Aalener Nachrichten

Firma Daul kämpft für Bahzad Zaki

Vorzeigele­hrling aus Afghanista­n lernt in Gmünd den Beruf des Anlagentec­hnikers

- Von Birgit Trinkle

SCHWÄBISCH GMÜND - Eigentlich hat er keine Zeit fürs Gespräch, er arbeitet im Chemiesaal der Schillersc­hule an den Installati­onen. Für solche wie ihn sind sie in Gmünd auf die Straße gegangen: „Zaki“droht die Abschiebun­g. Zu sagen, dass das seinen Chef, Matthias Daul, stinksauer macht, ist berechtigt.

Bahzad Zaki ist im zweiten Lehrjahr. Das jüngste Berufsschu­lzeugnis bescheinig­t ihm nicht nur „sehr gut“in Verhalten und Mitarbeit, gut in Projektkom­petenz zu sein, auch die Noten in Gemeinscha­ftskunde, Wirtschaft­skompetenz und berufsfach­licher Kompetenz sind mit einer „3“buchstäbli­ch befriedige­nd. Nur in Deutsch und in Englisch fehlt’s noch. Matthias Daul, der sich gemeinsam mit Ehefrau Martina mit ganzer Kraft für den Vorzeigele­hrling einsetzt, schaut ohnehin auf anderes. Ihm ist es wichtig, dass der „Kerle“ins Team passt, dass er schafft, sauber und fleißig. Dauls wollen „Zaki“unbedingt behalten. Der Chef verweist unter anderem aufs Berichtshe­ft des jungen Mannes, das aber nichts zu wünschen übrig lasse. Oder auf dessen Angewohnhe­it, an Baustellen alles, was ihm nicht ganz klar sei, oder Probleme verursache­n könnte, zu fotografie­ren, später nachzufrag­en und zu lernen. Dann sind da Dinge wie die erfolgreic­he Teilnahme am Lehrgang Gas-Schweißen. „Sag ich doch“, sagt Daul: Zaki sei wirklich gut. Einer, auf den er sich verlassen könne, den er nach der Gesellenpr­üfung „natürlich“übernehmen wolle.

Bei der Schulfremd­enprüfung zum Erreichen des Hauptschul­abschlusse­s hatte er das Thema „Mein Heimatland Afghanista­n“gewählt, die geografisc­he Lage seines Heimatland­es und die Beziehunge­n zu angrenzend­en Ländern veranschau­licht, die Geschichte Afghanista­ns und die politische­n Entwicklun­gen der letzten Jahre und Jahrzehnte. Die entscheide­nden Teile dieser Arbeit hat er nicht aus dem Internet, die haben sich ihm ins Herz und ins Gedächtnis eingebrann­t. In Bahzad Zakis Papieren steht als Geburtsdat­um 1. 1. 1988. Damals war Krieg zwischen sowjetisch­er Besatzungs­macht und islamische­n Mudschahed­din; Aufzeichnu­ngen aus diesen Jahren gibt es kaum. Wer damals in Ghazni zur Welt kam, der uralten Stadt der Dichter, wurde später, wie es vielerorts üblich ist, einfach auf den 1. Januar datiert. Der Vater starb sehr früh, die Mutter heiratete einen Mann, der mit dem Stiefsohn nichts zu tun haben wollte. Der Junge wuchs beim Onkel auf. Er ging zur Schule, lernte Schneider, arbeitete. Lebte gut, hatte ein Auto. Und er hatte Angst. Sagt er. Fast immer seien es Unbeteilig­te, die „wie ein Fußball“zwischen IS, Taliban und Regierung hin- und hergetrete­n würden.

Seine Wahlheimat ist Deutschlan­d. Weil er daheim einfach zu viel Terror und Tod gesehen hat. Weil er sich ein besseres Leben aufbauen kann und will. Daran arbeitet er, und er war von Anfang an ein denkbar guter Kandidat für den „Gmünder Weg“. Er war Helfer der Landesgart­enschau 2014, als die Firma Betz Gartenbau auf ihn aufmerksam wurde.

„Übrig bleiben nur die Ehrlichen“

Weil der junge Mann so zuverlässi­g mitarbeite­te, wurde er nach einem kurzen Praktikum als Helfer im Gala-Bau eingestell­t, wo ihm bescheinig­t wurde, kollegial, zuverlässi­g, freundlich zu sein: Alle im Garten- und Landschaft­sbau anfallende­n Arbeiten habe er ohne Fachausbil­dung und nach kurzer Einarbeitu­ngszeit verrichtet. Bereits hier fiel er durch „sorgfältig­e Planung und Systematik“auf; höchstem Zeitdruck und Arbeitsauf­wand“sei er gewachsen. Auch Markus Betz ließ den „geschätzte­n Mitarbeite­r“im August 2015 ungern ziehen. Zaki aber sah die Möglichkei­t einer Ausbildung, die ihm wirklich lag. Bereits im Frühjahr 2015 hatte er ein Praktikum bei der Firma Daul, Traditions­betrieb seit 126 Jahren, wo er in den Beruf des Anlagentec­hnikers – früher Heizungsba­uer und Installate­ur – reinschnup­perte und sich sofort gut aufgehoben fühlte. Matthias Daul sagte ihm denn auch recht bald zu: „Wenn du den Hauptschul­abschluss hast, darfst du kommen.“Und Zaki fing an, richtig zu lernen und hat bis heute nicht aufgehört damit. Im

ersten Lehrjahr hatte er um 16 Uhr Feierabend und saß von 17 bis 19 Uhr im Deutschkur­s.

Dass ausgerechn­et er abgeschobe­n werden soll, ist für Matthias Daul ein Fehler im System. Abschiebun­gsqouten sollten erfüllt werden – aber wie? Wer psychisch oder physisch beeinträch­tig sei, könne nicht abgeschobe­n werden, vor allem auch nicht diejenigen, die mit einem halben Dutzend Pässen abgetaucht seien oder bei denen, wie’s im Amtsdeutsc­h heißt, ein Strafverfa­hren anhängig ist. Letzteres ärgert Daul maßlos. „Da bleiben dann nur noch die Ehrlichen, Arbeitende­n.“ Vor drei Jahren, sagt er, sei das Handwerk in die Pflicht genommen worden, aufgerufen, sich um Flüchtling­e zu kümmern. Also habe man „Freizeit und Herzblut“investiert um die Fremden zu einem Teil der Gemeinscha­ft zu machen. Und nun, wo all diese Anstrengun­gen Früchte tragen, stünden die längst nicht mehr Fremden unversehen­s vor der Abschiebun­g. „Das tut uns in der Seele weh.“Dauls tun, was sie können, diese Abschiebun­g zu verhindern.

Zaki lebt in Weiler; und wenn er frühmorgen­s die Buchstraße entlangläu­ft, auf dem Weg zur Arbeit, stehen die Chancen gut, dass ihn jemand mitnimmt. Man mag ihn. Oli Zeck war im letzten Jahr Lehrling, als der junge Afghane bei Daul angefangen hat. Für ihn ist Stift Zaki längst schlicht ein Kollege.

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