„Wir sind froh, dass du hier bist“
Kindheitspädagogin Amelie Matzik und ihr Team betreuen Kinder der LEA
ELLWANGEN - Seit die LEA vor zwei Jahren eröffnet worden ist, leitet Kindheitspädagogin Amelie Matzik die Kinderbetreuung. Weil die meisten Familien länger in der LEA bleiben, haben sich die Anforderungen an die Leiterin und ihr Team aus Erzieherinnen, Jugend- und Heimerzieherinnen geändert. Geblieben ist eine ebenso schöne wie anstrengende Aufgabe: „Meine Arbeit bereichert mich und hat mich demütiger gemacht.“
Die Zeiten der Überbelegung in der Kinderbetreuung der LEA sind vorbei: „Während der Hochphase im Sommer 2015 waren 1200 Kinder auf dem Gelände, von denen 80 bis 100 täglich betreut wurden. Wir waren zu dritt. Heute betreuen drei Vollzeitund drei Teilzeitkräfte im Schnitt 30 bis 40 Kinder.“Aber auch die fordern das Team.
Um kurz vor halb zwei wird Amelie Matzik schon sehnsüchtig erwartet: „Machst du heute wieder Cinema?“, fragt ein kleines Mädchen und zeigt stolz ihre Inliner, mit denen sie aber nur draußen fahren darf. Das Kinderkino, in dem DVDs gezeigt werden, ist sehr beliebt. Fünf Nationen sind an diesem Nachmittag versammelt: Kinder aus Nigeria, Mazedonien, Russland, Syrien und Kurdistan. Viele Mütter schicken ihre Kinder regelmäßig. „Rund 30 Prozent sind noch keine drei Jahre alt. Bei Kindern bis zu vier Jahren muss eine Aufsichtsperson mitkommen. Alle anderen können kommen und gehen, wie sie möchten“, erläutert die Pädagogin. Im Schnitt bleiben die Familien heute drei bis sechs Monate in der LEA. Wegen der längeren Verweildauer gibt es eine Kooperation mit der Buchenbergschule, die zurzeit fünf LEA-Kinder besuchen.
Kinderbetreuung ist auch Familienzentrum
In der überbelegten LEA stand nur ein Jugendraum für die Kinderbetreuung zur Verfügung. Die restlichen Räume waren zu Schlafquartieren umfunktioniert worden. Heute gibt es drei Räume, die nach Alter unterteilt sind. Für die Fünf- bis Neunjährigen gibt es Kuschelecken, Tischkicker, jede Menge Spielzeug und Kinderbücher zur Sprachförderung.
Die Kleinen singen Lieblingslieder und lernen erste deutsche Worte. „Wir verständigen uns in einem Mix aus Englisch und Deutsch“, sagt Amelie Matzik. „Für die Kinder spielen Sprache und Hautfarbe keine Rolle. Wir feiern zusammen religiöse Feste, Geburtstage und natürlich Fasching.“In englischer und französischer Sprache informiert ihr Team die Eltern über das deutsche Schulsystem und verschickt Elternbriefe: „Wir verstehen uns als Familienzentrum und möchten auch die Eltern auf das Leben in Deutschland vorbereiten. Dann sind sie schon einen Schritt weiter, wenn sie verlegt werden“, erläutert Amelie Matzik. „Eltern sind bei uns immer willkommen. Und alleinerziehende Mütter haben Pause, während ihre Kinder bei uns sind.“Aktuell gibt es in der LEA 685 Flüchtlinge, darunter rund 100 Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren.
Die Kinderbetreuung arbeitet eng mit dem LEA-Psychologen Reinhard Sellmann und dem Jugendamt zusammen. Denn auch bei den Jüngsten beobachten die Betreuerinnen Verhaltensauffälligkeiten, niedrige Toleranzschwellen und Aggressionen untereinander: „Weil die Kinder Gewalt erlebt haben, geht es oft deutlich ruppiger zu. Wir fragen nicht nach und sprechen auch mit den Eltern nie im Beisein der Kinder über Fluchterlebnisse.“
Alleinreisende männliche LEABewohner haben prinzipiell keinen Zutritt zur Kinderbetreuung: „Wir sind eine männerfreie Zone.“Security-Mitarbeiter sind immer in Reichweite.
In diesem geschützten Rahmen gilt für alle kleinen Gäste: „Jetzt bist du hier, und wir sind froh, dass du hier bist.“Diese Botschaft erfüllen Amelie Matzik und ihre Mitarbeiterinnen jeden Tag mit Leben. Immer montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 16.30 Uhr.