Jamaika ringt um Lösungen
Kernthemen Zuwanderung und Datenschutz umstritten
BERLIN/STUTTGART (dpa/tja) - Angesichts vieler ungelöster Streitpunkte steuern die Jamaika-Sondierer beim Kernthema Zuwanderung auf eine Entscheidung in letzter Minute zu. Die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen wollten sich am Dienstagabend unbegrenzt Zeit für diese Frage nehmen. Auch bei der Vorratsdatenspeicherung liegen die Unterhändler weiterhin über Kreuz.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) warnte derweil in Stuttgart vor einem Scheitern der Gespräche. Dieses sei durchaus möglich. „Wir liegen in sehr, sehr vielen Punkten noch weit auseinander“, sagte Kretschmann, der für seine Partei mit am Verhandlungstisch sitzt. Komme die Jamaika-Koalition nicht zustande, habe dies gravierende Konsequenzen für Europa. Die Europäische Union brauche Deutschland als Stabilitätsanker mit handlungsfähiger Regierung.
Die Jamaika-Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen haben zwar Fortschritte bei ihren Sondierungen gemacht. In fast allen Themenfeldern sind aber noch wesentliche Punkt offen. Die Union sah beim Streitpunkt Familiennachzug für hier lebende Flüchtlinge noch „keinen Spielraum“. Bei der Bildung steht eines der Ziele fest: „Wir wollen einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler“, heißt es in einem Papier. Nach Ansicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist das nicht umsetzbar. „Studien besagen, dass für einen flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen neben den Kosten für den Aufbau der zusätzlichen Raumkapazitäten in Höhe von 15 Milliarden Euro pro Jahr 50 000 zusätzliche Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte benötigt werden“, sagte der designierte Präsident des Deutschen Städteund Gemeindebundes, Uwe Brandl. Im Streit über Klimaschutz und
Kohlestrom legte das Umwelt- bundesamt einen Kompromissvorschlag vor. Die Behörde, die zum noch SPD-geführten Umweltministerium gehört, regt an, mindestens fünf Gigawatt der ältesten und ineffizientesten Braunkohlekraftwerke stillzulegen – das wäre in der Größenordnung von zehn Kraftwerksblöcken. Zusätzlich solle die Stromproduktion von Kohlekraftwerken, die älter als 20 Jahre sind, gedrosselt und der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden. (dpa)