Rechtsstreit um royale Gene
49-Jährige will beweisen, dass der ehemalige belgische König Albert II. ihr Vater ist
BRÜSSEL (dpa) - Die Königstochter, die der König nicht will – ein bisschen klingt es wie ein trauriges Märchen, was Delphine Boël über ihr Leben erzählt. Die Künstlerin behauptet, die Tochter des ehemaligen belgischen Königs Albert II (82) zu sein. Jahrelang schwieg sie. Doch seit einigen Jahren kämpft sie darum, dass man ihre Geschichte glaubt.
Ein Gericht in Brüssel hat sich am Dienstag des Falls wieder angenommen und alle Seiten zu einer Anhörung geladen. Das Verfahren läuft schon seit 2013, war aber monatelang unterbrochen. Inzwischen hat der belgische Verfassungsgerichtshof grundsätzliche Fragen in dem Fall ausgeräumt.
Nur Boël erschien zu dem Termin – in Begleitung ihrer Mutter und ihres Ehemanns, wie die belgische Nachrichtagentur Belga berichtete. Der Ex-Monarch ließ sich entschuldigen. Er müsse seiner kürzlich wegen eines Oberschenkelhalsbruchs operierten Frau Paola beistehen, ließ er seine Anwälte belgischen Medien gegenüber erklären.
Nun haben die drei Brüsseler Richter angekündigt, innerhalb eines Monats ein Urteil in der „Affäre Delphine“zu fällen. Möglich ist Belga zufolge, dass das Gericht den 2013 abgedankten König darin zu einem DNA-Test auffordert. Albert hat aber das Recht, sich zu weigern. Dann könnte auf Basis von Fotografien, Fotos und anderen Dokumenten über die mögliche Vaterschaft Alberts entschieden werden. Der Anwalt Boëls wollte sich zum anstehenden Urteil nicht äußern.
Der einstige Monarch selbst hüllt sich zur „Affäre Delphine“seit Jahren in Schweigen. Vor Gericht erschien er in dem Verfahren nach Angaben aus Verfahrenskreisen nie. 2001 soll es zum endgültigen Bruch zwischen ihm und Boël, die heute 49 Jahre alt wird, gekommen sein. Seither – so erzählte es die Künstlerin in einem Interview der französischen „Gala“– habe er all ihre Briefe und Anrufe ignoriert.
Dabei habe Albert in ihrem Leben einst eine wichtige Rolle gespielt, sagte die Künstlerin dem Blatt.
Als junges Mädchen habe sie mit ihrer Mutter, der Baronin Sybille de Sélys Longchamps, in einer Wohnung mit diskret verborgenem Parkplatz gelebt – damit Albert unauffällig zu Besuch kommen konnte. „Wenn sie am Abend ausgegangen sind, haben sie mich mitgenommen“, sagte Boël. „Wenn ich bei unserer Rückkehr schon schlief, trug er mich im Aufzug.“Irgendwann seien sie und ihre Mutter aus Sorge vor Gerüchten nach London gezogen. Der Kontakt zu Albert sei aber geblieben, auch nachdem er 1993 den belgischen Thron bestieg. Sechs Jahre später kamen Gerüchte auf, als eine Biografie über Alberts Frau, Königin Paola, heute 79, erschien. Darin ist die Rede von einer unehelichen Tochter Alberts. Der König äußerte sich nur indirekt und sagte in seiner traditionellen Weihnachtsansprache, seine Ehe habe „glückliche Phasen, vor mehr als dreißig Jahren aber auch die Krise“gekannt. Viele verstanden das als Eingeständnis der Affäre.
Unauffälliges Leben im Ruhestand
Dass die Ehe des damaligen Prinzen Albert mit der italienischen Adeligen Paola Ruffo di Calabria in den 1960er-Jahren auf der Kippe stand, gilt als offenes Geheimnis. Die schöne Paola sah man als unzähmbare Party-Prinzessin und Schrecken des belgischen Hofes. Auch Albert, Porschefahrer und angeblicher Frauenheld, ging eigene Wege.
Seit seiner Abdankung 2013 führt der Ex-König ein unauffälliges Leben im Ruhestand. Seine Frau Paola erschreckte die Öffentlichkeit jüngst, weil sie sich erst einen Wirbel brach und wenige Wochen später den Oberschenkelhals. Da kommt der Trubel um Delphine Boël ungelegen.
Die Endvierzigerin Boël verarbeitet derweil ihre Geschichte in ihrer Kunst. Gerade zeigt ein Brüsseler Museum einige meist farbenfrohe Werke. Darunter auch die Serie „Never give up“– übers Durchhalten.