„Wir brauchen den klimaschonenden Strom aus der Windkraft“
Umweltminister Franz Untersteller beim Energiegipfel in Heidenheim: Verteilnetze vor Ort müssen ausgebaut werden
HEIDENHEIM - Ostwürttemberg ist eine der wichtigsten Windregionen des Landes. Dies hat Umweltminister Franz Untersteller bei einem Energiegipfel unterstrichen, zu dem Industrie- und Handelskammer (IHK) und Regionalverband ins Haus der IHK eingeladen hatten. Es werde immer deutlicher, dass der Klimawandel eine existenzielle Krise sei, sagte der Minister. Daher seien die ehrgeizigen Klimaziele von Paris notwendig. Um sie zu erreichen, brauche es aber eine erfolgreiche Energiewende.
In der ersten Phase, fuhr Untersteller fort, sei es gelungen, die erneuerbaren Energien im Stromsektor zu etablieren. Etwa ein Drittel des Stromverbrauchs stamme aus erneuerbaren Energien. Nun gehe es darum, den Anteil der Erneuerbaren am Strom kräftig zu erhöhen und die Transformation des Energiesystems bei Wärme und Verkehr voranzutreiben. Außerdem müsse man stärker auf die Energieeffizienz achten und die wirtschaftlichen Chancen der Energiewende nutzen.
In Baden-Württemberg komme bereits ein Viertel des Stroms aus erneuerbaren Energien. Das Land könne mit Rekordzahlen beim Ausbau der Windkraft glänzen: 120 neue Anlagen seien im vergangenen Jahr ans Netz gegangen, in diesem Jahr dürften die Zahlen noch etwas höher liegen.
Dies werde auch in Ostwürttemberg sichtbar, unterstrich Untersteller. Im Ostalbkreis und im Landkreis Heidenheim stünden 105 Anlagen, die mit einer Leistung von 240 Megawatt Strom produzierten. Die Anlagen veränderten zwar die Landschaft, weswegen es Widerstände gebe. „Aber wir brauchen den klimaschonenden Strom aus den Windkraftanlagen für eine erfolgreiche Energiewende und für einen wirksamen Klimaschutz.“
Der Ausbau der erneuerbaren Energien, sagte der Grünen-Politiker weiter, habe eine grundlegende Transformation des Stromsystems zur Folge, hin zu mehr Dezentralität und Flexibilität. Daher müssten die Verteilnetze vor Ort ausgebaut werden, also dort, wo der Strom produziert werde, aber auch die Übertragungsnetze, um den Strom über größere Strecken zu den Verbrauchszentren zu bringen. Der Netzausbau sei unabdingbar für die langfristige Versorgungssicherheit der heimischen Wirtschaft.
Noch viel Kärrnerarbeit zu leisten
Bei der Energiewende sei zwar schon viel erreicht worden. Aber es werde noch viel Kärrnerarbeit zu leisten sein, um das Ziel zu erreichen, sagte die Ministerialdirigentin im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin, Gerlind Heckmann. Dass dabei der Teufel im Detail steckte, zeigte sich in der anschließenden Podiumsdiskussion. Als nämlich sowohl Landrat Klaus Pavel als auch der Ellwanger Oberbürgermeister Karl Hilsenbek und die Sprecher der Bürgerinitiativen Neunheim, Barbara Haas, und Ellwangen, Rainer Zeifang, darauf pochten, auch entgegen der geltenden Gesetzeslage beim Netzausbau zumindest in Ortslagen immer auf Erdverkabelung statt auf Freileitungen zu setzen. Sonst sei die Energiewende der Bevölkerung nicht zu vermitteln, betonten die beiden Kommunalpolitiker übereinstimmend.
Frank Hose, der Vorstand der ODR in Ellwangen, stellte das Projekt NEOS vor, „Netzausbaureduzierung durch Speichereinsatz im Verteilnetz am Beispiel Netzverstärkung Ostalbkreis“. Hier wird der Einsatz von Speichertechnologien als Alternative zum konventionellen Netzausbau anhand einer konkreten Maßnahme im 110-kV-Netz untersucht. Mit Speichern könnte man eventuell den Netzausbau reduzieren oder aufschieben. Im Moment sei die Freileitung die kostengünstigste Lösung.
Eine Kostenfrage
Nun komme es darauf an, ob der Speicher oder das Kabel billiger seien. Er tippe eher auf das Kabel und sei zuversichtlich, dass eine vernünftige Lösung gefunden werde. Untersteller wies darauf hin, dass bei einer totalen Verkabelung die Stromkosten durch die Decke gehen würden. Gerlind Heckmann pflichtete ihm bei: „Daher gibt es den Kostendeckel!“
Hier hakte der Landrat ein. Es gehe um Ortslagen und in denen seien Freileitungen nicht vermittelbar. Man müsse daher prüfen, ob wirklich jede Aufrüstung des Netzes notwendig sei. Und wenn sie nötig sei, dann müsse sie unter die Erde. Es gehe auch um die Akzeptanz, meldete sich Hilsenbek zu Wort. Und die werde es nur geben, wenn man die Bevölkerung mitnehme. Das Gesetz könne man schließlich ändern. „Dann kostet es eben!“
Leidenschaftlich für eine Erdverkabelung setzten sich Barbara Haas und Rainer Zeifang ein. Die Bevölkerung leide unter den Freileitungen unglaublich. Untersteller verwies darauf, dass es um ein Bundesgesetz gehe. Er könne da nichts machen. Frank Hose sagte, der Ball liege bei der Bundesnetzagentur. Ein bisschen Hoffnung machte Gerlind Heckmann: Sie glaube zwar nicht, dass man das bundesweit geltende Gesetz ändern werde. Sie wolle aber versuchen, einen Rahmen zu schaffen, in dem man dieses besondere Problem lösen könne.