Kurdenkonflikt verschärft sich
Türkische Luftangriffe gelten auch Arbeiterpartei PKK
ISTANBUL (dpa) - Die Angriffe der türkischen Armee gegen Lager der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Irak heizen den Kurdenkonflikt an. Die PKK erklärte, die Waffenruhe sei bedeutungslos.
Kampfjets der türkischen Luftwaffe hatten Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien angegriffen. Anschließend bombardierten sie PKK-Lager im Irak. Am Wochenende kam es in der Türkei zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte und Auseinandersetzungen mit der Polizei. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen kritisierte das Vorgehen der Türkei gegen die Kurden. „Genauso, wie es richtig ist, dass die Türkei das Recht hat, sich gegen IS zu wehren, genauso wichtig ist es, dass sie den eingeschlagenen Pfad der Versöhnung mit der kurdischen Arbeiterpartei nicht verlässt“, sagte sie. In einer erste Reaktion hatte sie die Angriffe auf die Kurden noch unerwähnt gelassen.
ISTANBUL (AFP) - Nach den Luftangriffen auf PKK-Stellungen im Nordirak droht der Konflikt mit den Kurden in der Türkei erneut zu eskalieren. Am Sonntag wurden bei einem Autobombenanschlag im kurdischen Südosten des Landes zwei Soldaten getötet und vier weitere verletzt. Zwar bekannte sich zunächst niemand zu der Tat, doch die Armee machte die PKK verantwortlich.
Der türkische Generalstab erklärte, die „terroristische und separatistische Organisation“sei für den Anschlag verantwortlich. Mit diesen Worten bezeichnen die türkischen Behörden gewöhnlich die PKK.
Der militärische Flügel der PKK, die kurdischen Volksverteidigungskräfte (HPG), warf Ankara vor, mit den Angriffen gegen PKK-Stellungen im Nordirak den seit 2013 geltenden Waffenstillstand „einseitig beendet“zu haben.
Hintergrund der jüngsten Zuspitzung des Konflikts ist die Offensive der türkischen Armee: Die Türkei hatte am Freitagmorgen zunächst mit Luftangriffen gegen den IS begonnen und sie dann auch auf die PKK ausgedehnt. Am Samstag bestätigte Ankara neue Luftangriffe auf ISStellungen in Syrien und auf Einrichtungen der PKK im Nordirak. Medien berichteten, dass die Luftwaffe am Sonntag weitere Angriffe geflogen hatte.
Parallel zu den Luftangriffen beschossen Bodentruppen von der Türkei aus Stellungen des IS und der von Ankara als „Terrororganisation“ eingestuften PKK in Syrien und Irak. Auch am Sonntag beschoss die türkische Artillerie Stellungen der PKK im Nordirak, wie türkische Medien berichteten.
Laut dem Büro des Ministerpräsident bombardierten die Kampfjets im Nordirak Ziele wie Unterstände und Waffenlager der PKK. Zu den genannten Orten gehören auch die Kandil-Berge, wo die Kurdenkämpfer ihr Hauptquartier haben. Nach Angaben aus dem Irak wurde ein kurdischer Kämpfer getötet. Kurden gehen sowohl im Irak als auch in Syrien gegen den IS vor.
Die türkischen Luftangriffe auf die IS-Stellungen markieren eine Kehrtwende der islamisch-konservativen Regierung in Ankara, die lange für ihr zögerliches Verhalten gegenüber dem IS kritisiert worden war. Nach monatelangen Verhandlungen erlaubte die Türkei den USA zudem die Nutzung des Luftwaffenstützpunkts Incirlik.
Begleitet wurden die Luftangriffe von einer Festnahmewelle im Inland: Laut Davutoglu wurden seit Freitag landesweit 590 Verdächtige wegen Verbindungen zu „Terrororganisationen“festgenommen. Am Samstag löste die Polizei in Ankara einen Protestmarsch gegen den IS gewaltsam auf. In Istanbul verboten die Behörden einen für Sonntag geplanten „Friedensmarsch“der Kurdenpartei HDP. In der Stadt Cizre in der südöstlichen Provinz Sirnak wurde ein 21Jähriger bei Zusammenstößen zwischen Polizei und prokurdischen Demonstranten getötet.