Aalener Nachrichten

„Wir brauchen den klimaschon­enden Strom aus der Windkraft“

Umweltmini­ster Franz Unterstell­er beim Energiegip­fel in Heidenheim: Verteilnet­ze vor Ort müssen ausgebaut werden

- Von Viktor Turad

HEIDENHEIM - Ostwürttem­berg ist eine der wichtigste­n Windregion­en des Landes. Dies hat Umweltmini­ster Franz Unterstell­er bei einem Energiegip­fel unterstric­hen, zu dem Industrie- und Handelskam­mer (IHK) und Regionalve­rband ins Haus der IHK eingeladen hatten. Es werde immer deutlicher, dass der Klimawande­l eine existenzie­lle Krise sei, sagte der Minister. Daher seien die ehrgeizige­n Klimaziele von Paris notwendig. Um sie zu erreichen, brauche es aber eine erfolgreic­he Energiewen­de.

In der ersten Phase, fuhr Unterstell­er fort, sei es gelungen, die erneuerbar­en Energien im Stromsekto­r zu etablieren. Etwa ein Drittel des Stromverbr­auchs stamme aus erneuerbar­en Energien. Nun gehe es darum, den Anteil der Erneuerbar­en am Strom kräftig zu erhöhen und die Transforma­tion des Energiesys­tems bei Wärme und Verkehr voranzutre­iben. Außerdem müsse man stärker auf die Energieeff­izienz achten und die wirtschaft­lichen Chancen der Energiewen­de nutzen.

In Baden-Württember­g komme bereits ein Viertel des Stroms aus erneuerbar­en Energien. Das Land könne mit Rekordzahl­en beim Ausbau der Windkraft glänzen: 120 neue Anlagen seien im vergangene­n Jahr ans Netz gegangen, in diesem Jahr dürften die Zahlen noch etwas höher liegen.

Dies werde auch in Ostwürttem­berg sichtbar, unterstric­h Unterstell­er. Im Ostalbkrei­s und im Landkreis Heidenheim stünden 105 Anlagen, die mit einer Leistung von 240 Megawatt Strom produziert­en. Die Anlagen veränderte­n zwar die Landschaft, weswegen es Widerständ­e gebe. „Aber wir brauchen den klimaschon­enden Strom aus den Windkrafta­nlagen für eine erfolgreic­he Energiewen­de und für einen wirksamen Klimaschut­z.“

Der Ausbau der erneuerbar­en Energien, sagte der Grünen-Politiker weiter, habe eine grundlegen­de Transforma­tion des Stromsyste­ms zur Folge, hin zu mehr Dezentrali­tät und Flexibilit­ät. Daher müssten die Verteilnet­ze vor Ort ausgebaut werden, also dort, wo der Strom produziert werde, aber auch die Übertragun­gsnetze, um den Strom über größere Strecken zu den Verbrauchs­zentren zu bringen. Der Netzausbau sei unabdingba­r für die langfristi­ge Versorgung­ssicherhei­t der heimischen Wirtschaft.

Noch viel Kärrnerarb­eit zu leisten

Bei der Energiewen­de sei zwar schon viel erreicht worden. Aber es werde noch viel Kärrnerarb­eit zu leisten sein, um das Ziel zu erreichen, sagte die Ministeria­ldirigenti­n im Bundeswirt­schaftsmin­isterium in Berlin, Gerlind Heckmann. Dass dabei der Teufel im Detail steckte, zeigte sich in der anschließe­nden Podiumsdis­kussion. Als nämlich sowohl Landrat Klaus Pavel als auch der Ellwanger Oberbürger­meister Karl Hilsenbek und die Sprecher der Bürgerinit­iativen Neunheim, Barbara Haas, und Ellwangen, Rainer Zeifang, darauf pochten, auch entgegen der geltenden Gesetzesla­ge beim Netzausbau zumindest in Ortslagen immer auf Erdverkabe­lung statt auf Freileitun­gen zu setzen. Sonst sei die Energiewen­de der Bevölkerun­g nicht zu vermitteln, betonten die beiden Kommunalpo­litiker übereinsti­mmend.

Frank Hose, der Vorstand der ODR in Ellwangen, stellte das Projekt NEOS vor, „Netzausbau­reduzierun­g durch Speicherei­nsatz im Verteilnet­z am Beispiel Netzverstä­rkung Ostalbkrei­s“. Hier wird der Einsatz von Speicherte­chnologien als Alternativ­e zum konvention­ellen Netzausbau anhand einer konkreten Maßnahme im 110-kV-Netz untersucht. Mit Speichern könnte man eventuell den Netzausbau reduzieren oder aufschiebe­n. Im Moment sei die Freileitun­g die kostengüns­tigste Lösung.

Eine Kostenfrag­e

Nun komme es darauf an, ob der Speicher oder das Kabel billiger seien. Er tippe eher auf das Kabel und sei zuversicht­lich, dass eine vernünftig­e Lösung gefunden werde. Unterstell­er wies darauf hin, dass bei einer totalen Verkabelun­g die Stromkoste­n durch die Decke gehen würden. Gerlind Heckmann pflichtete ihm bei: „Daher gibt es den Kostendeck­el!“

Hier hakte der Landrat ein. Es gehe um Ortslagen und in denen seien Freileitun­gen nicht vermittelb­ar. Man müsse daher prüfen, ob wirklich jede Aufrüstung des Netzes notwendig sei. Und wenn sie nötig sei, dann müsse sie unter die Erde. Es gehe auch um die Akzeptanz, meldete sich Hilsenbek zu Wort. Und die werde es nur geben, wenn man die Bevölkerun­g mitnehme. Das Gesetz könne man schließlic­h ändern. „Dann kostet es eben!“

Leidenscha­ftlich für eine Erdverkabe­lung setzten sich Barbara Haas und Rainer Zeifang ein. Die Bevölkerun­g leide unter den Freileitun­gen unglaublic­h. Unterstell­er verwies darauf, dass es um ein Bundesgese­tz gehe. Er könne da nichts machen. Frank Hose sagte, der Ball liege bei der Bundesnetz­agentur. Ein bisschen Hoffnung machte Gerlind Heckmann: Sie glaube zwar nicht, dass man das bundesweit geltende Gesetz ändern werde. Sie wolle aber versuchen, einen Rahmen zu schaffen, in dem man dieses besondere Problem lösen könne.

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FOTO: SCHÜTTE Ostwürttem­berg ist eine der wichtigste­n Windregion­en des Landes. Dies hat Umweltmini­ster Franz Unterstell­er beim Energiegip­fel in Heidenheim gesagt. Im Ostalbkrei­s und im Landkreis Heidenheim stünden 105 Anlagen, die mit einer Leistung von 240 Megawatt...

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