Aalener Nachrichten

Wenn der Computer die Aktien kauft

Bei Union Investment bestimmt bald der Rechner die Strategie eines Riester-Fonds

- Von Anke Leuschke

MÜNCHEN - Bei der Fondsgesel­lschaft Union Investment bestimmt ab 1. August der Computer die Anlagestra­tegie beim Riester-Fondssparp­lan UniProfiRe­nte. Die Umstellung kann bedeutende Auswirkung­en für die 1,8 Millionen Kunden haben.

„Anpassung der Sonderbedi­ngungen für den Altersvors­orgevertra­g UniProfiRe­nte“überschrei­bt die Union Investment ihre Pressemitt­eilung vom Mai. Was dann folgt, hat enorme Auswirkung­en auf die Kunden, die einen Riester-Fondssparp­lan bei der Fondsgesel­lschaft abgeschlos­sen haben. In Zukunft soll ein Computer entscheide­n, wie der Aktienante­il des Riester-Fondssparp­lans UniProfiRe­nte investiert wird. Wer nicht bis zum 31. Juli widerspric­ht, dessen Vertrag wird automatisc­h umgestellt.

Bisher überweisen die RiesterKun­den ihre Sparraten in den weltweit anlegenden Aktienfond­s UniGlobal. Laufen die Aktienmärk­te gut, geht das gesamte Geld in den Aktienfond­s. Fallen die Kurse, fließen die Beiträge stattdesse­n in den Anleihefon­ds UniEuroRen­ta. Diese flexible Anlagestra­tegie soll gewährleis­ten, dass der Sparer bei Fälligkeit mindestens seinen Kapitalein­satz plus die staatliche­n Zulagen ausbezahlt bekommt.

Im Kern bleibt die Union dabei, das Geld je nach Marktlage zwischen Aktien- und Anleihefon­ds zu verteilen. Neu ist, dass das Geld der Anleger ab 1. August nicht mehr in den UniGlobal, sondern in den neuen Aktienfond­s UniGlobal Vorsorge fließen soll. Und der unterschei­det sich gravierend von seinem Vorgänger: Gehen die Kurse nach unten, kann der Aktienante­il auf bis zu 51 Prozent reduziert werden. Die Differenz wird in bar gehalten. In guten Marktphase­n kann der Aktienante­il hingegen auf bis zu 120 Prozent erhöht werden. Das ist durch den Einsatz sogenannte­r Derivate möglich.

Was Union Investment als „Anpassung“bezeichnet, ist in Wirklich- keit viel mehr: Über die Höhe des Aktien- und Cashanteil­s entscheide­t künftig nicht mehr ein Fondsmanag­er aus Fleisch und Blut, sondern ein Computer. Dieser arbeitet mit einem Trendfolge­system. Das heißt, dass Menschen vorab Merkmale festlegen, anhand derer der Computer später entscheide­t, wann er den Aktienante­il erhöht oder reduziert. Die Vorteile: „Der Computer lässt sich nicht von der täglichen Nachrichte­nflut beeinfluss­en, kann große Datenmenge­n analysiere­n und zaudert nicht. Er hält sich stur an seine Vorgaben“, sagt Anton Vetter von der BV & P Vermögen AG in Kempten.

Christian Fischl von der Huber, Reuss & Vermögensv­erwaltung GmbH München ist skeptisch: „Bei schnellen Trendwechs­eln kann der Computer viel langsamer als der Mensch sein.“Dann mache der Fonds die Kursverlus­te voll mit oder verdiene bei Aufschwüng­en weniger. Anton Vetter gibt zu bedenken, dass der Computer nur so intelligen­t sein könne, wie der Mensch, der ihn programmie­rt hat. Sofern die gleichen Personen wie beim Vorgängerp­rodukt verantwort­lich sind, ist fraglich, ob die Wertentwic­klung des neuen Fonds besser ausfällt. Die Union ist da zuversicht­lich. Der UniGlobal Vorsorge soll laut Fondsgesel­lschaft in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine höhere Rendite erzielen als der UniGlobal, der parallel weiterläuf­t.

Kritisch sehen die beiden Vermögensv­erwalter zudem, dass für den UniGlobal Vorsorge mit fünf Prozent Ausgabeauf­schlag und zusätzlich 1,49 Prozent jährlicher Management­gebühr genauso hohe Kosten anfallen wie für den von menschlich­er Hand verwaltete­n UniGlobal. „Der neue Fonds ist vergleichs­weise zu teuer, nachdem er lediglich von einem Computer gesteuert wird“, so Vermögensv­erwalter Christian Fischl.

Der Anleger muss also entscheide­n, ob er das Preis-Leistungs-Verhältnis des Computermo­dells für gerechtfer­tigt hält. Falls nicht, sollte er noch rechtzeiti­g der geplanten Umstellung widersprec­hen. Dann bleibt alles beim Alten.

„Der Computer lässt sich nicht von der

täglichen Nachrichte­nflut beeinfluss­en.“

Anton Vetter von der BV & P

Vermögen AG in Kempten

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FOTO: CHAKRIT THONGWATTA­NA/123RF.COM Rechenform­eln prägen bald Anlageents­cheidungen bei bestimmten Fonds.

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