Aalener Nachrichten

„Industrie ist die Quelle des Wohlstands in der Region“

Industrie- und Handelskam­mer sowie Südwestmet­all laden in der Industriew­oche in den „Tiefen Stollen“ein

- Von Viktor Turad

AALEN-WASSERALFI­NGEN - „Die Industrie ist die Quelle des Wohlstands im Land und in Ostwürttem­berg. Aber dieser Wohlstand ist nicht gottgegebe­n, er muss vielmehr immer wieder neu erarbeitet werden“. Dies hat Torsten Lang von der IW Consult GmbH bei einer gemeinsame­n Veranstalt­ung der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Ostwürttem­berg und des Arbeitgebe­rverbandes Südwestmet­all im Besucherbe­rgwerk Tiefer Stollen unterstric­hen. Anlass war die erste landesweit­e Industriew­oche mit rund 300 Veranstalt­ungen.

In Ostwürttem­berg ging man dazu nicht nur an den industriel­len Ursprung, sondern auch in die Tiefe. Während draußen noch drückende Schwüle herrschte, sprach Lang bei angenehmer Kühle unter Tage zu seinen Zuhörern. Er wies darauf hin, dass im deutschen Südwesten 13,2 Prozent der Einwohner Deutschlan­ds wohnen, die Wirtschaft­skraft des Landes sei mit 15,2 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s jedoch deutlich höher. Der Grund: Hier werden überdurchs­chnittlich­e 22,5 Prozent der industriel­len Wertschöpf­ung erwirtscha­ftet. Auch Ostwürttem­berg trägt kräftig dazu bei.

Die starke Industrie sei also der Treiber des Wohlstands. Nicht zuletzt deswegen, weil sich die Industrieu­nternehmen über das ganze Land verteilten und nicht nur in den Zentren angesiedel­t seien. Weil Baden-Württember­g ein Flächenind­ustrieland sei, gebe es überall im Land wenige Arbeitslos­e.

Produktion­sanlagen werden trotz guter Konjunktur nicht ausgebaut

Doch Wohlstand sei kein Selbstläuf­er, mahnte Lang, er müsse immer wieder neu erarbeitet werden. Die Wirtschaft sei in einem permanente­n Wandel. So gebe Anlass zur Sorge, dass die Produktion­sanlagen trotz guter Konjunktur im Südwesten nicht ausgebaut würden. Produktion­sausweitun­gen würden als unwahrsche­inlich angesehen, weil andere Standorte bessere Bedingunge­n böten. Kräftig investiert­en die heimischen Firmen dagegen daher zurzeit im Ausland.

Produktivi­tät, Rechtssich­erheit und Innovation­en seien ausschlagg­ebend, wenn sich Unternehme­n trotz hoher Kosten für Baden-Württember­g entschiede­n. Nicht zuletzt die Politik müsse ebenfalls den Mut zu Innovation­en haben: bei der Förderpoli­tik oder indem bürokratis­che Hürden für Forscher abgebaut würden. Auch müsste die vertrauens­volle Zusammenar­beit von Wirtschaft und Wissenscha­ft gefördert werden.

Über Tage hatten IHK-Hauptgesch­äftsführer­in Michaela Eberle, Südwestmet­all-Geschäftsf­ührer Jörn Makko und Aalens Oberbürger­meister Thilo Rentschler die Gäste begrüßt. Der Ministeria­ldirektor im Wirtschaft­sministeri­um des Landes, Hubert Wicker, nannte das ehemalige Erzbergwer­k bei Wasseralfi­ngen einen Inbegriff der schwäbisch­en Industrieg­eschichte. Es zeige beispielha­ft, wofür das Land als stärkste Industrier­egion Deutschlan­ds stehe. Ein Drittel der Bruttowert­schöpfung hier entfalle auf die Industrie, in der jeder vierte Erwerbstät­ige beschäftig­t sei. Neben den Großen seien vor allem die mittelstän­dischen, oft familienge­führten Unternehme­n mit einer langen Tradition das Rückgrat der Wirtschaft. Sie alle trügen erheblich zum Wohlstand des Landes bei und nähmen darüber hinaus gesellscha­ftliche Verantwort­ung wahr.

Ziel der Landesregi­erung sei, dass Baden-Württember­g angesichts eines momentanen tiefgreife­nden Wandels ein starker Industries­tandort bleibe und die Technologi­eführersch­aft behalte, unterstric­h Wicker.

In einer abschließe­nden Podiumsdis­kussion, moderiert von Hendrik Rupp nach einer musikalisc­hen Begrüßung der Gäste durch die SHW-Bergkapell­e unter der Leitung von Günter Martin Korst, sagte IHK-Präsident Carl Trinkl, Ostwürttem­berg habe enorm gute Voraussetz­ungen, sich weiterzuen­twickeln. Wie vor 100 Jahren, als in der Region viele Unternehme­n klein angefangen hätten, die heute Weltfirmen seien, „brenne“im positiven Sinne auch jetzt wieder die Hütte. Trinkl verwies auf die gute Beschäftig­ung, die ausgebaute Infrastruk­tur und die Familienfr­eundlichke­it. „Wann gab’s das jemals?“

Pavel: Hemmnisse durch zu viele Richtlinie­n

„Nicht auf der Ostalb!“, rief Landrat Klaus Pavel auf die Frage aus, ob Genehmigun­gen zu lange dauerten und damit Ansiedlung­en und Erweiterun­gen hemmten. Jeden Monat habe er es mindestens mit zwei Anfragen in dieser Richtung zu tun, aktuell in Bopfingen und Lippach. Es gebe nach wie vor schnelle Genehmigun­gen, aber, schränkte der Landrat ein, es gebe auch Hemmnisse durch zu viele Richtlinie­n. Auch stehe sich die Gesellscha­ft selbst im Weg, weil sie alles geregelt haben wolle.

Das deutsche Arbeitsrec­ht sei ein Standortna­chteil, sagte Christian Hühn von der Geschäftsl­eitung der SHW Werkzeugma­schinen GmbH. Es führe zu Leiharbeit und befristete­n Verträgen, weil man sich von Mitarbeite­rn, die man einmal fest eingestell­t habe, nur schwer wieder trennen könne. Im Übrigen rekrutiere man in seinem Unternehme­n Facharbeit­er schon längst nicht mehr überregion­al, weil sie in der Regel nicht dauerhaft blieben. „Wir ziehen uns unsere Fachkräfte selbst.“Sorgen mache ihm, dass viele qualifizie­rte Mitarbeite­r in absehbarer Zeit in Ruhestand gingen und damit wertvolles know-how abfließe.

 ?? FOTO: TURAD ?? Von der SHW-Bergkapell­e, der Werkskapel­le des ältesten Industrieu­nternehmen­s in Baden-Württember­g, wurden die Teilnehmer der Industriew­oche am Besucherbe­rgwerk Tiefer Stollen musikalisc­h begrüßt.
FOTO: TURAD Von der SHW-Bergkapell­e, der Werkskapel­le des ältesten Industrieu­nternehmen­s in Baden-Württember­g, wurden die Teilnehmer der Industriew­oche am Besucherbe­rgwerk Tiefer Stollen musikalisc­h begrüßt.

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