Freispruch für mutmaßlichen Schläger
Verhandlung vor Jugendschöffengericht: Opfer kann Täter nicht zweifelsfrei identifizieren
ELLWANGEN - Ein 21-jähriger Azubi aus Wasseralfingen hat sich am Montag vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Ellwangen wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten müssen. Der junge Mann soll gemeinsam mit Freunden einen 21-Jährigen brutal zusammengeschlagen und -getreten haben. Das Opfer der Prügelattacke, ein trainierter Kampfsportler, zog sich dabei unter anderem eine offene Nasenbeinfraktur zu und verlor drei Zähne. Der Prozess endete trotzdem mit einem Freispruch. Das Opfer konnte den Schläger am Montag nicht identifizieren.
Die Attacke auf den 21-jährigen Elektroniker-Azubi hatte sich im Februar des vergangenen Jahres zugetragen. Bei der sogenannten Blaulichtparty in Fachsenfeld war der junge, durchaus kräftige Mann in eine Schlägerei verwickelt worden. Bis zu 15 Mann sollen vor der Halle mehr oder weniger unvermittelt auf ihn losgegangen sein. Erst habe er, laut Anklageschrift, Faustschläge gegen den Hinterkopf kassiert. Dann einen Schlag ins Gesicht – vermutlich ausgeführt mit einem Schlagring. Als er am Boden lag, soll so lange auf ihn eingeschlagen und -getreten worden sein, bis er sich nicht mehr bewegte. Für den finalen Tritt in seine Flanke soll einer der Angreifer sogar noch Anlauf genommen haben.
Die Verletzungen des jungen Mannes waren am Ende so schwerwiegend, dass er nach einer ersten ambulanten Versorgung zur weiteren Behandlung in die Gesichtschirurgie nach Stuttgart gebracht werden musste. Wie der ElektronikerAzubi am Montag vor Gericht erklärte, leide er noch heute unter den Folgen der Attacke. Seine mittlerweile überkronten Zähne schmerzten oft, die Nase müsse vermutlich nochmal operiert werden. Dabei habe er damals noch großes Glück gehabt. Es habe zunächst auch der Verdacht auf eine Gehirnblutung bestanden; dieser Verdacht bestätigte sich dann nicht. „Mein Arzt hat mir gesagt, dass mich mein Kampfsporttraining vermutlich vor Schlimmerem bewahrt hat. Mein Körper ist es gewohnt, Schläge einzustecken“, führte er aus.
Facebook-Recherche des Opfers führt zur Anzeige
So unzweifelhaft schwer die Verletzungen waren, die dem jungen Mann bei der Faschingsparty zugefügt worden waren, so zweifelhaft und vage blieben am Montag allerdings seine Angaben zum möglichen Täter. Vor der Polizei hatten er und sein Begleiter noch den 21-jährigen Wasseralfinger als Haupttäter bezichtigt. Er sei es „zu 100 Prozent“gewesen, hatten die jungen Männer einige Tage nach der Tat zu Protokoll gegeben. Wie sich nun in der Verhandlung herausstellte, hatten die beiden Männer in der Nacht aber überhaupt nicht gesehen, wer die Schläge ausgeführt hatte, sondern waren offenbar erst nach einer intensiven Facebook-Recherche auf den 21-Jährigen als möglichen Täter gekommen. Mit ihm hatten die beiden Freunde bereits eine Woche zuvor, bei einer Party in Abtsgmünd, einen handfesten Streit.
Angeklagter schiebt Anzeige auf Ausländerhass
Der Angeklagte räumte den Zoff bei der Party in Abtsgmünd ein. Allerdings hätten nicht er und seine Freunde Streit gesucht. Vielmehr habe der 21-Jährige „Stress“gemacht. Unter anderem habe er ihn bei dieser Party als „Scheiß-Asylant“beleidigt und ihn dann auch noch zwischen die Beine getreten, so der Angeklagte. Eine Woche später habe er den 21Jährigen dann in der Tat bei der Blaulichtparty in Fachsenfeld wiedergesehen; es habe „provozierende Blicke“zwischen den Männern gegeben, aber zu einer Schubserei oder gar Schlägerei sei es an dem Abend nicht gekommen. Vielmehr hätten er und seine drei Freunde die Party frühzeitig, noch vor Mitternacht, verlassen und damit gut zwei Stunden vor der folgenschweren Prügelei. „Ich habe an dem Abend überhaupt nichts gemacht. Hätte ich es getan, würde ich das zugeben. Aber ich war das nicht“, versicherte der Delinquent auf der Anklagebank, der mutmaßte, dass das 21-jährige Prügelopfer schlicht und einfach „Hass schiebt“auf Menschen wie ihn, die ausländisch aussehen. Denn: Er habe sich das Facebookprofil des 21-Jährigen zwischenzeitlich auch mal angeschaut und das komme „ziemlich rechts rüber“.
Die Urteilsfindung ging am Ende ganz flott. Staatsanwaltschaft, Verteidigung und auch das Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Dorothea Keck sprachen den 21Jährigen aufgrund der Beweislage vom Tatvorwurf frei. Die beiden Hauptbelastungszeugen seien in der Verhandlung „weit entfernt von einer zweifelsfreien Identifizierung des Täters “gewesen, unterstrich Keck. Gleichwohl setzte die Richterin noch hinzu, dass sie hoffe, dass der Angeklagte „tatsächlich“nichts mit der Tat zu tun habe. Denn fraglos sei das Opfer „sehr übel“zugerichtet worden. Es sei nur einem glücklichen Umstand zu verdanken, dass der 21-Jährige heute noch lebe, so Keck.