Cyberattacken zur Wahl erwartet
Verfassungsschutz: Russische Angriffe wahrscheinlich – „Reichsbürger“sorgen für Unruhe
BERLIN - Der Verfassungsschutz warnt vor russischen Cyberangriffen auf die Bundestagswahl im September. Im Verfassungsschutzbericht 2016 heißt es, deutsche Parteien oder Politiker könnten „das Ziel russischer Einflussnahme“werden. Sogenannte Desinformationskampagnen hatte es bereits bei den Wahlen in Frankreich und den USA gegeben. Mit ähnlichen Attacken rechnet man nun auch in Deutschland, so Innenminister Thomas de Maizière in Berlin. „Wir wollen, dass hinter jeder Meinung ein Mensch steht und keine Maschine“, sagte der Innenminister mit Bezug auf die sogenannten Social Bots, die Meinungsroboter im Netz.
De Maizière wies auch darauf hin, dass vom Bundestag Daten in großer Menge abgeschöpft wurden, mit deren Veröffentlichung er schon in den nächsten Wochen rechne.
Fakten sind zweitrangig
Die prorussischen und gegen die Politik der Bundesregierung gerichteten Propaganda- und Desinformationsaktivitäten seien seit 2014 angestiegen – parallel zu den wachsenden außenpolitischen Problemstellungen (Krim-Krise und Syrien-Krieg) sowie der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Russland, heißt es im Verfassungsschutzbericht. Russische Stellen verbreiteten gezielt sogenannte Narrative, Fakten spielten dabei eine nachrangige Rolle.
Auf die Frage, wen Putin im deutschen Wahlkampf wohl unterstützen würde, meinte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, es gehe den Angreifern weniger darum, einzelnen Politikern oder Parteien zu schaden, als vielmehr der gesamten Demokratie. Seine persönliche Meinung sei allerdings, dass Russlands Präsident mit einem anderen Kanzler vermutlich zufriedener wäre.
Der islamistische Terror in Deutschland besteht überwiegend aus Einzeltäteranschlägen, angeleitet vom IS, so Maaßen. Sieben Anschläge hätten im letzten Jahr frühzeitig verhindert werden können, unter anderem einer auf den Berliner Flughafen Tegel. Oft handele es sich um sehr junge Täter, manchmal sogar 15 bis 16Jährige. 1100 Gefährdungshinweise kamen 2016 aus der Bevölkerung, das ist ein hoher Anstieg. 2013 waren es erst 103 Hinweise. 80 Prozent dieser Hinweise wurde nachgegangen.
Die Prognose der Verfassungsschützer ist, dass die Gefährdung durch islamistischen Terror vermutlich zunimmt, mindestens aber auf dem Niveau von heute bleibt.
Die Grünen warfen der großen Koalition Versäumnisse im Kampf gegen den Islamismus vor. Die Union und SPD blockierten eine Aufklärung des Falls Amri, sagte die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic der Nachrichtenagentur AFP.
So habe die Koalition einen Untersuchungsausschuss zu dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten abgelehnt: „Das schwächt uns in der Analyse erheblich im Kampf gegen die Gefahr, die vom gewaltbereiten Islamismus in Deutschland ausgeht.“Bei den gewaltbereiten Salafisten registrierte der Inlandsgeheimdienst ebenso wie bei rechtsextremen Gewalttaten einen deutlichen Anstieg.
Neueren Datums sind Gruppierungen wie die „Reichsbürger“und „Selbstverwalter“, die das Rechtssystem ablehnen. Nur ein geringer Teil von ihnen sei dem Rechtsextremismus zuzuordnen, also 500 bis 600 von geschätzt 10 000 „Reichsbürgern“. Deren Szene vernetzt sich vorwiegend über soziale Netzwerke und versucht, Behörden und Politiker mit Forderungen in Millionenhöhe einzuschüchtern. Außerdem verfügten die „Reichsbürger“über eine hohe Affinität zu Waffen, so Innenminister de Maizière. Immer wieder mussten deshalb im vergangenen Jahr die Sondereinsatzkräfte mit anrücken.