Darlehensfalle Lebensversicherung
Rückzahlung eines Immobiliendarlehens über einen Lebensversicherungsvertrag birgt Gefahren
MÜNCHEN - Es klang wie eine gute Idee. Mit dem Darlehensvertrag für die Wohnung wird zusätzlich eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Dabei verzichteten die Darlehensnehmer auf eine Tilgung des Kredits und zahlten das gesparte Geld in einen Versicherungsvertrag ein. Vor 20 oder 30 Jahren haben viele Immobilienkäufer darauf vertraut, dass das Geschäft aufgeht. Heute bekommen viele Darlehensnehmer Post von ihrer Bank. Denn vielfach klafft zwischen Darlehenssumme und Ablaufleistung der Lebensversicherung eine gewaltige Lücke.
„Die Versicherer kürzen immer öfter die sogenannten laufenden Überschussbeteiligungen. Diese werteten die Ablaufleistung der Verträge jahrelang optisch auf, waren aber im Gegensatz zu den deutlich geringeren Garantieleistungen nie sicher“, sagt Holger Kunicke von der Vermögensberatung Finum Private Finance in Konstanz. Und auch diese Garantieleistung könnte von der Aufsichtsbehörde im Falle einer Schieflage der Versicherungsgesellschaft reduziert werden.
Der Versicherungsaufkäufer Partner in Life (Pil) bestätigt die Entwicklung und befürchtet, dass Kunden von Lebensversicherungen noch mehr Kürzungen in Kauf nehmen müssen. Dabei schien die Tilgungsaussetzung ein todsicheres Modell zu sein. Die Renditen der Lebensversicherung lagen deutlich über dem Darlehenszins. Oftmals ließen sich die Zinsen auch bei der eigenen Immobilie sogar noch von der Steuer absetzen. Da diese sich durch die Tilgung nicht verringerten, blieb der Steuervorteil bis zum Ende der Laufzeit. Auch höhere Zinsen am Ende der Kreditlaufzeit waren auf einmal kein Risiko mehr. Der Kredit hätte ja mit der Lebensversicherung abbezahlt werden sollen.
Ob der Steuervorteil aber die Lücke schließt, kommt auf den Einzelfall an. Hinzu kommt: „Das Modell der Tilgungsaussetzung rechnet sich nur, wenn die Netto-Rendite der Versicherung höher ist als die Zinsen, die für den Darlehensvertrag gezahlt werden“, erklärt Kunicke. Bei niedrigen Dauerzinsen sei das immer seltener der Fall. In der Folge können die Banken darauf bestehen, dass die Kunden Geld nachschießen.
„Betroffene sollten sich vorrechnen lassen, ob es Sinn macht, die Versicherung zu kündigen, das Geld in eine Sondertilgung zu stecken und den Darlehensvertrag auf eine monatliche Tilgung umzustellen“, sagt Rainer Laborenz, Geschäftsführer der Privatinvestor Vermögensmanagement in Offenburg. Der Todesfallschutz kann über eine Risiko-Lebensversicherung abgesichert werden. Dabei ist zu beachten, dass an einen Kapitallebensversicherungsvertrag weitere Vorsorgemaßnah- men wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung gekoppelt sein können. Alternativ kann der Darlehensnehmer den Versicherungsvertrag bis zur Fälligkeit weiter besparen und gleichzeitig sein Darlehen auf eine monatliche Tilgung umstellen, um die Lücke zu reduzieren. Viele Banken seien da gesprächsbereit, um das eigene Risiko zu senken.
Das Modell mit der klassischen Lebensversicherung spielt angesichts der niedrigen Zinsen bei den Banken keine Rolle mehr. „Inzwischen werden bei manchen Banken gefühlte 90 Prozent der Darlehensverträge zusammen mit einem Bausparvertrag abgeschlossen“, beobachtet Laborenz. Das Prinzip ist ähnlich und seit Jahren bekannt. Anstatt den Kredit zu tilgen, wird das Geld in einen Bausparer eingezahlt. Dieser bietet eine minimale Verzinsung der Guthaben und soll am Ende der Laufzeit die günstigen Zinsen absichern. Handelt es sich um eine gekoppelte Vorfinanzierung eines Bausparvertrages, kann das sinnvoll sein. Ansonsten droht hier die nächste Falle. Da das Modell derzeit massenhaft verkauft werde, bestehe die Gefahr, dass die Bausparkassen am Ende der Laufzeit zwar niedrige Zinsen garantieren müssen, sich selbst aber nur zu höheren Zinsen refinanzieren können und zu wenige neue Bausparer in den großen Topf einzahlen, mahnt Laborenz.