CDU ringt um Linie zur Polizeireform
Grüne befürworten zwölf Präsidien – inklusive Ravensburg, aber ohne Tuttlingen
STUTTGART - Das Ringen um eine Korrektur der Polizeireform von 2014 geht weiter. Während sich die Grünen offenbar auf eine Linie verständigt haben, gibt es bei der CDU, vor allem bei der Landtagsfraktion, noch Diskussionbedarf. Dabei geht es nicht um die künftige Anzahl der Präsidien und um deren Standorte.
Die Regierungsfraktionen hatten sich auf einen Zeitplan verständigt: Am Dienstag sollten sich Spitzen und Experten aus Parteien, Fraktionen und dem Innenministerium treffen, um Nachbesserungen an der Polizeireform zu beschließen. Die CDU-Fraktion hat dieses Treffen am Montag abgesagt, denn sie will am Dienstag kommender Woche zunächst ihre eigene Position festlegen.
Reform behutsam korrigieren
Die Basis für die Änderungen bildet ein Bericht einer Expertenkommission vom März, die Innenminister Thomas Strobl (CDU) eingerichtet hatte. Ihre Aufgabe war es, eine Evaluierung der Polizeireform, genannt EvaPol, vorzunehmen. Thomas Blenke, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, spricht von einer „behutsamen Korrektur, die eine offenkundige Schieflage beendet“. Er spricht sich für 14 statt der bisherigen zwölf Polizeipräsidien aus, da die Regionen Nordschwarzwald und östlich von Stuttgart bis zur bayerischen Grenze unterversorgt seien. Die Experten hatten für 14 Standorte plädiert. Strobl erklärte am Dienstag in Stuttgart: „Ich rate dazu, dass wir das ernst nehmen, was uns die Fachleute vorschlagen.“
Zudem empfahl die Kommission, auf jeden Fall ein Präsidium in Ravensburg einzurichten, dafür das Tuttlinger Präsidium zu schließen und künftig von Konstanz aus betreuen zu lassen. Dagegen gibt es Widerstand in der CDU-Fraktion, unter anderem von Justizminister Guido Wolf (CDU), dessen Wahlkreis Tuttlingen ist. Das Argument der Kritiker: Mit der Einrichtung eines Präsidiums in Ravensburg werde ein Problem beseitigt, das nahezu identisch an anderer Stelle geschaffen wird. Seit die Polizeireform 2014 in Kraft trat, riss die Kritik an der Zuständigkeit von Konstanz für Oberschwaben nicht ab. Ähnlich werde es nun wieder sein, falls Konstanz mit seiner Randlage etwa für SchwarzwaldBaar-Heuberg zuständig sein soll.
In den Reihen der Grünen ist indes von einer „reinen machtpolitischen Auseinandersetzung bei der CDU“die Rede. In einem internen Vermerk des innenpolitischen Grünen-Sprechers Hans-Ulrich Sckerl an den Fraktionsvorstand, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, heißt es: „Wahlkreisinteressen und Kirchturmpolitik müssen zugunsten polizeifachlicher Gesichtspunkte zurückstehen“. Zu den künftigen Standorten heißt es: „Wir stimmen dem modifizierten 12er-Modell mit Präsidiumssitzen in Konstanz und Ravensburg zu.“Gegen das 14er-Modell sprächen die Kosten, die eine Arbeitsgruppe vornehmlich aus Innenund Finanzministerium auf einmalig 144 Millionen Euro und danach jährlich auf rund 19 Millionen Euro errechnet hat.
Diese Kosten bezeichnet Sckerl im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“als „unverantwortlich“, denn: „Konstanz ist die weitaus wirtschaftlichere Lösung.“Sprechen also doch Kosten- und keine inhaltlichen Gründe für diesen Schritt? Es gehe darum, so Sckerl,eine Balance zu halten zwischen polizeifachlichen Argumenten und wirtschaftlichem Handeln. Doch stellt auch er – wie auch die CDU – die Kostenberechnung von Innen- und Finanzministerium in Frage. „Die Kostenprognose geht ans oberste Limit.“Enthalten seien Summen, die ohnehin fällig würden – etwa für eine neue Schießübungsanlage in Aalen oder für ein Hochhaus in Tübingen, für das 22,5 Millionen Euro veranschlagt seien, obwohl es bereits der Polizei gehöre.
Die derzeitigen Verzögerungen nennt Sckerl „bedauerlich. Da ist ziemlich viel Zeit verstrichen.“Das kritisiert auch der SPD-Fraktionsvize Sascha Binder: „Was sich die beiden Regierungsfraktionen hier leisten, ist höchst unprofessionell und für alle Polizeibeamten eine Zumutung.“Am Dienstag kamen Vertreter der CDU-Fraktion mit dem Staatssekretär im Innenministerium Martin Jäger zusammen.
Entscheidung vor Sommerpause
Kommenden Dienstag wird sich die CDU-Fraktion dann voraussichtlich nicht nur auf das 14er-Modell festlegen, sondern auch eine Kampfabstimmung um die Standorte Tuttlingen und Konstanz abhalten, ist aus Fraktionskreisen zu vernehmen. Danach müssen noch Verhandlungen zwischen Grünen und CDU folgen – wer an dieser Runde teilnehmen soll und wann sich diese trifft, ist offen. Ebenso offen ist, ob diese Runde eine gemeinsame Position erarbeiten darf, oder ob die Fraktion nochmals eingebunden werden will. Einig sind sich alle Beteiligten aber, dass noch vor der Sommerpause der Ministerrat die Änderungen auf den Weg bringen soll.