Pfahlheim mausert sich zum Kraftwerk der Stadt
Strom aus erneuerbaren Quellen könnte fast die Hälfte des Ellwanger Bedarfs decken
ELLWANGEN-PFAHLHEIM - Mit der Inbetriebnahme der fünf neuen Windkraftanlagen wird auf Pfahlheimer Gebiet mehr als das Elffache der Strommenge erzeugt, den die rund 1800 Einwohner starke Ortschaft im Jahr verbraucht. Dass Konflikte dabei weitgehend ausgeblieben sind, schreibt Ortsvorsteher Wolfgang Seckler unter anderem der engen Zusammenarbeit mit der Einwohnerschaft und den örtlichen Gremien zu. Die kommenden Aufgaben werden aber nicht leichter, davon ist der Ortsvorsteher überzeugt.
Im Jahr 2016 wurden in Pfahlheim laut Zahlen der EnBW rund 11,3 Millionen Kilowattstunden elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Damit produzierte der Ort mehr als das Doppelte des Eigenbedarfs. Durch die fünf Windenergieanlagen auf Pfahlheimer Gemarkung, die im Oktober ans Netz gingen, wird sich diese Menge auf prognostizierte 52,8 Millionen Kilowattstunden pro Jahr erhöhen – etwa das Elffache des eigenen Strombedarfs von 4,7 Millionen Kilowattstunden per anno. Damit könnte Pfahlheim fast die Hälfte des Strombedarfs der gesamten Stadt Ellwangen decken, der bei 120 Millionen Kilowattstunden pro Jahr liegt.
Die Veränderungen, die damit einher gegangen sind, so etwa die Windkraftanlagen oder die beiden Biogasanlagen, werden von der örtlichen Bevölkerung weitgehend mitgetragen. Ortsvorsteher Seckler beschreibt die Situation als „entspannt“. Konflikte, die es in anderen Gemeinden gab und zum Teil noch gibt, seien weitgehend ausgeblieben. Dies sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass in Pfahlheim von Anfang an nüchtern und besonnen nach Lösungsansätzen gesucht worden sei.
Angesichts der bekannten Probleme der klassischen Energieträger Atom, Kohle, Öl und Gas habe sich Pfahlheim für die Nutzung der Windenergie als logische Konsequenz entschieden. Mit den rund 150 Grundstückseigentümern sei zudem ein faires Flächenpachtmodell ausgehandelt worden, sagt der Ortsvorsteher. Auch dies habe zur Akzeptanz der Anlagen beigetragen.
Auf dem Weg zum „Smart Village“
Es sei auch gelungen, bei der Windkraft Fehler zu vermeiden, die andernorts für Zündstoff gesorgt hätten, führt Seckler aus. Die Konzentration der Windkraftanlagen in einem Cluster habe die oft kritisierte Verspargelung des Horizonts verhindert. Darüber hinaus habe der Ortschaftsrat durchgesetzt, dass die roten Blinksignale bei Nacht gleichzeitig aufleuchten. Auch sei es gelungen, während der Bauphase den Baustellenverkehr durch den Ort auf ein Minimum zu begrenzen.
Außerdem seien Mitnahmeeffekte spürbar. So sei die Infrastruktur bei den Feld- und Waldwegen verbessert worden und die Löschteiche seien ausgebaut worden. Nicht zuletzt sei es möglich gewesen, Leerrohre für den Breitbandausbau einzuziehen.
Darüber hinaus „haben wir uns nicht überfahren lassen“, sagt Seckler im Gespräch mit der „Ipf- und Jagst-Zeitung“. Er habe auf eine „faire Diskussion“mit den Betreibern der Windkraftanlagen, aber auch mit der Bevölkerung gesetzt, wohl wissend, dass „die Energiewende nicht gelingen kann, wenn die Leute sie nicht mittragen.“
Augenmaß sei aber auch bei den Auswirkungen auf die Umwelt der Anlagen bewiesen worden, etwa im Hinblick auf den Artenschutz: „Ich glaube, dass der Rote Milan und die Windkraft nebeneinander bestehen können“, sagt Seckler zuversichtlich. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass die Rehe das Umfeld der Windräder meiden würden, betont der Ortsvorsteher unter Verweis auf Gutachten von Biologen.
Aber Seckler sieht damit erst einen Teil der Aufgaben erfüllt: Erst der Breitbandausbau erlaube es, den in Pfahlheim erzeugten Strom intelligent zu nutzen. Regenerative Energien, intelligente Netze, Breitbandausbau und Elektromobilität sind für den Ortsvorsteher die Voraussetzungen für ein zukunftsfähiges „Smart Village“.