sich eigentlich ein ganz anderer Mensch“, sagt Felix Schönfuss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany