Musik spielt hier die Hauptrolle
Genial und erfrischend: „Baby Driver“ist mehr als „LaLaLand“mit Action
In „Baby Driver“lässt Regisseur Edgar Wright Musik und Filmgeschehen auf höchst originelle Weise verschmelzen – und landet mit der Geschichte eines Fluchtwagenfahrers den erfrischendsten Actionfilm dieses Kinosommers.
Was bleibt bei Lieblingsfilmen im Gedächtnis hängen? Neben brillanten Dialogen sind es oft die Szenen, in denen Musik, Atmosphäre und die Gefühle der Charaktere eine unauflösbare Einheit eingehen. Gerne sind diese als Montagen inszeniert und markieren einen zentralen Punkt in der Filmhandlung. Was aber, wenn gleich ein ganzer Film nach diesem Prinzip gestaltet wird?
Bei „Baby Driver“stand für viele Szenen erst die Musik fest und Edgar Wright inszenierte das Geschehen punktgenau um diese herum. Dass „Baby Driver“– bereits der Titel stammt von einem Simon & Garfunkel-Song – dabei mehr als eine Ansammlung cooler Clips ergibt, dafür garantiert der britische Regisseur: Bereits mit Filmen wie „Hot Fuzz“und „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“kombinierte er Action, Humor und eigenwilligen Stil und schaffte es, dazwischen Platz für gefühlvolle Momente zu schaffen.
Gut 20 Jahre plante Wright das Filmprojekt und erprobte das Konzept bereits 2003 in seinem Musikvideo für Mint Royales „Blue Song“, in dem es um einen Bankraub geht. Ein solcher steht auch am Anfang von „Baby Driver“. Drei Gangster verlassen den Wagen von Baby (Ansel Elgort), der auf seinem iPod den Song „Bellbottoms“der Jon Spencer Blues Explosion hört. Bei dem Stück vergehen knapp zwei Minuten, bevor der Beat losbricht, und im selben Moment zeigt auch Baby, was in ihm steckt: In einer spektakulären Autoverfolgungsjagd lässt er alle anderen Wagen lässig hinter sich. Eigentlich gehören solche Rasereien ja zu den am meisten durchexerzierten Elementen von Actionfilmen, aber „Baby Driver“gelingt es tatsächlich, hier eine frische Energie freizusetzen. Doch nicht nur die Actionszenen folgen diesem Rhythmus. Auch wenn Baby mit einer Fuhre Kaffee durch die Straßen von Atlanta tänzelt, erklingt dazu passgenau „Harlem Shuffle“.
Ideal besetzt bis in die Nebenrollen
Reden kann das meist Sonnenbrille und stets Kopfhörer tragende Milchgesicht aber auch. Und so erfährt man, dass er seine Eltern bei einem Autounfall verloren hat und danach auf die schiefe Bahn geraten ist. Dabei legte er sich allerdings auch mit Gangsterboss Doc (Kevin Spacey) an. Um seine Schuld abzutragen, muss er nun für diesen als Fluchtwagenfahrer dienen. Die Besatzung der bis ins letzte Detail durchgeplanten Überfälle wechselt dabei regelmäßig, nur mit dem Trio Bats (Jamie Foxx), Buddy (Jon Hamm) und Darling (Eiza González) bekommt es Baby mehr als einmal zu tun. Doc verlangt von ihm, mit diesen noch einen letzten Coup zu landen – und dass solche Szenarien praktisch immer schiefgehen, weiß jeder Kinokenner.
Wright bedient sich offensiv bei vertrauten Elementen des Actionwie klassischen Hollywoodkinos. Und so trifft Baby seine große Liebe Debora (Lily James) dann auch in einem uramerikanischen Imbiss, in dem diese als Bedienung arbeitet. Sie teilt seine Liebe für Musik, aber dennoch ist „Baby Driver“mehr als nur ein „LaLaLand“mit Action und Autos. Denn hier ist selbst jede kleine Nebenfigur passend besetzt und man nimmt an deren Schicksal Anteil, anstatt sich nur an der Action zu ergötzen. Dazu beeindruckt insbesondere Jamie Foxx mit der bedrohlich-unberechenbaren Aura seiner Figur. Ebenso makellos ist der Soundtrack und viele Besucher dürften sich diesen direkt nach Verlassen des Kinos besorgen.
Baby Driver. Regie: Edgar Wright. Mit Ansel Elgort, Kevin Spacey, Lily James, Jamie Foxx. USA/ Großbritannien 2017. 113 Minuten. FSK ab 16.