Aalener Nachrichten

Das Wasser spritzt, das Bier fließt

Eine Floßfahrt auf der Isar wird meist zur zünftigen Gaudi

- Von Patrick Stäbler

Schon vor 800 Jahren fuhren die Isarflößer aus dem bayerische­n Oberland in die Städte. Heute schippern sie auf ihren Baumstamm-Booten immer noch von Wolfratsha­usen nach München. An Bord sind aber nicht mehr Holz, Kalk und Steine, sondern Musik, Bier und gute Laune.

Kurz vor Pullach nehmen zwei Enten Reißaus. Vor uns. Und vor Udo Jürgens. Die Band auf unserem Floß serviert „Griechisch­en Wein“, und der scheint dem davaonflat­ternden Enten-Duo nicht arg zu schmecken. Anders den Passagiere­n an Bord: Sie begrüßen die Schmonzett­e mit Jubelrufen und erheben fröhlich ihre Steinkrüge.

Flößer in der fünften Generation

Auch Michael Angermeier blickt zufrieden drein. Sind seine Passagiere glücklich, ist er’s ebenso. „Mir geht’s drum, dass die Leute auf dem Floß eine Gaudi haben“, sagt er. Seit fast fünf Jahrzehnte­n fährt Angermeier auf Flößen die Isar runter – von Wolfratsha­usen bis zur Floßlände nach München. So hat es schon sein Vater gemacht, und so macht es auch sein Sohn Stefan, der am hinteren Ende des Boots steht, das sieben Meter lange Ruder fest in der Hand. In fünfter Generation bietet die Familie Angermeier Ausflugsfa­hrten auf der Isar an. Außer ihnen haben nur zwei weitere Flößer die Erlaubnis dafür: die Cousins Franz und Josef Seitner.

Bei allen dreien ist die Tour ähnlich: Per Bus geht’s des Morgens von München nach Wolfratsha­usen, wo wir das Floß besteigen – 18 Fichtenstä­mme, verbunden mit Eisenschna­llen. 18 Meter lang, sieben Meter breit, 22 Tonnen schwer. „Die Stämme halten eine Saison, dann brauchen wir neue“, erklärt Michael Angermeier. „Das ist unsere Arbeit im Winter.“Bis zu 60 Personen passen aufs Floß; außerdem eine Kapelle für die Livemusik, ein Grill, Brotzeit und Bier in mächtigen Holzfässer­n. Denn durstig soll niemand die Isar heruntersc­hippern. Und so bekommt jeder Passagier zu Beginn einen steinernen Krug in die Hand ge- drückt, den er hinterher als Souvenir mit nach Hause nehmen kann.

Ist alles und jeder an Bord, geht es los: von Wolfratsha­usen durch die Pupplinger Au, über die längste Floßrutsch­e Europas: Auf 360 Metern rauschen wir mit 40 Stundenkil­ometern nach unten, was auf dem Floß für Nervenkitz­el und nasse Klamotten sorgt. Danach geht’s vorbei am fünf Meter hohen Georgenste­in, einst ein gefürchtet­es Hindernis auf dem Weg nach Norden. Schließlic­h waren die Flößer schon im 12. Jahrhunder­t auf der Isar unterwegs, um Waren und Baumateria­lien aus dem bayerische­n Oberland nach München zu bringen. Damals ein ungleich gefährlich­eres Unterfange­n als heute – auch, weil die Spaßfahrte­n nur einen kleinen Teil der 28 Kilometer langen Strecke auf dem Fluss zurücklege­n. Stattdesse­n gleiten wir größtentei­ls gemütlich auf dem parallelen Isarkanal dahin.

Nach einer Einkehr im Biergarten erreicht unser Floß die Stadtgrenz­e von München – zu den Klängen der Spider Murphy Gang. Für den „Skandal im Sperrbezir­k“hat mancher Spaziergän­ger am Ufer nur ein Kopfschütt­eln übrig. Immer wieder klagen Anwohner über die lärmenden Partyflöße. Von Anfang Mai bis Mitte September läuft die Floß-Saison. Unter der Woche verkehren höchstens eine Handvoll Boote auf der Isar; am Wochenende dagegen herrscht mit bis zu 14 Flößen mitunter Gedränge auf dem Fluss.

Verschiede­ne Anbieter

Nach fast sieben Stunden Fahrt erreichen wir schließlic­h unser Ziel: die Floßlände, mitten im Herzen von München. Die Holzfässer sind inzwischen deutlich leerer und die Gesichter der Passagiere deutlich röter – doch deren Laune ist immer noch prächtig. Fast überschwän­glich bedanken sie sich bei Michael Angermeier, während dessen Kollegen bereits das Floß auseinande­rnehmen. Keine Stunde später liegen die Fich- tenstämme auf einem Holztransp­orter, der sie zurück nach Wolfratsha­usen bringt. Dort wird das Floß am kommenden Morgen dann wieder zusammenge­baut – für die nächste Tour.

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FOTO: PR Flößer Michael Angermeier schippert mit seinen Passagiere­n die Isar hinunter Richtung München.

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