Die Autolobby und das dichte Netzwerk hinein in die Politik
Kanzlerin Angela Merkel „entsetzt und enttäuscht“von Kartellvorwürfen
BERLIN - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich angesichts der Vorwürfe gegen die Autokonzerne „entsetzt und enttäuscht“gezeigt. Es müsse natürlich „alles schonungslos aufgeklärt“werden, ließ sie am Montag über eine Regierungssprecherin erklären. Schließlich ist die Automobilindustrie eine Schlüsselindustrie, hängen rund 800 000 Arbeitsplätze davon hierzulande ab.
Verweis auf Kartellämter
Was wussten Bunderegierung und Kanzlerin über die Kartellvorwürfe? Sowohl Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) als auch Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) wollen erst aus den Medien davon erfahren haben. Merkel & Co. wollen sich nicht in die Aufklärung einschalten, verweisen auf die Unabhängigkeit der Kartellämter. Die Ergebnisse der Kartellverfahren gelte es abzuwarten.
Die Autokanzlerin und die Konzerne – Merkel und die Bosse von VW, Daimler & Co. sind seit Jahren ziemlich beste Freunde. Die Autolobby verfügt über ein dichtes Netzwerk hinein in die Politik. An der Spitze des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie steht der frühere Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, Partei- und Duzfreund von Merkel. Oberster Lobbyist des VW-Konzerns ist Merkels früherer Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Vor vier Jahren hatte der frühere Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), sein Amt dort gegen den Posten des Cheflobbyisten von Daimler getauscht. Ob Grenzwerte für CO2-Ausstoß, Gesetzentwürfe oder Schriftverkehr zwischen Berlin und Brüssel – die Autoindustrie redet und schreibt mitunter sogar mit, wenn es um die Branche geht.
Die Europäische Kommission hatte der Bunderegierung bereits vor zwei Jahren vorgeworfen, die massenhafte Überschreitung der Grenzwerte für Stickoxide bei Pkw zu tolerieren und keine Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Als Brüssel 2013 den CO2-Ausstoß im Straßenverkehr reduzieren wollte, war es die deutsche Kanzlerin, die auf Druck der Autoindustrie für einen Aufschub der Pläne gesorgt hatte. Merkel könne sich jetzt nicht wegducken, heißt es aus den Reihen der Opposition.