„Heftiges Gewitter wäre großes Pech“
Wetterexperte Roland Roth mit optimistischer Prognose fürs Southside Festival
RAVENSBURG - Vergangenes Jahr war das Southside Festival vorbei, bevor es richtig begonnen hatte: Heftige Unwetter setzten dem Open Air in Neuhausen ob Eck so heftig zu, dass es abgebrochen wurde. Mit welchen Wetterkapriolen die bis zu 60 000 Konzertgänger dieses Jahr rechnen müssen, verrät Roland Roth von der Wetterwarte Süd im Gespräch mit Daniel Drescher.
Nach dem unwetterbedingten Abbruch vergangenes Jahr: Drohen dem Southside Festival dieses Jahr ähnlich heftige Gewitter?
Ich fange mit dem an, was sicher ist: Es bleibt sommerlich, wenn auch nicht mehr so heiß wie in den letzten Tagen. Am Freitag gibt es um die 30 Grad, Samstag bis 28 Grad und am Sonntag 25 Grad. Am Freitag frischt der Wind kräftig auf, zeitweise auch richtig böig. Ansonsten dominiert an allen drei Festivaltagen die Sonne. Aber: Die Wetterlage ist nicht astrein. Das Southside liegt nicht in einem Hochdruckgebiet, sondern am Rande eines Hochs in schwülwarmer Mittelmeerluft. Das heißt, wie in den vergangenen Tagen auch, dass sich Schauer und Gewitter bilden können. Wo und wann genau diese Gewitter niedergehen, kann ich beim besten Willen nicht vorhersagen. Das sind sogenannte Wärmegewitter, die haben ihre eigene Dynamik.
Lokale Gewitter können sich bekanntlich sehr schnell bilden ...
Ganz genau. Die größte Gewitternei- gung sehe ich in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Aber es wäre schon großes Pech, wenn das Festival ein richtig heftiges Gewitter abbekäme. Die Wetterlage ist nicht so spannungsgeladen wie vergangenes Jahr.
Was empfehlen Sie Festivalbesuchern, wenn es kracht?
Die Leute müssen zum einen den Himmel im Auge behalten. Zum anderen hat heute jeder über sein Smartphone die beste Möglichkeit, aufs Wetterradar zu schauen.
Und kleidungstechnisch sowohl luftige Sommerkleidung als auch Regenjacke mitnehmen, oder?
Ja genau. Was sie nicht brauchen, ist ein warmer Pullover. Die Nächte sind lau, da gibt es sogar noch 15 bis 20 Grad. Auf Kälte muss man sich nicht einstellen.
2016 ist als bisher wärmstes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen in die Geschichte eingegangen. Wie außergewöhnlich – oder durchschnittlich – ist unser Sommer bislang?
Der Witterungsverlauf bislang ist völlig außergewöhnlich. Und zwar weniger der Juni. Viel überraschender war der Mai. In der letzten Woche des Monats gab es an vier Tagen Temperaturen über 30 Grad, in Ravensburg sogar 36 Grad. Da hat sich schon abgezeichnet, was an Potenzial dieses Jahr vorhanden ist. Der laufende Monat wird der zweitwärmste Juni nach 2003, dem Jahrtausendsommer. Wichtig ist der Siebenschläfertag: Um den 27. Juni herum entscheidet sich die Großwetterlage des Sommers. Nächste Woche geht die Hitzewelle zu Ende, wann genau, ist noch unsicher. Aber das würde für den Sommer bedeuten, dass wir immer mal wieder schwülheiße Abschnitte haben, dann aber heftige Gewitter und Unwetter und wieder deutlich kühleres Wetter. Es zeichnet sich ein Schaukelsommer mit Spitzen nach oben ab.
Welche Rolle spielt der Klimawandel dabei?
Alles auf den Klimawandel zurückzuführen, wäre übertrieben. Aber Temperaturen bis zu 40 Grad gab es bis 1983 in Deutschland gar nicht, dann erst wieder 2003. Inzwischen sind solche Werte aber „normal“. Wir stehen derzeit weltweit vor einem Temperaturrekord. Und der Hochsommer hat noch nicht einmal begonnen.
Müssen Festival- und Konzertveranstalter künftig noch stärker das Wetter einkalkulieren?
Eindeutig. Gewitter sind heute heftiger als früher. Das ist kein Zufall – und wird sicher noch zunehmen.