Unheiliger Zorn
Felix Schönfuss alias Adam Angst lässt der musikalischen Wut freien Lauf
Mit einem Vorurteil räumt Felix Schönfuss alias Adam Angst im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“gleich mal auf: „Die Leute denken immer, ich bin der Ober-Veganer-Punk. Musikalisch bin ich aber eher von mainstreamigen Sachen wie Oasis und Rage Against The Machine geprägt.“Nun ist das sicher nicht das schlimmste Vorurteil für einen Musiker, der sich seit Jahren in der Punkrock-Szene bewegt. Um Adam Angst zu verstehen, muss man die musikalische Vergangenheit von Felix Schönfuss kennen. Vor Adam Angst gab es Frau Potz. Und vor Frau Potz waren Escapado von 2002 bis 2011 die musikalische Heimat des Sängers mit der markanten Stimme. Mit Frau Potz veröffentlichte Schönfuss 2012 das Album „lehnt dankend ab“, es blieb aber bei diesem wütenden Brocken Punk-rock. „Wir haben uns drauf geeinigt, dass wir eine Pause auf unbestimmte Zeit machen und auch erst einmal keine Konzerte spielen oder an einer Platte arbeiten“, erinnert sich der schlanke Norddeutsche. Nach einer Kreativpause kamen neue Songideen, aber Schönfuss fühlte sich mit Frau Potz bereits in ein stilistisches Korsett gezwängt. „Da ist man schon etwas gefangen, welche Themen man bedienen muss, wie es ungefähr klingen muss.“Er habe neue Musik frei von Erwartungshaltungen schreiben wollen.
Bei Adam Angst sind auch Musiker der deutschen Indierockbands Blackmail und Fjort mit von der Partie, die Schönfuss-Handschrift ist aber herauszuhören. Wut und Kritik stecken in den Songs, es geht um globale Krisen, aber genauso um den schwer zu ertragenden Abend bei Bekannten und an die Wand gefahrene Beziehungen. Aber wo Frau Potz krawalliger waren, sind Adam Angst zugänglicher. An manchen Stellen scheint der Einfluss von Farin Urlaub durch, dem wasserstoffblonden Sänger der Berliner Kommerzpunks von Die Ärzte. „Ich bin ein großer Fan seines Songwritings“, bekennt Felix Schönfuss. „Ich hatte selten richtige Lieblingsbands, aber Die Ärzte waren einer meiner ersten und längerfristigen Einflüsse.“Besonders deutlich wird dieser Einfluss bei „Professoren“, einem Song gegen wieder erstarkenden Nationalismus, unreflektierte Islamophobie und bequeme Dummheit. Zu Pegida und zur Debatte um Flüchtlingspolitik hat Schönfuss eine klare Meinung: „Das muss man sich mal vorstellen: Man hat nichts mehr, ist dem Tod entronnen und hat es gerade so in ein sicheres Land geschafft. Aber dann geht die Todesangst wieder los, weil nachts Leute Steine und Molotowcocktails schmeißen.“Die Probleme seien komplex, aber unterm Strich steht für Schönfuss eine simple Erkenntnis: „Letzten Endes sind wir alle nur Kohlenstoffeinheiten. So unterschiedlich können wir nicht sein.“Gegen Nazis positioniert sich die Band in ihren Texten auch deshalb, damit ihre gesellschaftskritischen Songs nicht bei rechten Demos „gekapert“werden können.
Neben den plakativen, aber durchdachten Lyrics fällt auch der Bezug zu Religion und Glauben auf, den die Platte herstellt. Auf dem Cover etwa ist Schönfuss im Priester- Hemd zu sehen. Im Song „Jesus Christus“kommt Gottes Sohn auf die Erde zurück, um sich für die Kreuzigung zu rächen, findet aber Fans und Bewunderer vor, die er dann verschont. Was steckt hinter dem Spiel mit religiösen Motiven?
Schein und Sein
„Galionsfigur des Band-Konzepts ist Bischof Tebartz-van Elst, der Kirchengelder veruntreut und sich damit einen Prunkpalast hat bauen lassen. Tebartz verkörpert nach außen die Kirche, die weiße Weste der Heiligkeit. Aber hintenrum ist er ganz anders.“Solches Verhalten finde man in vielen Bereichen der Gesellschaft. „Bei Facebook zum Beispiel: Hinter dem Bild, das man da von sich entwirft, verbirgt sich vielleicht ein ganz anderer Mensch.“Auch bei Adam Angst muss man zwischen Kunstfigur und Mensch trennen: „Unsere Musik ist kompromisslos und wirkt arrogant. Das ist ein Stilmittel, mit dem wir auf uns als Band aufmerksam machen wollen. Mit mir selbst als Mensch hat das allerdings nicht viel zu tun.“