Gerhaher singt, Walser liest
Hier zeigt sich der Jubilar von einer anderen Seite: Martin Walser hat bereits im Jahr 2011 auf Anregung von Christian Gerhaher eigene Zwischentexte zum Liederzyklus „Die schöne Magelone“von Johannes Brahms verfasst. Nach gemeinsamen Auftritten des Sängers, der Vorbehalte gegenüber der verschlungenen Sprache von Tieck gehabt hatte, und des Autors, der begeistert ist von der Liedkunst von Gerhaher und seinem Klavierpartner Gerold Huber, sind die drei Herren ins Aufnahmestudio des Bayrischen Rundfunks gegangen.
Ludwig Tiecks „Wundersame Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter aus der Provence“ist ein Ritterroman aus alter Zeit, eine Liebesgeschichte voller unglaublicher Wendungen mit – natürlich – glücklichem Ausgang. Nicht so sehr die Erzählung als diese darin enthaltenen „Romanzen“hatten es dem Komponisten Johannes Brahms angetan. 15 hat er vertont und zu einer Art Liederzyklus verbunden, doch braucht es, um die Geschichte zu verstehen, die Rahmenhandlung dazu. Tiecks weitschweifige, altertümliche Sprache machte es dem Hörer immer etwas schwer.
Martin Walser hat daher den Text gestrafft, umgeschrieben, sacht ironisiert und bleibt doch beim Volkston der Erzählung, die den Protagonisten auf den Irrungen und Wirrungen ihres Lebensweges folgt. Seine alemannische Sprachmelodie ist auf der CD ebenso eingefangen wie sein leises Schmunzeln über die wundersame Geschichte.
Musikalisch bleiben beim Liedduo Gerhaher/Huber sowieso keine Wünsche offen: Vorwärtsdrängende „ritterliche“Lieder, schwärmerische Innigkeit, Glück und Verzweiflung verbinden sich. Die Textdeutlichkeit des Sängers, die Farben seines facettenreichen Baritons und der vielschichtige Klaviersatz, der unter den Händen von Gerold Huber verblüffend leicht klingt, tun dieser Einspielung der „Schönen Magelone“wunderbar gut.