Hart in der Sache, milder im Ton
US-Präsident Donald Trump hat seine erste Rede vor dem Kongress gehalten
WASHINGTON - In deutlich versöhnlicherem Ton hat US-Präsident Donald Trump die Ecksteine seiner Politik untermauert. Trump rief Republikaner und Demokraten in seiner Rede vor dem Kongress in der Nacht zum Mittwoch dazu auf, zusammenzuarbeiten. Er wiederholte seine Wahlversprechen, Arbeitsplätze zu schaffen und eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen. Der Präsident unterstrich auch seine Verbundenheit zur Nato.
Kein Abschweifen, keine plötzlichen Poltereinlagen, keine verbalen Schüsse aus der Hüfte. Donald Trump hat sich ausnahmsweise strikt an ein Manuskript gehalten, er hat verlesen, woran seine Redenschreiber tagelang feilten. Bei seinem ersten Auftritt vor dem Kongress hat der US-Präsident bewiesen, dass er sowohl diszipliniert sein als auch gesetztere Töne anschlagen kann.
Keine Medienschelte
Vom Stil her war es der mildere Donald Trump, der da unter einem riesigen Sternenbanner stand, um zu den Senatoren und Abgeordneten beider Parlamentskammern zu sprechen. Statt gegen die Medien zu polemisieren oder düster von der Verwüstung des eigenen Landes zu reden, gab er den sonnigen Optimisten. Die Zeit für kleines Denken sei abgelaufen, die Zeit für belanglose Gefechte vorbei, sagte er. Von nun an lasse sich Amerika von seinen Hoffnungen leiten, statt sich von seinen Ängsten niederdrücken zu lassen.
Begonnen hat er damit, die Hassverbrechen der vergangenen Tage, von rassistisch motivierten Schüssen auf zwei indische Männer in einer Kneipe in Kansas City bis hin zum Umstürzen von Grabsteinen auf jüdischen Friedhöfen in St. Louis und Philadelphia, klipp und klar zu verurteilen. Später fand er beruhigende Worte für die nervösen NatoVerbündeten, nachdem er den Pakt noch im Wahlkampf als obsolet bezeichnet hatte. Entschieden unterstütze er eine Allianz, die durch die Bande zweier Weltkriege ebenso geschmiedet worden sei wie durch den Kalten Krieg, der den Kommunismus besiegte, sagte Trump. Wie schon zuvor forderte er die NatoPartner auf, ihre finanziellen Lasten angemessen zu tragen, allerdings ohne den üblichen drohenden Unterton. „Das Geld beginnt ja schon zu fließen. Sehr schön. Sehr schön“, fügte er in seinem charakteristischen Stakkato-Englisch an. So versöhnlich das alles klingen sollte – auf den nationalistischen Grundtenor hat auch der präsidialere Donald Trump nicht verzichtet. „Wir haben ein globales Projekt nach dem anderen finanziert, aber das Schicksal unserer Kinder in den Innenstädten von Chicago, Baltimore und Detroit ignoriert“, wetterte er ganz im Sinn seiner Devise „America first“. Als er von der forcierten Abschiebung illegal Eingewanderter sprach, sprach er von den „schlimmen Fingern“, die das Land verließen, während er diese Rede halte. Das Ministerium für Heimatschutz, kündigte er an, werde eine Sonderabteilung gründen, um sich dem Gedenken an Menschen zu widmen, die Straftaten illegaler Immigranten zum Opfer gefallen seien. „Wir geben denen eine Stimme, die von den Medien ignoriert worden sind.“
Als sich Trump an Carryn Owens wandte, die Witwe von William „Ryan“Owens, eines Ende Januar bei einer Kommandoaktion auf einen AlKaida-Ableger im Jemen getöteten US-Soldaten, war er der gütige Landesvater, der aufrichtig trauert. Während die Fernsehregie die Tränen der Frau zwei Minuten lang ohne jede Zurückhaltung in Großaufnahme zeigte, wurde sie im Saal mit stehenden Ovationen gefeiert. Darauf Trump in Anspielung auf die Länge des Beifalls: „Ryan schaut jetzt auf uns herunter. Und er ist sehr glücklich, weil er, wie ich glaube, gerade einen Rekord gebrochen hat.“
Jubelszenen, als der Präsident dafür warb, ein ehrgeiziges Infrastrukturprogramm in Angriff zu nehmen, neue Straßen, Brücken, Tunnel, Flughäfen „und Eisenbahngleise, die überall in unserem wunderschönen Land schimmern werden“. Wie der Plan finanziert werden soll, erklärte er nicht. Und was konkret die von ihm zum Desaster gestempelte Gesundheitsreform Barack Obamas ersetzen soll, auch das behielt er für sich.