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Syrer (23) in Biberacher WG verhaftet – Mitbewohner des Terrorverdächtigen unter Schock
BIBERACH - Spezialeinsatzkräfte der Polizei haben am frühen Freitagmorgen eine Wohnung im Biberacher Stadtteil Mittelberg gestürmt. Der 23-jährige Syrer Emad A. wurde dort festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, sich der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) angeschlossen zu haben. Die Beamten haben den mutmaßlichen IS-Kämpfer abgeführt. Ein paar Stunden später wurde nach Informationen der Generalbundesanwaltschaft Haftbefehl erlassen, der Verdächtige sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.
Es war gegen 4.30 Uhr am Morgen, als Basim Aldawadi lautes Klopfen und Geschrei hört. „Polizei, Polizei, haben sie gerufen und dann habe ich gehört, wie jemand eine Scheibe einschlägt“, sagt der 43-jährige Iraker, der erst vor eineinhalb Wochen in diese private vierköpfige Wohngemeinschaft nach Biberach gezogen ist. Auch ein paar Stunden später sitzt der Schock noch tief: „Ich kann es nicht glauben, ich habe so etwas in Deutschland noch nicht erlebt. Hier waren so viele Polizisten mit Pistolen, mein anderer Mitbewohner lag gefesselt in der Unterhose auf dem Boden.“
Mit Kabelbindern gefesselt
Von diesem Chaos ist in der Wohnung ein paar Stunden später kaum noch etwas zu sehen. Ein Rollladen an einem Erdgeschossfenster ist beschädigt, eine orangefarbene Gardine liegt im Regen. Das Zimmer von Emad A. ist nicht verschlossen. Eine Fensterscheibe ist kaputt, auf dem Teppichboden liegen Scherben. Ein paar Zigaretten liegen auf der Fensterbank. Lautsprecherboxen, ein schmutziger Aschenbecher und eine Schuhschachtel sind auf dem Boden verstreut, die Matratze lehnt an der Wand. Persönliche Gegenstände von Emad A. sind nicht zu sehen.
In den anderen Räumen weist nichts mehr auf die Ereignisse der Nacht hin. Die Küche ist sauber, lediglich ein paar Kabelbinder liegen zerschnitten auf dem Boden des Flurs. Die Stimmung bei den Mitbewohnern ist angespannt. Zwei von ihnen, ein Syrer und ein Afghane, sind zu Hause, sie trinken Kaffee, reden und versuchen, das Erlebte zu verarbeiten. „Ich hatte so viel Angst, ich habe so etwas noch nicht erlebt“, sagt der 20-Jährige aus Afghanistan. Ihn haben die Spezialeinsatzkräfte zunächst mit Kabelbinder gefesselt, er lag auf dem Boden. „Sie haben mich aber gleich wieder freigelassen, weil ich nicht der Gesuchte war.“
Der andere Syrer, der ebenfalls in der Wohnung lebt, war in der Nacht nicht zu Hause: „Ich habe das alles erst jetzt gehört“, erzählt der 21-Jährige aus Damaskus. „Natürlich kenne ich ihn, aber nicht so gut. Er war nett, ich habe nichts gemerkt, ich bin sehr überrascht.“Auch Basim Aldawadi kann es kaum glauben, dass Emad A. ein IS-Kämpfer sein soll. „Er war ein netter Junge, sehr respektvoll. Ich weiß nicht, ob er mit Terroristen Kontakt hatte.“Alles, was er weiß: „Er hat immer laut Musik gehört und hatte viel Besuch.“Basim Aldawadi wurde am Freitagmorgen, als die Polizei noch im Haus war, von Ärzten untersucht. Er leidet an Herzproblemen. Dass die Polizei die Wohnung gestürmt hat, war für ihn ein schreckliches Erlebnis. „Ich lebe erst seit eineinhalb Monaten hier und dann passiert so etwas Schlimmes.“
Vor 17 Jahren kam er nach Deutschland, jetzt ist er von Augsburg nach Biberach gezogen und kann nicht fassen, was er erlebt hat. „Von Deutschland kenne ich so etwas nicht.“Er berichtet, dass Emad A. bei seiner Festnahme nicht allein war: „Es waren noch zwei andere Männer in seinem Zimmer. Sie lagen dann auch gefesselt in unserer Wohnung.“Was mit ihnen passiert ist, weiß er nicht. „Ich bin einfach froh, dass es jetzt vorbei ist.“