Grüne kritisieren Strobls Abschiebepraxis
Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei der Auswahl abgelehnter Asylbewerber – CDU widerspricht
STUTTGART (lsw) - Streit in der grün-schwarzen Koalition: Die Grünen in Baden-Württemberg werfen Innenminister Thomas Strobl (CDU) „katastrophale Pannen“bei der Auswahl von abgelehnten Asylbewerbern für die Abschiebung nach Afghanistan vor. Bei dem Dissens geht es um einen Familienvater und einen offensichtlich kranken Mann, deren Abschiebungen die Gerichte am Mittwoch kurzfristig ausgesetzt hatten. Die Grünen im Landtag beantragten, das Thema „mangelnde Sorgfalt und unzureichende Einzelfallprüfungen des Innenministeriums bei Abschiebungen nach Afghanistan“am 7. März im Koalitionsausschuss zu besprechen. Das Innenministerium wies die Vorwürfe zurück.
Der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen im Landtag, Uli Sckerl, sagte: „Wir haben in der Koalition vereinbart, dass das Land sich bei Rückführungen auf Straftäter und alleinreisende Männer konzentriert.“Abschiebungen von Familienvätern und Schwerkranken gingen gar nicht. Insgesamt wurden am Mittwochabend vier Männer, die in BadenWürttemberg lebten, nach Kabul geflogen. Auch das Staatsministerium hat Gesprächsbedarf. Es sei unabdingbar, dass die gemeinsamen Kriterien für Abschiebungen eingehalten würden, sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet. Gerade bei Afghanistan müsse wegen der prekären Sicherheitslage jeder Einzelfall mit größter Sorgfalt geprüft werden.
Ein Sprecher von Innenminister Strobl sagte zu den Vorwürfen der Grünen: „Die Einzelfallprüfungen finden sorgfältig und rechtsstaatlich statt. Die vorgesehenen und vorgenommenen Abschiebungen sind von den Vereinbarungen innerhalb der Landesregierung absolut gedeckt.“ Strobl selbst verteidigte die Abschiebung von vier Männern am Mittwochabend. „Baden-Württemberg vollzieht weiter und mit Konsequenz Recht und Gesetz.“
Die Grüne Jugend, die Linke und der Flüchtlingsrat hatten die grünschwarze Landesregierung aufgefordert, sich wegen der Sicherheitslage in Afghanistan nicht an der Aktion zu beteiligen. Das lehnte aber auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ab. Unter anderem hatte sich Schleswig-Holstein nicht an der vom Bund organisierten Abschiebung beteiligt.