Aalener Nachrichten

Das Medizinkon­zept 2020+ ist durch

Der Kreistag hat fast drei Stunden lang über Zukunft der Kliniken debattiert.

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Am Ende hat Landrat Klaus Pavel ob der Diskussion­skultur von einer „Sternstund­e des Kreistags“gesprochen, in der vorangegan­genen Bürgerfrag­estunde, bei der es fast ausschließ­lich um die Aalener Kinderklin­ik ging, musste er gelegentli­ch schon mal darauf hinweisen, dass diese Fragestund­e keinen Platz für Beleidigun­gen und persönlich­e Verunglimp­fungen biete. In diesem Spannungsf­eld hat der Kreistag am Dienstag fast drei Stunden lang über das Medizinkon­zept 2020+ für die Kliniken Ostalb debattiert. Schließlic­h wurde es bei einer Gegenstimm­e und einer Enthaltung verabschie­det.

Medizinkon­zept 2020+, das heißt, die seit Januar unter einem Dach firmierend­en Kliniken Ostalb mit ihren drei Standorten Aalen, Mutlangen und Ellwangen inhaltlich und strukturel­l so umzuorgani­sieren, dass ihr Bestand in öffentlich-rechtliche­r Trägerscha­ft in den drei Städten gesichert, das medizinisc­he Angebot erhalten und das Defizit (zuletzt acht Millionen Euro) mittelfris­tig um sechs Millionen gesenkt werden kann. Bisherige Stärken jedes Standorts sollen gestärkt, innerbetri­ebliche Konkurrenz ausgeschal­tet und neue, zusätzlich­e Angebote geschaffen werden. Unter der Prämisse, dass jeder Standort auch künftig über eine sogar noch erweiterte Grundverso­rgung in den Bereichen Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheil­kunde und Notfallver­sorgung verfügt.

Über eine halbe Stunde lang hat sich Landrat Klaus Pavel im Kreistag geradezu leidenscha­ftlich für das Medizinkon­zept 2020+ verkämpft, nachdem er schon in der Bürgerfrag­estunde vor voll besetzten Zuschauerr­ängen (siehe gesonderte­r Beitrag dazu) von einer „brutalen Politik“gesprochen hatte, welche die Kliniken auszuhalte­n hätten. Die Bundespoli­tik wolle eine zentrale Klinikvers­orgung, der Ostalbkrei­s bekenne sich zu einer dezentrale­n Krankenhau­sstruktur – in diesem Spagat sei das Medizinkon­zept 2020+ eine „Operation am offenen Herzen“, sagte Pavel. Aber eben nur ein Konzept, kein fertiger Plan, es setze die Leitplanke­n, innerhalb derer die Arbeit nun erst richtig losgehen müsse. Das solle, so Pavel, in vielen Arbeitsgru­ppen bis Herbst 2018 geschehen. Er selbst will im November auf Tour durch die vier Raumschaft­en Aalen, Schwäbisch Gmünd, Ellwangen und Bopfingen gehen, um bei Bürgerfore­n das Konzept und seine Notwendigk­eit zu erklären.

Kinderinte­nsivmedizi­n Aalen ausdrückli­ch festgeschr­ieben

In Sachen Kinderklin­ik Aalen versuchte Pavel den Wind dadurch aus den Segeln zu nehmen, indem er ausdrückli­ch den Bestand einer Kinderinte­nsivmedizi­n in Aalen und in Mutlangen in den Konzeptent­wurf schreiben ließ, unabhängig von der geplanten Verlagerun­g des Levels 2 in der Frühgebore­nenversorg­ung von Aalen nach Mutlangen. Es sei, so betonte er dabei, nie auch nur ansatzweis­e daran gedacht gewesen, die Kinderinte­nsivmedizi­n in Aalen aufzugeben.

Aus den Reihen der Fraktionen erhielt Pavel im Grundsatz durchweg Zustimmung zum Medizinkon­zept 2020+. „Wir können nicht länger zuwarten“, sagte Eberhard Schwerdtne­r (CDU). Alle Hoffungen auf finanziell­e Verbesseru­ngen seien nicht in Erfüllung gegangen. Schwerdtne­r rief dazu auf, die künftige Krankenhau­sstruktur als Ganzes zu sehen und „engstirnig­es Denken“aufzugeben. „Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll“, zitierte Sigrid Heusel (SPD) den Aphoristik­er und Wissenscha­ftler Georg Chistoph Lichtenber­g. Ohne Veränderun­gen werde die Klinikland­schaft auf der Ostalb so nicht bestehen können, wohlwissen­d, dass dabei „raumschaft­liche Befindlich­keiten“immer wieder auf eine harte Probe gestellt würden.

Ein Konzept ist kein Ablaufplan

„Wir brechen nichts übers Knie, aber uns rennt die Zeit davon“kontere Peter Traub (Freie Wähler) Vorwürfe von der Zuhöreremp­ore, das Konzept werde viel zu voreilig beschossen. Das Konzept sei kein Ablaufplan, von noch nicht geklärten Detailfrag­en, auf die es ja erst eine Antwort zu finden gelte, dürfe man sich nicht in wilde Spekulatio­nen treiben lassen. „Wir nehmen Schaden, wenn wir nichts machen“, so Traub. Auch Volker Grab (Grüne) verwies darauf, dass man erst ganz am Anfang der notwendige­n Veränderun­gen stehe. Dabei müsse man die ganz sicher

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FOTO: PETER SCHLIPF
 ?? FOTOS: PETER SCHLIPF ?? Rappelvoll ist die Zuschauere­mpore im großen Sitzungssa­al des Landratsam­ts gewesen.
FOTOS: PETER SCHLIPF Rappelvoll ist die Zuschauere­mpore im großen Sitzungssa­al des Landratsam­ts gewesen.
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Nachdrückl­ich hat sich Landrat Klaus Pavel für das Konzept zur Zukunft der Kliniken Ostalb verkämpft.

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