Aalener Nachrichten

VfR Aalen: Nach dem Schock wächst der Kampfwille

Nach Hiobsbotsc­haft über Punktabzug kritisiere­n Verein, Sponsoren, Stadt und Fans Deutschen Fußball-Bund

- Von Jasmin Amend und Thorsten Vaas

AALEN - Verein, Sponsoren und Fans hat die Meldung des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) am Freitagabe­nd wie ein Schlag getroffen: Dem Fußball-Drittligis­ten VfR Aalen werden tatsächlic­h neun Punkte abgezogen, die Höchststra­fe für die vor wenigen Wochen angekündig­te Planinsolv­enz des Vereins. Doch spätestens das Spiel am Samstag hat deutlich gezeigt: Die Mannschaft lässt sich davon nicht verunsiche­rn. Alle Befragten geben sich zudem überzeugt: Der Verein ist stark genug, diese Strafe zu verkraften. Ganz nach dem Motto: „Jetzt erst recht.“

Die offizielle Nachricht vom Punktabzug kam am Freitag gegen 20 Uhr und schlug gleich ein wie eine Bombe. Dass der Punktabzug kommt, hatten natürlich viele befürchtet. So sehen es die Statuten in einem solchen Fall vor. Es gibt allerdings eine Möglichkei­t, die Strafe abzumilder­n, wenn beispielsw­eise der Hauptspons­or Insolvenz anmeldet. Auf diese Möglichkei­t hatte sich der Fußball-Drittligis­t von der Ostalb berufen – offenbar ohne Erfolg. In die Kritik geriet dann aber vor allem der Zeitpunkt der Bekanntgab­e durch den DFB.

„Ich bin schockiert, dass diese Mitteilung so kurz vor dem Spiel kommt, das hätten wir nicht vom DFB erwartet“, kritisiert Markus

Thiele, Geschäftsf­ührer des VfR Aalen noch am selben Abend. Ihn erreicht die Hiobsbotsc­haft beim Stadtwerke-Empfang in der Aalener Stadthalle. „Die Art und Weise ist schon befremdlic­h.“Durch den Punktabzug rutschte der VfR zunächst auf den vorletzten Tabellenpl­atz. Die Entscheidu­ng ist noch nicht rechtskräf­tig, der Verein kann Widerspruc­h einlegen. Und wird das aller Voraussich­t nach auch tun (siehe Zweitstück).

Sponsoren stehen hinter Verein

Ebenfalls am Freitagabe­nd kritisiert Präsidiums­mitglied Walter Höffner den ungünstige­n Zeitpunkt der Bekanntgab­e. „Ich halte es für unverschäm­t, das am Abend vor dem Spiel zu verkünden“, sagt er. Die Mitteilung über den Punktabzug hätte auch noch bis Montag gereicht. Dass die Strafe in dieser Höhe kommt, damit hätte man aber gerechnet. Dennoch ist Höffner überzeugt: „Die Mannschaft ist so stark, dass die das wegsteckt.“Optimistis­ch zeigt sich auch Aufsichtsr­atsmitglie­d Nikolaus Albrecht. Er hat den Punktabzug schon geahnt. Es sei nicht schön, aber der Verein werde das stemmen. „Das können wir wieder reinholen“, ist er überzeugt.

Zunächst überrascht wirkt am Freitagabe­nd bei der 150-Jahr-Feier der Stadtwerke Aalen Gastgeber

Cord Müller. „Es ist schade, dass der DFB die besondere Situation des VfR

nicht berücksich­tigt hat“, sagt Müller. Die Stadtwerke sind ein wichtiger Sponsor des Fußballclu­bs. Der Geschäftsf­ührer rät nun, nach vorne zu blicken: „Die Mannschaft ist motiviert und engagiert und wird trotz dieses Rückschlag­s ihren Weg machen“, sagt er. Die Entscheidu­ng habe er allerdings befürchtet: „Die Statuten des DFB sind ja eindeutig und man musste damit rechnen“, räumt Müller ein, „aber die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Hans-Peter Weber zeigt sich dagegen schockiert über den Punkteabzu­g. „Ich gehe davon aus, dass der VfR Einspruch einlegen wird und der DFB zur Besinnung kommt“, sagt der Vorstandss­precher der VR-Bank Aalen. Der DFB solle erkennen, dass nicht die Mannschaft schuld ist an der Planinsolv­enz, so der Banker, der kritisiert, dass die Nachricht über den Punkteabzu­g so kurz vor dem Spiel bekanntgeg­eben wurde: „Das ist völlig deplatzier­t.“Geknickt ist auch „Flex“Flechsler, Aalener Musiker und bekennende­r VfR-AalenFan. „Ich habe eine Dauerkarte und stehe bei fast jedem Heimspiel im Block C“, sagt Flechsler. Der Punktabzug trifft ihn hart: „Ich finde es schade, dass die Sportler jetzt das ausbaden müssen, was der Verein finanztech­nisch nicht hingekrieg­t haben.“Flechsler lobt die Unterstütz­ung, die Berndt-Ulrich Scholz dem Verein gegeben hat. „Es ist schade, dass das jetzt in ein unrühmlich­es Licht fällt.“

Einen Tag später sitzt der Schock immer noch tief, aber der Kampfeswil­le steigt bereits. So geht es kurz vor dem Anpfiff der Partie gegen Großaspach am Samstag auch Markus Schick aus Bartholomä. „Der Zeitpunkt ist schon unglücklic­h gewesen“, sagt der VfR-Fan, der zusammen mit Thomas Maier am Spielfeldr­and steht. Mit einem Punkteabzu­g für die Aalener hat Maier zwar gerechnet – aber nicht in dieser Höhe. Dennoch: „Ich traue der Mannschaft zu, dass sie es schafft und die Spieler sagen: ,Jetzt erst recht!‘.“

Fans im Stadion sind sauer

Von „ziemlich schlechten Nachrichte­n für den VfR“spricht Bernd Wicher aus Hüttlingen. Es sei typisch für den DFB, der „ein Exempel am VfR statuieren“wolle. Man habe immer das Gefühl, „dass der DFB uns in die Pfanne hauen und aus dem Profifußba­ll verdrängen will“.

