Sanktionen spielen Teheran in die Hände
Für logische Argumente ist USPräsident Donald Trump nur selten empfänglich. Resignieren kommt für die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini dennoch nicht infrage. Mehr als ein Dutzend Mal hat die Italienerin das Atomabkommen mit dem Iran bereits verteidigt. Der Deal, betonte sie, habe eine der schlimmsten Atomkrisen unserer Zeit beendet. Angesichts der Bedrohung durch Nordkorea könne es sich die Welt daher „nicht leisten, noch eine andere Front zu eröffnen“.
Diese könnte schon bald im gesamten Nahen Osten verlaufen, von Saudi-Arabien über Irak bis in die Türkei. Man werde die US-Armee in der Region wie die Terrormiliz „Islamischer Staat“behandeln, falls es die Regierung in Washington wagen sollte, die iranischen Revolutionsgardisten zu einer Terrororganisation zu erklären, hatte der Kommandeur der Garden, Mohammed Ali Jafari, am Sonntag gedroht.
Trump-Berater hatten die Überlegung an die Medien geleitet, die 150 000 Mann starke paramilitärische Truppe zur „Verteidigung der iranischen Revolution“als Terrororganisation einzustufen. Westliche Beobachter in der iranischen Hauptstadt sprechen von einer gezielten Provokation, die die gewünschten Reaktionen ausgelöst und die iranische Raketentechnologie in den Fokus gerückt habe.
Wut und Fassungslosigkeit über mögliche neue Sanktionen sowie eine mögliche Aufkündigung des Atomabkommens durch die TrumpAdministration herrscht aber nicht nur bei den Hardlinern, die in diesen Wochen massiven politischen Rückenwind verspüren. Auch die überwiegend pro-westlich orientierte Jugend ist dabei, sich von Amerika abzuwenden. In der Erwartung besserer Zeiten und neuer Chancen waren nach dem Abschluss des Atomabkommens vor zwei Jahren Zehntausende junger Iraner in ihr Heimatland zurückgekehrt.
Apple löscht Apps
Die Aufbruchstimmung währte aber nur kurz. Schon in der Amtszeit von Trumps Vorgänger Barack Obama setzten sich die Republikaner für die Beibehaltung der Zwangsmaßnahmen ein. Unter Trump wurde das Sanktionsregime weiter verschärft. So hat der US-Konzern Apple Ende August populäre iranische Apps aus seinem App-Store entfernt. Er könnte „wegen der geltenden Sanktionsregularien keine Apps von Entwicklern aus bestimmten Ländern anbieten“, lautete die Begründung, die im Iran für Entrüstung sorgte.
Nüchtern betrachtet, machen die Apple-Sanktionen, denen sich auch Google angeschlossen hat, keinen Sinn. Denn mit den Apps schafften iranische Startup-Unternehmen zahlreiche neue Arbeitsplätze im Servicebereich. Mehr als 100 000 Iraner sollen beispielsweise als Fahrer für das Unternehmen Snapp, einer iranischen Taxi-App, gearbeitet haben. In einer vom Teheraner Außenministerium unterstützten Protestnote an Apple-Chef Tim Cook forderten 16 000 Iraner die Aufhebung der Sanktionen. Selbst das Editorial Board des Finanzdienstleisters Bloomberg verteidigte die iranischen Jungunternehmer. Restriktionen von Apps seien ein „Propaganda-Geschenk für die iranische Regierung“.