Auf der Flucht ist der Freund verdurstet
21 Mädchen von Sankt Gertrudis besuchen sechs junge Flüchtlinge im Josefstal
ELLWANGEN (ij) - Im Josefstal leben zurzeit 15 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Sie haben jetzt Besuch von Schülerinnen von Sankt Gertrudis bekommen. Sie haben sich im Fach Gemeinschaftskunde mit dem Thema Menschenrechte beschäftigt.
Betreut werden die Jugendlichen von der Marienpflege. Deren Vertreter, Berthold Engelke und Robert Lehr, ließen die Schülerinnen der G 10a hinter die Kulissen schauen und erzählten, welche Probleme sich mit den traumatisierten Jugendlichen ergeben. Lehr betonte, dass es sehr wichtig sei, den Jugendlichen nach der langen Zeit auf der Flucht Beständigkeit und Alltag zu bieten, damit sie Vertrauen aufbauen und sich ihre Erlebnisse von der Seele reden können.
Weil die Jungen selbst nur ungern über ihre Flucht sprechen, berichteten die beiden Pädagogen an deren Stelle. So erfuhren die Zehntklässlerinnen, dass ein junger Flüchtling die Überfahrt übers Mittelmeer ans Schlauchboot geklammert im Wasser machen musste, weil das Boot übervoll war. Ein anderer erlebte bei der Flucht quer durch Afrika wie ein Freund, der zu verdursten drohte, einfach vom Schlepper vom Jeep geworfen und dem Tod überlassen wurde.
Beim gemeinsamen Mittagessen trafen die 21 Ellwanger Mädchen auf sechs Jungen aus Mali, Gambia, Eritrea, Somalia und Afghanistan. Die reagierten anfangs etwas schüchtern auf den weiblichen Besuch, doch allmählich tauten sie auf. Die Jungen erwiesen sich als Gentlemen, räumten das Geschirr der Mädchen ab und versorgten sie mit Nachtisch.
Froh über die Sicherheit in Deutschland
Die Schülerinnen erfuhren, dass die jungen Flüchtlinge sehr froh sind, in Sicherheit in Deutschland zu leben und sich hier gut aufgenommen fühlen. Die Mädchen haben sich über deren Vergangenheit, das Asylverfahren und ganz alltägliche Dinge wie Taschengeld, Filme oder Hobbys erkundigt. Dabei war es für die Zehntklässlerinnen beeindruckend zu sehen, dass unter den jungen Flüchtlingen ein Vize-Meister im Thai-Boxen aus Afghanistan ist.
Im Gespräch stellten sich einige Gemeinsamkeiten heraus. So klagen alle, dass das Taschengeld knapp ist, dass sie gern lange aufbleiben und ohne ihr Handy nicht leben könnten. Doch der Besuch im Josefstal stimmte die Mädchen auch nachdenklich. Denn während sie jeden Tag ihre Familie sehen, können die jungen Flüchtlinge den Kontakt mit ihrer Familie, wenn überhaupt, nur über das Telefon aufrecht erhalten. Am Ende waren sich alle einig, dass sie den Kontakt aufrecht erhalten wollen.