Freier Kopf gefragt
Noch bringt sich Biathlet Schempp beim Stehendschießen um die erste Einzelmedaille
HOCHFILZEN (SID/sz) - Am Tag danach hatte Simon Schempp überhaupt keine Lust auf Biathlon. Bei strahlendem Sonnenschein verzichtete Deutschlands bester Skijäger auf die Trainingseinheit im Stadion, stattdessen stand Erholung auf dem Programm. „Ich muss ein bisschen den Kopf freibekommen“, sagte der 28Jährige von der SZ Uhingen, nachdem er in der WM-Verfolgung von Hochfilzen die nächste Enttäuschung erlebt hatte. „Ich nutze den Tag, um ein bisschen wegzukommen vom ganzen Trubel.“
Eine Einzelmedaille hätte dabei ziemlich sicher geholfen – aber wie bislang immer in seiner erfolgreichen Karriere schwächelte Schempp genau dann, als es darauf ankam: erst im Sprint am Samstag als Neunter, dann im Jagdrennen einen Tag später als Zehnter. „Das sind ja keine schlechten Ergebnisse“, sagte der Schwabe, „aber eben auch keine herausragenden.“
Und genau die benötigt er bei einem großen Event, um endlich die Fragerei nach dem vermaledeiten ersten Einzelsieg zu beenden. Sieben Medaillen hängen zwar schon im Hause Schempp – drei von ihnen glänzen sogar golden –, aber alle gewann Simon Schempp eben zusammen mit seinen Teamkollegen in Staffelwettbewerben. Die elf Erfolge, die Schempp bislang als Solist gefeiert hat, gelangen alle in „normalen“Weltcup-Rennen.
„Es ist natürlich nicht leicht, dass ich jetzt in jedem Interview darauf angesprochen werde“, gestand Schempp. Zu Verunsicherung für die folgenden Wettkämpfe führe das allerdings nicht, „denn ich gehe eigentlich gar nicht so ergebnisorientiert in die Rennen. Ich will aus jeder Situation das Bestmögliche herausholen, unabhängig vom Resultat.“Wie man das macht, hat Simon Schempp schon oft gezeigt. Das Erfolgsgeheimnis ist ja auch recht simpel: „Es müssen einfach beide Teildisziplinen stimmen.“Doch während Schempp in der Loipe regelmäßig zur absoluten Spitzengruppe zählt, schwächelt er zu häufig im Stehendschießen.
Auch am Sonntag war ihm das zum Verhängnis geworden, als er vielleicht noch um die Medaillen hätte kämpfen können – der letzte Schuss aber sein Ziel verfehlte. „Da wollte er mit den anderen zu schnell mit. Bei insgesamt drei Fehlern ist es in diesem Feld eben so, dass man dann im Anschluss-, aber nicht im Medaillenbereich ist“, sagte Männer-Bundestrainer Mark Kirchner.
Simon Schempp selbst weiß so recht nicht, warum derzeit so viele Scheiben schwarz bleiben. „Ich habe mich im Training eigentlich richtig gut gefühlt und bin keinesfalls verunsichert“, sagte er. Wahrscheinlich müsse er sich schlichtweg „mehr auf die Technik konzentrieren“und nicht nur „den Fokus darauf legen, das Ziel unbedingt treffen zu wollen“. Kopfsache also. Die Pause bis zum nächsten Wettkampf, dem WM-Einzel am Donnerstag (14.30 Uhr/ARD und Eurosport), kommt demnach genau richtig.
Aufgeben will Schempp sich und die Jagd nach einer Einzelmedaille ohnehin nicht. „Am Dienstag und Mittwoch“, sagte er, „werde ich definitiv wieder am Schießstand stehen.“