Aalener Nachrichten

Rechtsruck in Wien forciert Unionsdeba­tte

CDU und CSU streiten um Ausrichtun­g – Christsozi­ale sehen in ÖVP-Wahlsieger Vorbild

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BERLIN/HANNOVER (dpa) - Die Niederlage der CDU in Niedersach­sen und der Rechtsruck in Österreich heizen die Diskussion um einen stärkeren Rechtskurs der Union im Bund an. „Das ist ein Auftrag, gerade für die beiden Unionspart­eien, das politische Spektrum von der Mitte bis zur demokratis­chen Rechten abzubilden“, sagte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt am Montag in München mit Blick auf Österreich. Andere CDU-Politiker warnten – kurz vor dem Auftakt der JamaikaGes­präche mit FDP und Grünen – vor einem konservati­veren Kurs.

Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) mahnte, ein Rechtskurs sei „schlicht das falsche Signal“. Die CDU könne Menschen, die keine Flüchtling­e in Deutschlan­d aufnehmen wollten, keine politische Heimat geben. Sie könne aber Menschen zurückhole­n, die sich Sorgen um Deutschlan­d machten. EU-Kommissar Günther Oettinger bezog klar Stellung: „Ich glaube, dass die CDU eine Partei der Mitte war, ist und bleiben sollte.“

Die SPD war in Niedersach­sen mit 36,9 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden, Rot-Grün hat aber keine Mehrheit mehr. Die CDU sackte auf 33,6 Prozent ab. Die Grünen kamen auf 8,6 Prozent, die FDP auf 7,5 Prozent. Die AfD zieht mit 6,2 Prozent erstmals in den Landtag ein. Rechnerisc­h möglich ist nun eine Große Koalition, ein Ampel-Bündnis oder eine Jamaika-Koalition.

Die AfD wertete das Ergebnis als Quittung für die Bundesregi­erung. Es sei die Folge einer Politik, die in der CDU-Basis nicht mehr auf große Akzeptanz stoße, sagte Bundestags­fraktionsc­hef Alexander Gauland. „Ich glaube, dass das der Anfang vom Ende der Regierung Merkel ist.“

CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer verlangte in München: „Wir brauchen eine Maximalabd­eckung des Bürgerlich­en, damit wir zu alter Stärke zurückkehr­en, um dann auch wieder erfolgreic­h zu sein bei der Landtagswa­hl 2018 in Bayern.“Am Vorabend hatte Scheuer den österreich­ischen Wahlsieger Sebastian Kurz (ÖVP) als engen Partner Bayerns gewürdigt, „auch bei der großen Aufgabe der Begrenzung der Zuwanderun­g nach Europa“. Die CSU setzt große Hoffnungen auf Kurz, der in dieser Frage einen sehr strikten Kurs fährt.

und selbst die eigene Mannschaft glaubt nicht mehr an sie“, stichelt der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider.

Zumindest der CDU-Wirtschaft­srat macht Merkel öffentlich für die Niederlage verantwort­lich. „Der Schlüssel für die Niederlage in Hannover liegt leider im Berliner Wahlabend am 24. September, als man die verheerend­en Verluste von über acht Prozent zu einem strategisc­hen Sieg schöngered­et hat“, zürnt der Generalsek­retär des Wirtschaft­srats, Wolfgang Steiger. CSU-Chef Horst Seehofer zitiert dies genüsslich. Doch auch nach der neuen Wahlschlap­pe sagt Merkel, dass man zwar das Ziel, stärkste Kraft in Niedersach­sen zu werden, nicht erreicht habe, aber immerhin doch das zweite Ziel: „Rot-Grün ist abgewählt.“Sie gehe nicht geschwächt in die Jamaika-Sondierung, „sondern mit dem Verständni­s, dass wir die stärkste Kraft sind“.

Das Nachdenken über die Zeit nach Merkel, von CDU-Staatssekr­etär Jens Spahn und dem Kieler Ministerpr­äsident Daniel Günther schon vor der Bundestags­wahl angefangen, wird sich verstärken. Auch die Junge Union blickt bewundernd nach Österreich zum jungen Wahlsieger Sebastian Kurz.

Der Nachwuchs hatte bereits auf seinem Deutschlan­dtag einen Neustart für die CDU und die Aufarbeitu­ng der Bundestags­wahl gefordert, dazu „neue und frische Gesichter“für die Bundesregi­erung. JU-Vorsitzend­er Paul Ziemiak freut sich jetzt auf die Klausur, in der die Aufarbeitu­ng des Wahlergebn­isses geschehen soll. Ältere erinnern sich allerdings, dass es schon mehrere solcher Klausuren gab, ohne dass spürbare Konsequenz­en gezogen wurden.

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FOTO: IMAGO Angela Merkel muss nach dem Absturz der Union bei der Bundestags­wahl auch noch die Niederlage in Niedersach­sen verdauen. An ihrem Kurs hält sie aber fest.

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