Grindel schließt finanzielle Förderung aus
DFB-Präsident zu Gast im Kreis Biberach – Strukturelle Weiterentwicklung primär
UTTENWEILER - Die Verantwortlichen und Spieler des SV Uttenweiler werden beim Länderspiel zwischen Deutschland und England sicherlich ganz genau hingesehen haben. Doch galt ihre größte Aufmerksamkeit nicht etwa den spielerischen Raffinessen der Kicker oder dem letzten Auftritt von Lukas Podolski, sondern vor allem Reinhard Grindel – speziell dem Revers seines Sakkos. Hier hofften sie ihr Vereinswappen zu entdecken, genauer gesagt die Anstecknadel, die sie dem DFB-Präsidenten am Abend zuvor übergeben hatten.
„Ich weiß zwar nicht, was meine Marketing-Mitarbeiter dazu sagen, aber ich werde versuchen, sie morgen zu tragen“, hatte Grindel am Ende der über zweistündigen Diskussionsveranstaltung versprochen. Vorangegangen war ein Abend, der sich vor allem um die aktuellen Probleme des DFB und seiner Basis drehte. Denn derzeit rumort es in Kreisen der Amateurvereine. Viele fühlen sich von ihren Vertretern nicht gehört, haben finanzielle Probleme und fordern mehr Unterstützung von ihrem Präsidenten. Auch deshalb war dieser der Einladung des Vereins und des Bundestagsabgeordneten für den Kreis Biberach, Josef Rief (CDU), gefolgt – um die Basis zu motivieren und Hinweise zu bekommen, wie der DFB tätig werden könnte. Auch wenn beim SV Uttenweiler, wie der 1. Vorsitzenden Wolfgang Dahler betonte, „die Welt noch in Ordnung ist“.
Darauf, dass es auch andere Fälle gibt, wies Günter Liebmann hin. Das Vorstandsmitglied vom FV Olympia Laupheim regte einen Solidaritätsbeitrag aufgrund der Rekord-TV-Einnahmen der Bundesliga an die Amateure an, dem Grindel jedoch direkt einen Riegel vorschob. „Ein gutes Einvernehmen von Profis und Amateuren ist wichtig. Zudem haben wir die Unterstützung der Landesverbände gerade von fünf auf acht Millionen erhöht und werden es noch einmal machen, sobald der AdidasVertragt verlängert wurde.“Der finanzielle Austausch, der sich durch den Verkauf der Medienrechte ergebe, sei nicht das Entscheidende. Den wichtigeren Wert stellen ohnehin die Werbeeinnahmen durch Spots mit den Nationalspielern dar. „Daher ist es sinnvoll, im Grundlagenvertrag zwischen DFL und DFB nicht zu überziehen oder mit dem Vorschlaghammer auf die Profis einzuhauen und mehr Unterstützung zu fordern.“
Ein Anliegen, das sich vor allem auch Engelbert Kupka und die von ihm ins Leben gerufene Aktionsgemeinschaft „Rettet die Amateurvereine“(die „Schwäbische Zeitung“berichtete mehrfach, d. Red.) auf die Fahne geschrieben hat. Sie fordern eine höhere Ausgleichszahlung für die niederklassigen Amateurvereine sowie eine Anpassung des Verteilungsschlüssels im Grundlagenvertrag. Diesem Ansinnen sprach Grindel indirekt ab, unmittelbar für die Amateure zu sprechen. „Ich glaube, dass der bezahlte Amateurfußball, also die Regional- und Oberliga andere Probleme hat, als der Fußball an der Basis.“Eine direkte finanzielle Unterstützung lehnt Grindel strikt ab. „Unsere Aufgabe als DFB ist es nicht, den Vereinen, denen es nicht so gut geht, irgendwie unmittelbar Geld zu geben. Das wäre zudem Wettbewerbsverzerrung. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen das Ehrenamt gut ausgeübt werden kann.“Durch Online-Schulungen und -hilfen sei bereits einiges erreicht, um die Organisation des Spielbetriebs zu erleichtern und Kosten zu senken. Dennoch sei wichtig, dass die Schere nicht zu weit auseinander gehe.
Um dies zu gewährleisten, sei vor allem das Geld aus dem DFB-Pokal, die Unterstützung der DFB-Stützpunkte sowie die Ausbildungsentschädigung entscheidend. In Bezug auf letztere sei man mit der Liga in Gesprächen. Doch bedeuten die angedachten Veränderungen vor allem eine Unterstützung der Elite-Vereine, keine der untersten Ligen, wo die Probleme am größten scheinen.
Vor allem wurde Grindel aber nicht müde, die herausragende Stellung des Themas Ehrenamt zu preisen. „Wo sie ausreichend Ehrenamtler, ein breites Engagement haben, da geht es den Vereinen gut“, formulierte er. Oder auch: „Mit einer reinen Dienstleister-Mentalität werden wir nicht weiterkommen“. Eine weitere Variante: „Wir werden niemals den Wettlauf gegen bezahltes Engagement gewinnen, deshalb müssen Sie Selbstdisziplin beweisen und sich verweigern.“Nur so sei die langfristige Zukunft der Vereine garantiert.
Zur jüngsten Entwicklung beim DFB – der Steueraffäre um das Sommermärchen 2006 – und der drohenden Millionen-Nachzahlung meinte Grindel: „Die Umstände, auch um die Aufklärung, belasten natürlich sehr. Es ist überhaupt nicht in Ordnung, was passiert ist, aber das Geld war auf jeden Fall absetzungsfähig“. Daher rechne er nicht mit Konsequenzen. „Es ist ganz entscheidend heutzutage, dass wir anständig durchs Leben gehen, sonst verlieren wir Integrität – auch deshalb bewerben wir uns um die EM 2024.“