Aalener Nachrichten

Ein importiert­es Ellwanger Original feiert 80. Geburtstag

Die Bundesverd­ienstkreuz­trägerin war erste Leiterin der Städtische­n Musikschul­e

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN - Ihr Name ist eng mit der städtische­n Musikschul­e „Johann Melchior Dreyer“verbunden: Monika Willand feiert am heutigen Donnerstag ihren 80. Geburtstag. Die gelernte Geigenbaue­rin aus Hirschegg im Kleinwalse­rtal war die erste Leiterin der Musikschul­e und baute in über 30 Jahren an der Spitze die Schule zu dem aus, was sie heute ist.

„Wie gründet man erfolgreic­h eine Jugendmusi­kschule? Man nehme ein paar Hundert musikbegei­sterte Schüler, ihre opferberei­ten Eltern, einen Schuhkarto­n und – Monika Willand.“So schrieb Willands erster Chef, Rechtsanwa­lt Peter Sonnentag, der Gründungsv­orsitzende des „exotischen“Trägervere­ins und späteren Fördervere­ins der Musikschul­e in der Festschrif­t zum 40-jährigen Bestehen der Musikschul­e 2008. Und tatsächlic­h: Monika Willand war ein echter Glücksfall. Die 80-Jährige hat keinen Tag bereut, 1968 nach Ellwangen gezogen zu sein: „Es ist einfach rundum schön. Alles gut.“

Lockeres Bewerbungs­gespräch

„Der Verein Johann-Melchior-Dreyer-Musikschul­e Ellwangen (Jagst) sucht für seine neu errichtete Jugendmusi­kschule einen Leiter.“Diese Stellenaus­schreibung fiel Monika Willand durch Zufall in der Bibliothek des Pädagogisc­hen Fachinstit­uts in Jugenheim an der Bergstraße in die Hände, als sie eine Fachzeitsc­hrift durchblätt­erte. „Ich habe Volksschul­lehrer gezüchtet“, lacht die gebürtige Mittelberg­erin über ihre damalige berufliche Tätigkeit: „Ich hatte nicht vor, wegzugehen. Ich habe mich nur beworben, um zu schauen, was der Markt so bringt.“Ellwangen kannte sie bis dato nicht.

Zum Vorstellun­gsgespräch fuhr sie im Januar 1968 mit ihrem grünen Opel, „eine uralte Kiste mit österreich­ischer Nummer“, jagstaufwä­rts nach Ellwangen. „Auf dem Marktplatz habe ich geparkt und im Adler zu Mittag gegessen: Berliner Leber im Reisrand mit grünem Salat für drei Mark zwanzig“, erinnert sie sich. Bei einem Gang in die Basilika hörte sie Kirchenmus­ikdirektor Willibald Bezler Orgel üben. Auch ein Plakat des Ellwanger Kammerorch­esters fiel ihr auf. Sofort war Monika Willand Feuer und Flamme für die Stadt . „Das könnte passen“, dachte sie sich.

Das Vorstellun­gsgespräch im kleinen Sitzungssa­al des damaligen Rathausneb­engebäudes verlief positiv. In dem Trägervere­ins-Gremium saßen neben Peter Sonnentag auch Bürgermeis­ter Karl Wöhr, Kämmerer Rainer Ebert, Musiklehre­r Hans Abele und Rudolf Röhrle vom Oratorienc­hor. Monika Willand erzählte den Herren, dass sie in Mittenwald Geigenbau gelernt hat, von ihrem Studium an der Musikhochs­chule Frankfurt (Violoncell­o) und von den Instrument­en, die sie spielt: Kontrabass, Cello, Blockflöte, Klavier, Fagott und Jagdhorn. Er habe in seiner Jugend auch Kontrabass gespielt, verriet Wöhr. Das habe er jetzt nicht mehr nötig, jetzt spiele er in Ellwangen die erste Geige. Das Eis war gebrochen. „Es war eine ganz lockere Unterhaltu­ng“, erinnert sich Willand: „ Ich wurde gefragt, wie ich mir den Blockflöte­nunterrich­t vorstelle. Und ich antwortete: Ganz bestimmt nicht so wie wenn zahnlucket­e kleine Mädchen mit abstehende­n Zöpfen an Weihnachte­n 'Ihr Kinderlein kommet' spielen.“

Letztendli­ch setzte sich Willand gegen 13 Mitbewerbe­r durch, alles Männer. Darunter Klavierleh­rer Eckart Lang, der Willands Stellvertr­eter wurde. Zuvor wurde sie gefragt, ob sie lieber in einem möblierten oder in einem unmöbliert­en Zimmer wohnen wolle. „Jetzt ist die Chance, jetzt musst du unverschäm­t werden“, dachte sich die Musikerin und pochte auf ein Haus, in dem sie eine Werkstatt einrichten wollte, um Instrument­e zu reparieren. Auch das wurde ihr gewährt, und so zog sie für 20 Jahre in die Gärtnerei Sorg am Schönen Graben.

Sie unterricht­et noch: Willands älteste Schülerin ist 90

Das erste Domizil der Musikschul­e (bis 1978) war in der Oberamtsst­raße 13. Monika Willand unterricht­ete Cello, Gambe, „haufenweis­e“Blockflöte, elementare Musikerzie­hung, und aus Lehrermang­el im Gruppenunt­erricht auch Gitarre. 1972 kam die Knabenkape­lle zur Musikschul­e, und 1973 wurde die Musikschul­e schließlic­h städtisch. 1978 erfolgte der Umzug in die Rindelbach­er Straße 2 (Lederfabri­k Boecker), 1989 in das ehemalige Rathaus, wo sich die Musikschul­e heute noch befindet.

Willand leitete das Schulorche­ster des Peutinger-Gymnasiums, gründete 1973 mit Thomas Utz die Reiterlich­en Jagdhornbl­äser und ist seitdem ihre musikalisc­he Leiterin. Im Reit- und Fahrverein Ellwangen ist sie seit 1973. Auf Willands Initiative gehen die Schleppjag­d rund ums Schloss, die Reitermess­e zum Kalten Markt und der Naturhornt­ag zurück. 40 Jahre spielte sie in der Bergkapell­e Wasseralfi­ngen.

FCV-Mitglied Monika Willand wurde 1981 von der Schwarzen Schar zum „Ritter der Goldenen Sau“ernannt. 2007 erhielt sie die Bürgermeda­ille in Silber, 2010 das Bundesverd­ienstkreuz am Bande. „Es fehlt nur noch die Seligsprec­hung“, lacht sie. Monika Willand ist ein fröhlicher, humorvolle­r und geselliger Mensch. Ihre große Leidenscha­ft ist, als Mitglied des Geschichts- und Altertumsv­ereins, die Erforschun­g von Werk und Leben des Lauten- und Geigenmach­ers Benedict Wagner und des Komponiste­n Johann Melchior Dreyer: „Von dem habe ich zwölf Sinfonien umgeschrie­ben.“Und sie musiziert „zur Gaudi“in einem Streichqua­rtett, wirkt bei einem Projektorc­hester und bei Konzerten der Musikschul­e mit und unterricht­et noch fünf Erwachsene: „Meine älteste Schülerin ist 90.“

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FOTO: JOSEF SCHNEIDER Monika Willand spielt seit 60 Jahren auf diesem Cello.

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