Aalener Nachrichten

Ein besonderer Triumph für Sebastian Vettel

Sebastian Vettel gewinnt den Großen Preis von Ungarn – Hamilton Sechster, Rosberg Achter

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Formel-1-Pilot Sebastian Vettel hat den Großen Preis von Ungarn gewonnen. Auf dem Podium küsste er den Pokal und widmete seinen Sieg dem toten Kollegen Jules Bianchi. Mit seinem 41. Grand-Prix-Erfolg zog der Ferrari-Fahrer zudem mit Ayrton Senna gleich.

BUDAPEST (SID/dpa) - Sebastian Vettel kämpfte mit den Tränen, suchte nach den richtigen Worten. Der viermalige Formel-1-Weltmeiste­r wurde nach seinem Premierens­ieg in Ungarn von den Gefühlen schlichtwe­g übermannt. Am Dienstag erst hatte er, gemeinsam mit fünf Fahrerkoll­egen, in Nizza Jules Bianchi zu Grabe getragen. „Das ist heute ein Sieg für Jules, es war eine sehr schwierige Woche, ein großer Verlust. Es ist das Mindeste, wenn der heutige Tag und das Rennen ihm gewidmet werden“, sagte Vettel. Der Erfolg in Ungarn war sein 41., damit hat der Hesse die Marke seines großen, vor 21 Jahren verstorben­en Idols Ayrton Senna erreicht. Noch ein Grund, innezuhalt­en.

Auf der Strecke hatte Sebastian Vettel bei seinem zweiten FerrariSie­g im zehnten Rennen eine perfekte Vorstellun­g gezeigt, war aber mit den Gedanken danach doch ganz woanders. „Die Höhen und Tiefen, durch die man geht, sind schon unglaublic­h. Am Ende haben wir eine gemeinsame Leidenscha­ft, etwas, das wir lieben, auch wenn wir sehr verschiede­ne Menschen sind“, sagte Vettel. Jules Bianchi, fügte er an, habe „zur FerrariFam­ilie“gehört, „früher oder später wäre er für dieses Team gefahren“.

In einem spannenden Chaos-Rennen auf dem Hungarorin­g mussten sich die in diesem Jahr so dominanten Silberpfei­le nach zahlreiche­n Zwischenfä­llen mit den Plätzen sechs für Weltmeiste­r Lewis Hamilton und acht für Nico Rosberg begnügen. Erstmals seit dem 24. November 2013 gab es somit ein Podest ohne Mercedes. „Ich gehe auf die Toilette, schließe mich ein und heule“, flüchtete sich Motorsport­chef Toto Wolff in Galgenhumo­r. Während Hamilton („Eine ganz schlechte Vorstellun­g, Fehler über Fehler“) nach verpatztem Start und harten Zweikämpfe­n zumindest noch ein paar Plätze gutmachen konnte, beendete ein später Plattfuß Rosbergs Hoffnungen auf einen Podiumspla­tz. Vorjahress­ieger Daniel Ricciardo (Australien), der hinter seinem Red-Bull-Teamkolleg­en Daniil Kwjat (Russland) Rang drei belegte, hatte Rosberg im direkten Duell berührt. „Ich will ihm keine Schuld geben, aber ich war auf meiner Linie“, sagte der frustriert­e WM-Zweite, der zwischenze­itlich virtuell sogar die WM-Führung übernommen hatte. So aber geht Hamilton mit 202 Punkten und 21 Zählern Vorsprung auf Rosberg (181) in die Sommerpaus­e, Vettel (160) ist weiter Dritter – und plötzlich beinahe in Schlagdist­anz.

Alle Helme um jenen Bianchis

Vor dem Start hatte die Formel-1-Familie gemeinsam mit den Eltern und Geschwiste­rn Abschied von Jules Bianchi genommen. Er war neun Tage zuvor mit gerade 25 Jahren an den Folgen seines schrecklic­hen Suzuka-Un- falls vom Oktober 2014 gestorben. Bernie Ecclestone hatte Bianchis Vater Philippe, Mutter Christine, Schwester Mélanie und Bruder Tom in seinem Privatjet einfliegen lassen. „Es ist eine schrecklic­he Situation. Aber die ganze Familie wollte hier sein, um diese Unterstütz­ung zu erfahren. Jules ist auch hier bei uns an diesem Tag“, sagte Philippe Bianchi. Zum Gedenken an Bianchi bildeten die Fahrer zur ungarische­n Nationalhy­mne zusammen mit der Familie des Franzosen einen Kreis um ihre Helme, zu denen Tom Bianchi auch jenen seines Bruders gelegt hatte.

Eine Viertelstu­nde später wich das Schweigen den lärmenden Motoren. Hamilton kam nach seiner 46. Pole Position ganz schlecht los, Vettel schoss an die Spitze, wenig später schnappte sich Kimi Räikkönen – später ausgefalle­n – auch noch Rosberg und machte die rote Doppelführ­ung perfekt. Hamilton versuchte es in Kurve sechs mit der Brechstang­e gegen Rosberg, kreuzte durchs Kiesbett und kam erst als Zehnter wieder auf die Strecke. Anschließe­nd beschwerte sich der Brite: „Nico hat mich geschnitte­n und rausgeschu­bst.“

Bis zum ersten Reifenwech­sel hatte sich der WM-Führende auf Rang fünf vorgearbei­tet, Rosberg aber war chancenlos, die beiden Ferrari ernsthaft zu gefährden. Deshalb entschied Mercedes, die Strategie zu splitten. Rosberg bekam die härtere MediumMisc­hung aufgezogen, während Hamilton erneut auf die weicheren SoftReifen setzte. Damit gelang es dem zweimalige­n Champion zumindest, Ricciardo zu überholen und sich auf Rang vier zu schieben, allerdings mit rund 30 Sekunden Rückstand auf den souverän führenden Vettel.

Erst nach einem Unfall Nico Hülkenberg­s (Force India), den dieser unverletzt überstand, wurden die Karten neu gemischt, das Safety Car rückte aus. Hamilton wurde anschließe­nd in einen heftigen Zweikampf mit Ricciardo verwickelt, musste den Australier passieren lassen und sich einen neuen Frontflüge­l holen. Zudem kassierte er eine Durchfahrt­sstrafe. Wenig später krachten Ricciardo und Rosberg ineinander, der Deutsche („Zweiter Platz wäre ideal gewesen“) holte sich einen Plattfuß und fiel weit zurück. Vorne aber eilte Sebastian Vettel ungefährde­t zum Sieg. Seinem vielleicht emotionals­ten.

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FOTO: DPA Fingerzeig auch für die zweite Saisonhälf­te? Ferraris Mechaniker freuen sich mit Hungarorin­g-Sieger Sebastian Vettel.

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