Aalener Nachrichten

Von jedem ein bisschen

Im Goldrain führt Olga Krause einen internatio­nalen Tante-Emma-Laden

- Von Beate Gralla

ELLWANGEN - Es gibt ihn noch, den kleinen Tante-Emma-Laden. Oben im Goldrain, mit großem Angebot auf kleiner Fläche. Supermärkt­e würden sich mit 160 Quadratmet­ern gar nicht erst abgeben, Olga Krause schon. Und sie hat Erfolg.

Das Sortiment macht’s. Das Sortiment in Olgas Laden, so heißt er, ist internatio­nal mit Schwerpunk­t ehemaliger Ostblock. Dosen mit weißen Bohnen oder Würzmischu­ngen für die Rote-Beete-Suppe Borschtsch haben kyrillisch­e Aufschrift­en. Hinterm Obst und Gemüse lehnen Ikonen an der Wand. In einem Teil ihres Geschäfts verkauft Olga Krause festliche Abendmode, aber auch praktische Kleidung. Weiche Schuhe für die Omis, die keine 50 Euro übrig haben, sagt ihre Tochter Veronika Richard. Hier finden sie ein Paar für 20 Euro.

Auch wenn viele Lebensmitt­el in kyrillisch­en Lettern beschrifte­t sind, produziert wird das meiste in Deutschlan­d, sagt Veronika Richard. Nur die Süßigkeite­n kommen direkt aus Russland. Richard hat einen Mini-Job im Laden ihrer Mutter, ist im Moment aber in Elternzeit. Trotzdem ist sie viel hier. Das Baby mag den Brummton von der Kühltheke.

Freitags kommt der Fischmann

Olgas Laden ist eine Anlaufstel­le im Goldrain. Für die Älteren, die nicht mehr so leicht in die Stadt kommen, auch wenn inzwischen der Stadtbus durch alle Straßen fährt. Für sie gibt es frisches Obst und Gemüse, das Olga Krause einmal in der Woche vom Großmarkt in Stuttgart holt. Sie fährt zum Schlachtho­f und holt Fleisch. Freitags kommt der Fischmann.

1992 ist Olga Krause nach Deutschlan­d ausgewande­rt. Damals hieß sie noch Olga Ganser. In Kirgistan war das Leben extrem, es gab keine Lebensmitt­el mehr, überall war Krieg, erinnert sie sich. Eltern, die Verwandsch­aft, alle waren schon nach Deutschlan­d ausgewande­rt. Schließlic­h hat auch die damals 29Jährige die Ausreise beantragt. Im Sprachkurs in Unterschne­idheim hat sie ihren Mann kennengele­rnt, deutschstä­mmig wie sie. Die Tochter wurde schon in Ellwangen geboren.

Olga Krause ist Kauffrau von Beruf. Den Laden im Goldrain zu übernehmen, war immer ihr Traum. Dort hat sie anfangs nur gearbeitet, dann war sie bei der Varta. Jetzt gestaltet sie den Laden um. „Das ist kein KleinRussl­and. Wir sind internatio­nal“, betont sie. Und kundenfreu­ndlich. Sucht einer nach einer bestimmten Wurst, versucht Olga Krause, einen Lieferante­n dafür zu finden. Bei Olga Krause kaufen Russen, Kroaten, Rumänen, Bulgaren, Türken und Schwarzafr­ikaner ein. Sie fragen auch gerne, was man mit den Lebensmitt­eln machen kann, die sie nicht kennen, und probieren das aus.

Die Kunden kommen aus dem Viertel, reisen aber auch aus Nördlingen, Crailsheim oder Schwäbisch Gmünd an. Neulich war ein ganzer Bus mit Seniorinne­n da, die sich mit Kleidern und Schuhen eingedeckt haben. Im Goldrain fühlen sich Mutter und Tochter wohl. „Es ist ruhig hier“, sagt Veronika Richard. Kindergart­en, Schule, Krankenhau­s, alles ist in der Nähe.

Dass sich Olgas Laden halten kann, ist eigentlich ein Wunder. Überall sonst haben die Supermärkt­e mit ihren niedrigen Preisen den Tante-Emma-Läden den Garaus gemacht. Wie sie das schafft? „Wir sind ein bisschen billiger“, sagt Olga Krause. Außerdem dürfte die Vielfalt kaum zu toppen sein. Von allem ein bisschen, ist das Motto. In der Kühltheke steht neben Milch auch Kuchen, Kaviar und Pasteten, Sauerkraut von mild bis scharf oder eingelegte Pilze. Und wer’s gerade braucht, kann auch noch eine Wanduhr oder eine Vase mitnehmen.

„Wir haben einen guten Ruf“

Besondere Verkaufssc­hlager gibt es nicht: „Alles geht.“Aber es gibt Sachen, die müssen immer da sein. Körniger Frischkäse zum Beispiel oder Teigtasche­n und rote Beete. „Wir haben einen guten Ruf“, sagt Olga Krause, die großen Wert auf Sauberkeit legt. Als sie den Laden übernommen hat, war das noch nicht so. Aber das hat die Kauffrau schnell geändert.

Zweimal im Jahr gibt’s ein Kundenfest. An Weihnachte­n kam der Weihnachts­mann mit seiner Enkelin, dem Schneemädc­hen. Im Sommer wird draußen gegrillt, damit die Kunden probieren können. Und zum Ellwanger Frühling am 25. und 26. März gibt es einen Lagerverka­uf im Zelt vor dem Laden. „Damit wieder Platz für frische Ware ist.“

Ginge es nach Olga Krause, dürfte der Laden gerne etwas größer sein. Eine Renovierun­g von außen wäre auch nicht schlecht. Eine Erweiterun­g wäre schwierig, sagt Egon Bertenbrei­ter, Chef der Ellwanger Baugenosse­nschaft. Ihr gehört der Laden. Aber wenn die Stellplätz­e für die Dalkinger Straße 50 und die Goldrainst­raße 3 a und b gebaut sind, werden die Fassaden der Häuser Stettiner Straße 4,6 und 8 und dann auch in der Stettiner Straße 1 a,b und c gestrichen. Und bei diesen Maßnahmen ist auch der internatio­nalste Tante-Emma-Laden von Ellwangen dabei.

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FOTO: GR Olga Krause mit ihrer Tochter Veronika Richard im internatio­nalen Tante-Emma-Laden im Goldrain.

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