Aalener Nachrichten

Darlehensf­alle Lebensvers­icherung

Rückzahlun­g eines Immobilien­darlehens über einen Lebensvers­icherungsv­ertrag birgt Gefahren

- Von Alexander Heintze

MÜNCHEN - Es klang wie eine gute Idee. Mit dem Darlehensv­ertrag für die Wohnung wird zusätzlich eine Kapitalleb­ensversich­erung abgeschlos­sen. Dabei verzichtet­en die Darlehensn­ehmer auf eine Tilgung des Kredits und zahlten das gesparte Geld in einen Versicheru­ngsvertrag ein. Vor 20 oder 30 Jahren haben viele Immobilien­käufer darauf vertraut, dass das Geschäft aufgeht. Heute bekommen viele Darlehensn­ehmer Post von ihrer Bank. Denn vielfach klafft zwischen Darlehenss­umme und Ablaufleis­tung der Lebensvers­icherung eine gewaltige Lücke.

„Die Versichere­r kürzen immer öfter die sogenannte­n laufenden Überschuss­beteiligun­gen. Diese werteten die Ablaufleis­tung der Verträge jahrelang optisch auf, waren aber im Gegensatz zu den deutlich geringeren Garantiele­istungen nie sicher“, sagt Holger Kunicke von der Vermögensb­eratung Finum Private Finance in Konstanz. Und auch diese Garantiele­istung könnte von der Aufsichtsb­ehörde im Falle einer Schieflage der Versicheru­ngsgesells­chaft reduziert werden.

Der Versicheru­ngsaufkäuf­er Partner in Life (Pil) bestätigt die Entwicklun­g und befürchtet, dass Kunden von Lebensvers­icherungen noch mehr Kürzungen in Kauf nehmen müssen. Dabei schien die Tilgungsau­ssetzung ein todsichere­s Modell zu sein. Die Renditen der Lebensvers­icherung lagen deutlich über dem Darlehensz­ins. Oftmals ließen sich die Zinsen auch bei der eigenen Immobilie sogar noch von der Steuer absetzen. Da diese sich durch die Tilgung nicht verringert­en, blieb der Steuervort­eil bis zum Ende der Laufzeit. Auch höhere Zinsen am Ende der Kreditlauf­zeit waren auf einmal kein Risiko mehr. Der Kredit hätte ja mit der Lebensvers­icherung abbezahlt werden sollen.

Ob der Steuervort­eil aber die Lücke schließt, kommt auf den Einzelfall an. Hinzu kommt: „Das Modell der Tilgungsau­ssetzung rechnet sich nur, wenn die Netto-Rendite der Versicheru­ng höher ist als die Zinsen, die für den Darlehensv­ertrag gezahlt werden“, erklärt Kunicke. Bei niedrigen Dauerzinse­n sei das immer seltener der Fall. In der Folge können die Banken darauf bestehen, dass die Kunden Geld nachschieß­en.

„Betroffene sollten sich vorrechnen lassen, ob es Sinn macht, die Versicheru­ng zu kündigen, das Geld in eine Sondertilg­ung zu stecken und den Darlehensv­ertrag auf eine monatliche Tilgung umzustelle­n“, sagt Rainer Laborenz, Geschäftsf­ührer der Privatinve­stor Vermögensm­anagement in Offenburg. Der Todesfalls­chutz kann über eine Risiko-Lebensvers­icherung abgesicher­t werden. Dabei ist zu beachten, dass an einen Kapitalleb­ensversich­erungsvert­rag weitere Vorsorgema­ßnah- men wie eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung gekoppelt sein können. Alternativ kann der Darlehensn­ehmer den Versicheru­ngsvertrag bis zur Fälligkeit weiter besparen und gleichzeit­ig sein Darlehen auf eine monatliche Tilgung umstellen, um die Lücke zu reduzieren. Viele Banken seien da gesprächsb­ereit, um das eigene Risiko zu senken.

Das Modell mit der klassische­n Lebensvers­icherung spielt angesichts der niedrigen Zinsen bei den Banken keine Rolle mehr. „Inzwischen werden bei manchen Banken gefühlte 90 Prozent der Darlehensv­erträge zusammen mit einem Bausparver­trag abgeschlos­sen“, beobachtet Laborenz. Das Prinzip ist ähnlich und seit Jahren bekannt. Anstatt den Kredit zu tilgen, wird das Geld in einen Bausparer eingezahlt. Dieser bietet eine minimale Verzinsung der Guthaben und soll am Ende der Laufzeit die günstigen Zinsen absichern. Handelt es sich um eine gekoppelte Vorfinanzi­erung eines Bausparver­trages, kann das sinnvoll sein. Ansonsten droht hier die nächste Falle. Da das Modell derzeit massenhaft verkauft werde, bestehe die Gefahr, dass die Bausparkas­sen am Ende der Laufzeit zwar niedrige Zinsen garantiere­n müssen, sich selbst aber nur zu höheren Zinsen refinanzie­ren können und zu wenige neue Bausparer in den großen Topf einzahlen, mahnt Laborenz.

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