Wenn das Herz plötzlich flimmert
Wenige Minuten entscheiden über Leben oder Tod – Umgang mit Defibrillatoren ist kinderleicht
AALEN - Er ist klein und handlich, hängt in öffentlichen Gebäuden, Firmen, Vereinsheimen und Sportstätten und kann Menschenleben retten. Gemeint ist der automatisierte externe Defibrillator (AED). Im Jahr 2002 ist dieser vom DRK-Kreisverband im Ostalbkreis eingeführt worden. Und seit dieser Zeit konnten 20 Patienten vor dem plötzlichen Herztod bewahrt werden, sagt der DRK-Kreisausbildungsleiter Sebastian Rufner. Leider sei die Hemmschwelle, im Notfall das Gerät zu bedienen, nach wie vor noch groß. Um Menschen im Umgang mit dem Defibrillator zu schulen, hat der DRK-Kreisverband mit Unterstützung der AOK Ostwürttemberg und der Kreissparkasse Ostalb im Januar eine Aktion ins Leben gerufen und ist bis zum Ende des Jahres in zwölf Gemeinden des Kreises präsent.
Viele kennen die Szene aus Arztserien oder Filmen im Fernsehen: Ein Patient liegt auf dem OP-Tisch. Im Hintergrund ist das Piepsen der Überwachungsmonitore zu hören. Plötzlich ruft der Arzt das Wort „Kammerflimmern“. Blitzschnell setzt er die Elektroden auf die Brust des Patienten, den daraufhin ein Elektroschock durchzuckt. Nach mehreren Stromstößen bäumt sich der Patient auf. Sein Herz schlägt wieder. Vor der Mattscheibe sieht das alles dramatisch und kompliziert aus. Doch der Einsatz des Defibrillators ist auch für den Laien einfach zu handhaben, sagt Rufner. Dennoch würden sich viele Menschen im Ernstfall nicht trauen, diesen einzusetzen. Das Einzige, das man allerdings falsch machen kann, ist nichts zu machen, betont Rufner.
Herz wird „resettet“
Der automatisierte externe Defibrillator (AED), der einfach als Defibrillator oder kurz Defi bezeichnet wird, sei die einzige Möglichkeit, das sogenannte Kammerflimmern zu beseitigen, sagt Rufner. Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung, bei der das Herz plötzlich kein Blut mehr in die Arterien pumpt. Das heißt, es wird kein frischer Sauerstoff mehr transportiert. Stattdessen zuckt das Herz nur noch. Wenn die Betroffenen nicht rechtzeitig behandelt werden, sterben sie innerhalb weniger Minuten am plötzlichen Herztod. Der Defibrillator, der dem zitternden Herzen mittels zweier Elektroden einen Stromstoß verpasst, beendet das Kammerflimmern, das Herz wird sozusagen „resettet“.
Bei Herzrhythmusstörungen geht es für die Betroffenen um Sekunden, die über Leben und Tod entscheiden. Deshalb sollten Ersthelfer nach der Alarmierung des Rettungsdienstes über den Notruf 112 schnell reagieren und die beiden Elektroden des Defis rasch anbringen. Dessen Bedienung ist kinderleicht und nach dem Einschalten selbst erklärend, sagt Rufner. Eine Stimme, die ertönt, sagt dem Benutzer Schritt für Schritt, was er zu tun hat. Der Defibrillator prüft auch selbstständig den Herzrhythmus und entscheidet, ob eine Schockabgabe nötig ist. Erst nach der Anweisung, den Schock auszuführen, kann dieser an den Patienten abgegeben werden. Somit wird das Risiko eines überflüssigen Schocks ausgeschlossen.
„Der Defibrillator allein kann allerdings keine Wunder vollbringen“, sagt Rufner. Wichtig sei nach wie vor die Herzlungenwiederbelebung, wie man sie in Erste-Hilfe-Kursen lernt. Auch dabei werden die Ersthelfer per Sprachanweisung und die Vorgabe des Taktes unterstützt. Zentral sei vor allem die Herzdruckmassage, die nach Möglichkeit durch eine Beatmung, etwa Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase, ergänzt werden sollte. Folgender Rhythmus wird empfohlen: 30 Mal drücken und danach zweimal beatmen.
Seit der DRK-Kreisverband die ersten Defibrillatoren im Ostalbkreis eingeführt hat, konnte dadurch 20 Menschen das Leben gerettet werden, sagt Rufner, der jahrzehntelang selbst im Rettungsdienst aktiv war. Wird der Defi innerhalb von ein bis zwei Minuten eingesetzt, stünden die Chancen gut, dass Betroffene dies, ohne eine Schädigung davonzutragen, überleben. Viele könnten bereits beim Eintreffen des Rettungsdienstes wieder selbstständig atmen und seien ansprechbar. Als es noch keine Defis gab, seien viele vor dem Eintreffen des Rettungswagens vor Ort verstorben.
Für Menschen, die diese Todeserfahrung gemacht haben, sei es nur schwer, über das Erlebte zu sprechen, sagt Rufner. Viele seien traumatisiert. Der plötzliche Herztod kann jeden treffen, weiß der Kreisausbildungsleiter. Auch jüngere Menschen seien davor nicht gefeit. Oft treffe es auch wahre Sportskanonen, die keinerlei Vorerkrankung gehabt haben, sagt Rufner und erinnert sich an drei Menschen, die beim Sport umgekippt sind, weil das Herz plötzlich aufgehört hat, zu funktionieren. Aus diesem Grund würden mittlerweile auch viele Vereine in ihren Hallen oder Sportstätten über einen Defi verfügen. Diese könnten meist nur durch die Unterstützung von Sponsoren angeschafft werden.
Hilfsbereitschaft ist nicht sehr groß
Sponsoren sind meistens Banken, Firmen oder Privatpersonen. Oft sind die ortsansässigen Banken oder Sparkassen neben dem Sponsoring auch bereit, die AEDs im SB-Bereich aufhängen zu lassen. „Vorteile sind, dass das Gerät in einem videoüberwachten und warmen Bereich hängt, was wichtig für die Haltbarkeit der Batterie und der Klebeelektroden ist“, sagt Rufner.
Für Ortschaften, in denen es keine Bankfilialen gibt, besteht die Möglichkeit, die Defis in einer Box vor einem Gebäude aufzuhängen. „Hierfür benötigt man aber einen Stromanschluss, da in dieser Box eine Heizung ist, welche die Temperatur nicht unter plus zehn Grad sinken lässt“, erklärt Rufner.
„Ein zentrales Anliegen des DRKKreisverbandes ist es, Menschen dafür zu sensibilisieren, dass Erste Hilfe nicht schwer ist. Jeder kann in die Situation kommen, in der er auf Ersthelfer angewiesen ist“, betont Rufner, für den es nach wie vor erschreckend ist, dass die Hilfsbereitschaft in Deutschland gerade einmal bei 18 Prozent liege. In Skandinavien und den Niederlanden seien es 60. „Und das sollte uns schon zu denken geben.“
„Der Defibrillator allein kann allerdings keine Wunder vollbringen“, sagt Sebastian Rufner.