Von wegen weniger Zucker
Nutella mit veränderter Rezeptur – Ernährungsmediziner fordert höhere Steuer auf ungesunde Lebensmittel
BERLIN - Nutella ändert die Rezeptur – doch gesünder wird der Schokoaufstrich dadurch nicht. Fachleute fordern höhere Steuern auf Süßes. Sie sehen sich im Glauben bestätigt, dass sich ohne Vorgaben aus der Politik nichts an überzuckerten Lebensmitteln ändert.
Wenn der Lebensmittelkonzern Ferrero über Zucker informiert, klingt das sehr appetitlich. Auf der Nutella-Markenwebseite ist von zertifizierten Rohrzucker die Rede, der nachhaltig erzeugt wird. Den Zuckeranteil an der Creme behält das Unternehmen allerdings für sich. Der liegt Verbraucherschützern zufolge nun bei 56,3 Prozent statt wie bislang bei 55,9 Prozent. „Feinjustierung“nennt Ferrero die erste Veränderung der Zutaten nach Jahren, die der Verbraucherzentrale Hamburg aufgefallen ist. Der Fettanteil wurde leicht verringert, es ist mehr Magermilchpulver und weniger Kakao im Glas. Der Aufstrich ist etwas heller geworden. Über die Gründe schweigt Ferrero. „Magermilchpulver ist in der Regel deutlich billiger als Kakaopulver“, stellt die Verbraucherzentrale fest und vermutet den Wunsch, Kosten zu sparen, hinter der heimlichen Änderung.
Das Beispiel ist ein Beleg für den mäßigen Erfolg von Ärzten und Verbraucherschützern, die für eine Verringerung ungesunder Zutaten bei industriell gefertigten Lebensmitteln eintreten. Dabei hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt vor Monaten schon eine Reduktionsstrategie erarbeitet. Die Hersteller sollten freiwillig weniger Salz, Zucker oder Fett verwenden. Schmidt ist mit seinem Vorhaben bisher gescheitert. Widerstand kam aus der Lebensmittelindustrie.
Dabei gibt es gute Gründe für geringeren Zuckerkonsum. Es gibt zu viele dicke Kinder. Übergewicht birgt das Risiko späterer Folgeerkrankungen wie Diabetes. Die Uni Hamburg schlägt nun Steuererhöhungen für besonders zuckerhaltige Produkte und Softdrinks vor. Nudeln, Milch oder Fleisch sollen mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt werden, potenziell besonders schädliche Produkte mit einem Aufschlag von 23 Prozent. So würde der Anteil übergewichtiger Menschen nicht mehr weiter steigen und könnte sogar um zehn Prozent sinken, glaubt der Münchner Ernährungsmediziner Hans Hauner. Gesundes wie Obst und Gemüse hingegen soll von der siebenprozentigen Mehrwertsteuer befreit werden.