Bei anderen Vereinen habe der DFB nach der Saison Punkte abgezogen, beim VfR nun aber zum zweiten Mal während der Saison, kritisiert

Werner Schulze vom Aalener RolliFancl­ub schwarz-weiß. Es habe den Anschein, „dass der DFB andere Vereine, die mehr Zuschauer anlocken oder attraktive­r sind, in der Liga sehen will“.

„Ich finde es sehr problemati­sch, dass man mit neun Punkten massiv in die laufende Saison eingreift, obwohl nachweisli­ch weder die Mannschaft noch die Führung etwas mit der Planinsolv­enz zu tun haben. Das sind Altlasten“, sagt Uwe Haidler. Für den Ellwanger ist der DFB eher gegen als für kleine Vereine. „Viele Fans empfinden das als Sauerei.“

OB verspricht Unterstütz­ung

Diejenigen, die an den Kampfgeist ihrer Mannschaft glaubten, sollten Recht behalten: Am Samstagnac­hmittag gewinnt der VfR Aalen zu Hause mit 2:0 gegen Sonnenhof Großaspach. Darüber freut sich auch

Winfried Mack, Ehrenratsm­itglied des Vereins. „Das Team hat die sportliche Herausford­erung angenommen und gemeistert“, lobt er nach Ende des Spiels. Er findet es dennoch bedauerlic­h, dass der Mannschaft die neun Punkte aberkannt wurden, denn „der VfR Aalen strengt sich sportlich enorm an“. Dass auf das Sportliche auch noch die Vereinssac­he draufgeleg­t werde und dann auch noch in dieser Härte, findet Mack schade.

Deutliche Worte findet Aalens Oberbürger­meister Thilo Rentschler nach dem 2:0-Sieg: „Das war die beste Antwort auf den Abzug von neun Punkten, sich jetzt wieder drei Punkte zu holen“, freut sich Rentschler, der die zweite Halbzeit des Spiels live im Stadion mitverfolg­t hat. „Die Mannschaft hat unter Beweis gestellt, dass sie sich nicht unterkrieg­en lässt, sondern im Gegenteil den Punktabzug wegsteckt.“

Die Mannschaft hat unter Beweis gestellt, dass sie den Punktabzug wegsteckt“, freut sich Aalens OB Thilo Rentschler nach dem Sieg gegen Großaspach.

Weil die Mannschaft seit einiger Zeit sportlich hervorrage­nde Leistungen zeige, mache er sich auch keine Sorgen darüber, dass das bis zum Ende der Saison funktionie­rt – ein möglicher Abstieg ist für ihn kein Thema.

Diese positive Einstellun­g hat Rentschler auch im Stadion gespürt, „und darüber bin ich sehr froh“. Der Sieg kurz nach dieser Nachricht sei ein riesiger Ansporn nicht nur für den Verein, sondern auch für die Sponsoren und für die Stadt sowie ein starkes Zeichen an den Gemeindera­t, „dass es jetzt gut nach vorne geht“.

Nun müssten aber auch noch andere Dinge angegangen werden: „Sponsoren müssen verstärkt aktiviert, der Fußball im Jugendbere­ich breiter aufgestell­t werden“, sagt Rentschler. „Ich bin bereit, den Verein hierbei zu unterstütz­en.“Die neun Punkte Abzug seien schmerzhaf­t, aber „man darf sich nicht zu lange damit aufhalten“.

Allerdings bezweifelt Rentschler die Sinnhaftig­keit der DFB-Statuten in diesem Punkt: „Diese Regel ist nicht einleuchte­nd, nicht gerecht und auch nicht notwendig.“Er verstehe nicht, dass man bei finanziell­en Problemen ausgerechn­et die Mannschaft, den Trainer und letztendli­ch auch das Publikum bestrafe. „An der finanziell­en Situation ändert das ohnehin überhaupt nichts.“

„Ich halte es für unverschäm­t, das am Abend vor dem Spiel zu verkünden“, sagt Präsidiums­mitglied Walter Höffner am Freitagabe­nd.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Nach dem 2:0-Sieg des VfR Aalen gegen Sonnenhof Großaspach am Samstag ist die Erleichter­ung groß: Die Mannschaft hat sich vom Neun-PunkteAbzu­g durch den DFB nicht beirren lassen, eher im Gegenteil.
 ?? FOTO: THORSTEN VAAS ?? Es habe den Anschein, „dass der DFB andere Vereine, die mehr Zuschauer anlocken oder attraktive­r sind, in der Liga sehen will“, sagt Werner Schulze (links) vom Rolli-Fanclub schwarz-weiß, der zusammen mit Fabian Haidler (Mitte), dessen Vater Uwe und Carola Strobel sowie ihrer Mutter Eva (dahinter) das Spiel verfolgt hat.
FOTO: THORSTEN VAAS Es habe den Anschein, „dass der DFB andere Vereine, die mehr Zuschauer anlocken oder attraktive­r sind, in der Liga sehen will“, sagt Werner Schulze (links) vom Rolli-Fanclub schwarz-weiß, der zusammen mit Fabian Haidler (Mitte), dessen Vater Uwe und Carola Strobel sowie ihrer Mutter Eva (dahinter) das Spiel verfolgt hat.

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