Verletzt im Wald: Jede Minute zählt
Rettungsdienste und Geschäftsbereich Wald- und Forstwirtschaft proben den Ernstfall
AALEN - Waldarbeit ist ein gefährliches Handwerk. Etwa 60 000 Hektar Wald werden im Ostalbkreis von rund 70 Forstwirten und Forstarbeitern bewirtschaftet. Zusätzlich zum Bäumefällen und zur Arbeit mit der Kettensäge kommt auch noch der steile Albtrauf als weiterer Gefahrenpunkt dazu. Deshalb probt der Kreis alle zwei, drei Jahre den Ernstfall. Am Donnerstagnachmittag war wieder so eine groß angelegte Übung. Sie soll vor allem das Zusammenspiel der Rettungskräfte schärfen.
Über dem Grauleshof und der Weißen Steige im Gewann Winkenhalde in Richtung Röthardt: Hier an einem Waldweg mit einem steilen Abhang hat sich eine stattliche Anzahl von Übungsbeobachtern versammelt. Der Buchen-Mischwald steht in vollem Wuchs, es ist schwül und dämpfig. Forstdirektor Johann Reck hat zuvor auf die Gefahren der Waldarbeit und auf das wichtige Zusammenspiel der Rettungskräfte im Ernstfall aufmerksam gemacht. Wolfgang Kienzle, im Landratsamt zuständig für Arbeitssicherheit, erklärt den Ablauf der Übung. Die Übungsbeteiligten schalten ihre Funkgeräte auf Kanal 1. So kann jeder mithören.
Ein Schrei aus dem Unterholz
Kurz darauf hört man einen Schrei am Hang, im Unterholz erkennt man eine orangene Warnweste. Dann wird die Rettungskette von einem Kollegen des Verunglückten ausgelöst. Zuerst rückt das Rote Kreuz Aalen aus ins steile Gelände. Die Retter kämpfen sich den steilen Waldhang hoch, unter anderem das EKG-Gerät ist mit dabei. Der leitende Notarzt Christoph Thome stellt eine Oberschenkelfraktur am Verletzten fest. Deshalb fordert er von der Feuerwehr Aalen eine Vakuummatratze und eine Schleife für den Transport an. Der Verletzte muss fixiert und dann den Hang hinabbugsiert werden. Der Oberarzt spricht beruhigend auf den Verletzten ein: Er bekommt jetzt zwei Medikamente gespritzt, ein Beruhigungsmittel und ein starkes Schmerzmittel, das ihn in eine Art Narkose versetzen wird. „Alles wird gut, alles ist in Ordnung, sie wachen im Krankenhaus auf.“Die Verletzung ist zwar ernst, aber Vitalfunktionen sind nicht akut bedroht.
Für die Feuerwehr beginnt nun eine echte Plackerei. Ein „Lotse“zeigt den gangbarsten Weg über Äste, Unterholz und Laub. Die Wehr hat eine Tragschleife mitgebracht. Ganz behutsam wird der Verletzte in der Rettungsdecke in die Schleife bugsiert, nach unten transportiert und in den RTW gebracht.
35 Minuten hat die Rettungsaktion gedauert. Das hört sich nicht sehr lange an, ist aber für den Verletzten im Ernstfall eine halbe Ewigkeit, sagt Klaus Pavel. Deshalb ist für den Landrat wichtig, dass solche Rettungsübungen des Geschäftsbereichs Wald- und Forstwirtschaft immer wieder stattfinden. Der Aufwand für so eine Rettung ist groß, fasst der Sprecher der leitenden Notärzte im Ostalbkreis, Hariolf Zawadil, zusammen. Aber alles hat gut geklappt, lautet dann auch die Manöverkritik.