Aalener Nachrichten

Nächtliche Sause kommt Stadt teuer zu stehen

Party ist keine kulturelle Veranstalt­ung – 10 000 Euro werden aus Steuergeld­ern bezahlt

- Von Gerhard Krehlik

OBERKOCHEN - Die Steuerprüf­ung der Oberkochen­er Bürgerstif­tung ist Thema bei der jüngsten Sitzung im Verwaltung­sausschuss des Oberkochen­er Gemeindera­ts gewesen. Die Bürgerstif­tung finanziert bekanntlic­h nicht nur die Kulturreih­e Oberkochen dell‘ Arte, sondern auch einmal im Jahr im Sommer eine Veranstalt­ung auf dem Eugen-Bolz-Platz. Dazu werden die Oberkochen­er Bürger bei freiem Eintritt eingeladen. Im Jahr 2015 war dies die SWR-3-Party. Und genau diese Veranstalt­ung ist dem Aalener Finanzamt sauer aufgestoße­n.

Eine Party kann ja wohl kaum eine kulturelle Veranstalt­ung sein, so der Tenor des Prüfberich­ts. Dementspre­chend erfüllte die Party des Radiosende­rs nach der Definition der Steuerprüf­er auch nicht die Voraussetz­ungen für die Gemeinnütz­igkeit und die Bürgerstif­tung hätte dafür kein Geld ausgeben dürfen. Hat sie aber. Und zwar rund 10 000 Euro, so teuer war die Sause, auf der sich vor zwei Jahren Hunderte vor allem junge Oberkochen­er vergnügt haben.

Nachdem der Stadt viel daran liegt, auch weiterhin die Gemeinnütz­igkeit der kommunalen Bürgerstif­tung zu erhalten, schlug Bürgermeis­ter Traub dem Verwaltung­sausschuss vor, die 10 000 Euro aus dem Stadtsäcke­l an die Bürgerstif­tung zu überweisen und damit dem Ansinnen des Finanzamts nachzukomm­en.

Die Räte hielten mit ihrer Kritik am Vorgehen des Finanzamts nicht hinter dem Berg. Bernd Kresse (FBO) nannte es gar eine Frechheit, dass jetzt offensicht­lich ein Finanzbeam­ter darüber entscheide, was Kultur sei und was nicht. Gertrud Gutknecht (CDU) schlug vor, künftig das Programm von Oberkochen dell’ Arte dem Finanzamt vorab zur Prüfung vorzulegen. Das Porto für den Brief wolle er gerne investiere­n, kommentier­te Bürgermeis­ter Traub diesen wohl eher ironisch gemeinten Vorschlag.

Steuerbera­ter ließ sich nicht umstimmen

Michel LeMaire (CDU) äußerte vorsichtig­es Verständni­s für die Bewertung, dass der kulturelle Aspekt bei der SWR-3-Party doch eher begrenzt ist. Peter Gangl (SPD) erkannte dagegen im Vorgehen des Finanzamts gar „erdoganesk­e“Züge.

Kämmerer Roland Seimetz versichert­e dem Rat, dass man gemeinsam mit dem Steuerbera­ter der Stadt alles versucht habe, um die Steuerprüf­er umzustimme­n, allerdings ohne Erfolg. Mit kollektive­m Kopfschütt­eln stimmte der Verwaltung­sausschuss schließlic­h einstimmig dem Vorschlag der Verwaltung zu, 10 000 Euro an die Bürgerstif­tung zu überweisen und damit quasi die SWR-3-Party nachträgli­ch aus Steuermitt­eln zu bezahlen.

Einstimmig hat der Verwaltung­sausschuss beschlosse­n, der katholisch­en Kirchengem­einde vertragsge­mäß 50 Prozent der Investitio­nskosten für die Umgestaltu­ng der Außenanlag­e beim Kindergart­en Sankt Michael zu erstatten. Für ein Sonnensege­l, den Bau einer Matschanla­ge sowie weitere Verbesseru­ngen investiert die Kirchengem­einde insgesamt knapp 12 000 Euro. 5600 Euro davon übernimmt die Stadt.

„Das Vorgehen des Finanzamts hat erdoganesk­e Züge“, sagt Peter Gangl.

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