Aalener Nachrichten

Tsipras stimmt Sparauflag­en zu

Showdown in Athen erwartet – Widerstand der Linken stellt Syriza vor Zerreißpro­be

- Von Takis Tsafos

ATHEN (dpa) - Dem griechisch­en Regierungs­chef Alexis Tsipras stehen wieder schwierige Zeiten bevor. Binnen Tagen muss er eine neue Kraftprobe im Parlament überstehen, um das neue Hilfsprogr­amm durchzubox­en – und er muss parallel dazu die Gläubiger überzeugen, allen voran Deutschlan­d, er meine es ernst mit Einsparung­en.

Danach muss er dann noch in der eigenen Partei aufräumen. „Einigung mit den Gläubigern, (politische) Scheidung in der Partei“, heißt es in der griechisch­en Presse. „Es sieht nach einer ,Mission impossible’ aus“, kommentier­t ein Diplomat in Athen.

Mission eins: das Parlament. Tsipras regiert seit Juli praktisch an der Spitze einer Minderheit­sregierung. Der linke Syriza-Flügel – der etwa ein Viertel der 149 Abgeordnet­en der Partei vereint – stimmte im Juli zweimal gegen neue Reform- und Sparmaßnah­men, obwohl Tsipras für diese geworben hatte. Die Reformprog­ramme wurden damals nur mit den Stimmen der Opposition gebilligt.

Nun soll es am Donnerstag zum dritten „Showdown“kommen. Der linke Flügel hat angekündig­t, er werde mit „Nein“stimmen. Griechenla­nd solle die Gespräche mit den Gläubigern abbrechen. „Kampf bis zum Ende – Memorandum-Fallbeil“, titelte das linke Lager auf seiner Homepage.

„Drachmiste­n“wollen bleiben

Wegen der Forderung, den Euro-Verbund zu verlassen und die Drachme wieder einzuführe­n, werden die Vertreter des widerspens­tigen SyrizaFlüg­els in der Presse als „Drachmiste­n“bezeichnet. Trotz seiner streitlust­igen Haltung erklärt das linke Lager aber, in der Partei bleiben und die Regierung bei allen anderen Themen unterstütz­en zu wollen.

Tsipras hat das als „surreale“Situation bezeichnet, die so nicht weitergehe­n könne. Und er erklärt, Griechenla­nd habe gar keine andere Wahl als den neuen Reform- und Sparmaßnah­men zuzustimme­n.

Das Rätselrate­n hat damit begonnen: Meint Tsipras, er werde die Abweichler aus der Parlaments­fraktion werfen? Wird es Neuwahlen geben? Oder wartet er auf einen für Mitte September geplanten Syriza-Parteitag, um den Richtungss­treit mit den Linken zu klären?

Unbehagen über Deutschlan­d

Mission zwei: Billigt das Parlament das neue Abkommen, muss Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos die Eurogruppe am Freitag von seinem Reformwill­en überzeugen. In Athen wird damit gerechnet, dass Deutschlan­d auf weiteren Verhandlun­gen und einem zusätzlich­en Überbrücku­ngskredit beharren könnte. Griechisch­e Regierungs­mitglieder rechneten damit, „ein starkes Euroland könnte versuchen, uns einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen“.

Aus diesem Grund habe Tsipras mit Frankreich­s Präsident François Hollande, EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker und mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) telefonier­t. Die Atmosphäre des Gesprächs mit Merkel sei „nicht sehr warm“gewesen, ließ die Regierung in Athen an die Presse durchsicke­rn. Winkt die Eurogruppe die Übereinkun­ft durch, muss Tsipras noch auf die Billigung des neuen Memorandum­s durch einige nationale Parlamente warten.

Danach könnte Mission drei beginnen: Umfragen zeigen, dass ein großer Teil der Bevölkerun­g Tsipras noch vertraut. Allerdings ist die genaue Stärke des Linksflüge­ls, falls er sich abspalten und bei Neuwahlen alleine antreten sollte, demoskopis­ch noch nicht erfasst. Viele Analysten rechnen mit einem turbulente­n Herbst, da auf die ohnehin schon gebeutelte­n Griechen eine neue Welle an Ausgabenkü­rzungen und Steuern zukommt.

Ein Diplomat sagte am Dienstag, die Versuchung für Tsipras, vorgezogen­e Wahlen abzuhalten, sei sehr groß.

 ?? FOTO: DPA ?? Skeptische Geldgeber, kritische Linke, besorgte Bürger: Alexis Tsipras muss es allen recht machen.
FOTO: DPA Skeptische Geldgeber, kritische Linke, besorgte Bürger: Alexis Tsipras muss es allen recht machen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany