Typisch Kaurismäki
„Die andere Seite der Hoffnung“: Neuer Film des finnischen Regisseurs ist im Wettbewerb der Berlinale
BERLIN - Es gibt Kunstwerke, die schaut man an und weiß sofort, von wem sie sind. Zum Beispiel die von Aki Kaurismäki. „Die andere Seite der Hoffnung“heißt sein jüngster Film, der im Wettbewerb der Berlinale läuft. Ein Flüchtlingsdrama. Ja, auch. Dabei ein typischer Kaurismäki mit stoischen Figuren, spärlichen Dialogen, bizarren Settings und jener besonderen Art von Humor, für die die Fans den Finnen lieben.
Kaurismäki hat sich rar gemacht in den letzten Jahren. 2011 brachte er mit „Le Havre“seinen letzten Spielfilm heraus, auch eine Flüchtlingsgeschichte. Die spielte damals in Frankreich. Für die Story um den Syrer Khaled, der als blinder Passagier auf einem Kohledampfer nach Helsinki gelangt und in einem seltsamen Restaurant Unterschlupf findet, ist Kaurismäki in seine Heimat zurückgekehrt. Es ist natürlich nicht das Helsinki der Tourismusbranche, das er dem Publikum zeigt. Alles wirkt wie aus der Zeit gefallen – die alte Limousine mit der Handelsvertreter Wikström (Sakari Kuosmanen) zu seinen Kunden fährt, die Wohnung, in der er wohnt, das Restaurant, das er mit dem Geld, das er beim Poker gewonnen hat, kauft. Typisch Kaurismäki eben. Manchmal denkt man, Kaurismäki sei ein Bruder im Geiste von Christoph Marthaler und Anna Viebrock.
Aber es ist es nicht nur Kaurismäkis Sinn für skurrile Situationen, die seine Filme zu Studien über die Möglichkeit und die Unmöglichkeit des Zusammenlebens macht. Auch in „Die andere Seite der Hoffnung“gibt es beides, Mitleid und Gewalt.
Der syrische Flüchtling Khaled (Sherwan Haji) findet Schutz bei Wikström, diesem mürrischen, alten Mann, der seiner Frau eines Morgens, einfach so, ungerührt den Ehering und die Wohnungsschlüssel auf den Frühstückstisch legt und sein Leben ändert. Die (finnische) Gesellschaft hat zwei Seiten. Gnadenlos sind nicht nur die Nazi-Schläger, die Khaled verfolgen. Gnadenlos sind auch die Gesetze, die bestimmen, dass Syrien ein sicheres Land sei. Während im Gerichtssaal die Ablehnung von Khaleds Asylantrag verlesen wird, laufen im Fernseher im Flüchtlingslager aktuelle Bilder von der Bombardierung Aleppos.
Klingt nach saurer Sozialkritik. Nicht bei Aki Kaurismäki. Am Ende kapiert man: Bizarr ist nicht der Film, sondern die Welt, in der wir leben.