Land regelt Regionalverkehr neu
Einheitlicher Tarif soll Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfacher machen
STUTTGART - Ab Dezember 2018 sollen Fahrten mit Bussen und Bahnen quer durch den Südwesten einfacher werden. Dann beginnt das Land damit, einen Baden-Württemberg-Tarif einzuführen. Das Verkehrsministerium in Stuttgart arbeitet seit der grün-roten Regierungszeit an einem einheitlichen Landestarif für Fahrten im Regional- und Nahverkehr. Hier ein Überblick, was sich ändern soll:
Worum geht es?
In Baden-Württemberg gibt es 22 Verkehrsverbünde – so viele wie nirgends sonst. Ihre jeweilige Struktur in Zonen und Waben ist, gerade für gelegentliche Nutzer und solche aus anderen Teilen des Landes, oft kompliziert und ihre Tickets gelten nur in ihrem jeweiligen Betriebsbereich. Diese Eingrenzung soll aufgehoben werden.
Welchen Vorteil bringt der BWTarif?
Künftig wird es möglich sein, ein einziges Ticket zu lösen, das für die Fahrt von der Haltestelle vor der Haustür bis zur Haltestelle am Zielort gültig sein wird. Ein Beispiel: Wer zu einem VfB-Spiel etwa von Tettnang nach Bad Cannstatt fahren will, muss zunächst Bus, dann Regionalbahn und in Stuttgart Straßenbahn fahren. Bisher muss der Reisende für jeden Abschnitt ein gesondertes Ticket kaufen. Künftig gilt: Eine Fahrt – ein Ticket.
Gibt es das nicht schon im Land unter dem Namen Baden-Württemberg-Ticket?
Nein. Das Baden-Württemberg-Ticket der Bahn ist ein Tagesticket mit Festpreis. Der BW-Tarif rechnet Fahrten genau ab. Zudem ist das Tagesticket erst ab 9 Uhr gültig und damit nicht zur morgendlichen Hauptverkehrszeit.
Wie wird die Fahrt berechnet?
Der BW-Tarif gilt ab Dezember 2018 für die Fahrt von einem Bahnhof bis zur gewünschten Zielhaltestelle, egal wo sich diese in einer Gemeinde befindet. Das ist die erste Stufe. Ist der Tarif ab 2021 voll eingeführt, sind die Tickets vom Abfahrts-bis zum Zielort gültig – ganz egal, an welcher Bus-, Straßenbahn-, oder Zughaltestelle der Fahrer aus- und einsteigt. Der jeweilige Verbund ist im Ticket integriert.
Wird das teurer oder günstiger als bisher?
Kommt darauf an. Wer nur mit dem Zug von Bahnhof zu Bahnhof fährt, wird wohl etwas drauflegen müssen. Denn die Gesamtkosten, also auch die für die Anschlussfahrten im Nahverkehr, werden auf alle BW-Tarifnutzer umgelegt. Das Verkehrsministerium rechnet aber mit mehr Nutzern als bisher, weil das Angebot Fahrten mit Bussen und Bahnen einfacher machen soll. Der Umstieg von Auto auf öffentlichen Verkehr hilft dabei Umwelt und Klima, so das Ziel von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Das zusätzliche Geld durch mehr Nutzer diene dazu, die Tickets günstig zu halten.
Wo wird es Tickets für den BWTarif geben?
Beim Fahrkartenverkauf setzt das Land stark auf das Internet. Es wird E-Tickets geben, die Reisende etwa übers Handy kaufen können. Hier setzt das Verkehrsministerium auf Wettbewerb: Seit Februar läuft ein Lizenzierungsverfahren, um Tickets online verkaufen zu können. Rund 30 Interessenten aus dem In- und Ausland gibt es bereits. Auch weiterhin werde es den Verkauf am Schalter und am Automaten geben, sagt Verkehrsminister Hermann. Dann werde es auch möglich sein, an einem Automaten eines Verkehrsverbunds ein Ticket bis zum gewünschten Ziel zu lösen.
Es gibt also keine einheitliche App für den Ticketkauf?
Nein. Zum einen soll keine Konkurrenz zu den Verkehrsverbünden aufgebaut werden, die bereits ihre eigenen Apps haben. Zum anderen wird sich Qualität durchsetzen, so der Ansatz des Ministeriums. Wer den besten Service und die einfachste Bedienung bietet, wird vom Kunden genutzt werden.
Welche Rolle spielt das Land?
Die Landesregierung hat am Dienstag eine Baden-Württemberg-Tarif GmbH beschlossen. Sie soll Anfang 2018 gegründet werden und bis zu zehn Mitarbeiter umfassen. Die Gesellschaft soll Marketing, Controlling und Einnahmenaufteilung übernehmen. Getragen werden soll die GmbH vom Land und den Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die 22 Verkehrsverbünde werden über Kooperationsverträge eingebunden.
Entscheidet die GmbH auch über den Preis?
Nein, das tun die Verkehrsbetreiber miteinander. Die Basis soll zunächst der Regionalverkehrspreis der Deutschen Bahn sein, der bei etwa 20 Cent pro Kilometer liegt. Entwickeln soll sich der Preis für den BW-Tarif analog zu den Verbraucherpreisen.