Aalener Nachrichten

Nur die FIFA schweigt

Breite Debatte nach Olympia-Ausschluss Russlands – Putin spricht sich gegen Boykott aus

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MOSKAU (dpa/SID) - Am Morgen danach ist die stolze Sportnatio­n Russland am Boden zerstört. Das Nationale Olympische Komitee ausgeschlo­ssen von den kommenden Olympische­n Winterspie­len in Südkorea (9. bis 25. Februar). Keine russische Hymne, keine russische Flagge für die Sportler, die im Februar eventuell doch in Pyeongchan­g starten könnten. Und kein Wort vom sonst so redseligen Multifunkt­ionär Witali Mutko – der Vize-Premier und Cheforgani­sator der Fußball-WM 2018 in Russland ist vom IOC als Drahtziehe­r des staatlich orchestrie­rten Dopings ausgemacht worden und lebenslang für Olympia gesperrt worden.

Das politische Moskau reagierte am Mittwoch zunächst wütend auf die Entscheidu­ng, die Frage, ob Russland die Spiele nun seinerseit­s boykottier­en, seinen Athleten eine Teilname verbieten sollte, stand im Raum. Am Nachmittag aber das Machtwort des Präsidente­n. Wladimir Putin kündigte bei einem Besuch in der Wolga-Stadt Nischni Nowgorod zum einen seine lang erwartete erneute Kandidatur für die Wahl 2018 an. Zusätzlich stellte Putin den Sportlern gegen alle Boykott-Diskussion­en die Fahrt nach Südkorea frei: „Wir werden zweifellos nicht diejenigen blockieren, die teilnehmen wollen“, sagte er. Doch auch Putin blieb wie fast alle Russen dabei, dass die westlichen Vorwürfe in dem Doping-Skandal aus der Luft gegriffen seien. „Die meisten Anschuldig­ungen basieren auf Vorwürfen, die in keiner Weise bestätigt wurden und zumeist keine Grundlage haben“, sagte Putin.

Offiziell soll nun eine Versammlun­g der potenziell­en russischen Olympionik­en am 12. Dezember über eine Teilnahme entscheide­n. Auch Ex-Stabhochsp­ringerin Jelena Issinbajew­a, nun Funktionär­in mit feiner Nase für die kommende politische Linie, hat das Kleingedru­ckte in dem IOC-Beschluss gelesen. „Wenn bei der Siegerehru­ng gesagt wird, dass ich aus Russland bin, dann würde ich teilnehmen“, sagte sie.

Selbst die ansonsten Bach-kritische Nationale Anti-Doping-Agentur der USA begrüßte das Urteil als einen „bedeutende­n Sieg“für saubere Athleten. Für Bundesinne­nminister Thomas de Maizière ist der Fall Russland ein „bitterer Befund“. Der CDU-Politiker sagte: „In Anbetracht dieses Ergebnisse­s ist die Entscheidu­ng des IOC konsequent.“Konstantin Schad, Athletensp­recher des SkiWeltver­bands FIS, ist zufrieden mit dem IOC-Urteil: „Das ist schon eine knackige Ansage und für Herrn Putin die ultimative Demütigung.“

Kritiker des IOC argumentie­ren dagegen ähnlich wie die Anti-Doping-Kämpferin Ines Geipel. Die Vorsitzend­e des Dopingopfe­r-HilfeVerei­ns sagte: „Die Beweise liegen auf dem Tisch. Doch im Grunde sagt die Entscheidu­ng: Egal, welches Staatsdopi­ng ihr auflegt in dieser Welt, wir nehmen euch auf in die olympische Familie.“

Grindel kritisiert Infantino

Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunds, nahm nach dem Urteil die FIFA in die Pflicht – wegen Mutko. „Wer so gravierend gegen die Werte des Sports verstößt, der hat in einer führenden Position auch in anderen Bereichen des Sports nichts mehr zu suchen“, sagte er. Die FIFA müsse sich nun damit beschäftig­en, „inwieweit Mutko überhaupt noch tragbar“sei „an dieser exponierte­n Stelle im WM-Projekt.“In einer ersten Stellungna­hme hatte die FIFA zurückhalt­end reagiert. Ob die Ethikkommi­ssion eingreifen werde, ließ der Weltverban­d offen.

FIFA-Präsident Gianni Infantino, der bislang keine Anstalten gemacht hat, Lehren aus dem McLaren-Bericht des IOC zu ziehen, der auch Hinweise auf Doping im Fußball gibt, saß vergangene­n Freitag hilflos daneben, als Mutko wilde Verschwöru­ngstheorie­n verbreitet­e. Infantino verlor sich danach in Allgemeinp­lätzen. Am Mittwoch wurde Infantino auch von DFB-Präsident Reinhard Grindel kritisiert: „Ich habe mich schon vor Monaten für vollständi­g unabhängig­e Dopingkont­rollen bei der WM in Russland ausgesproc­hen. FIFA-Präsident Gianni Infantino hat das öffentlich mit der Bemerkung abgetan, es sei gut, dass ich jeden Tag eine neue Idee habe“, so Grindel. WM der Frauen (Vorrunde, 3. Spieltag), Gruppe C: Russland - Japan 29:28 (13:11) Tunesien - Montenegro 23:29 (13:15), Brasilien - Dänemark 20:22 (13:13) . – Tabelle: 1. Russland 117:84/8 2. Dänemark 115:88/6, 3. Montenegro 112:104/4, 4. Brasilien 87:96/3, 5. Japan 103:117/3, 6. Tunesien 80:125/0. – Gruppe D: Kamerun - Südkorea 21:33 (6:16), Serbien - Niederland­e 27:27 (15:15), Deutschlan­d - China 24:9 (10:3). – Tabelle: 1. Deutschlan­d 97:64/7, 2. Serbien 126:93/6, 3. Südkorea 106:85/6, 4. Niederland­e 118:88/5, 5. Kamerun 79:124/0. 6. China 66:138/0.

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FOTO: DPA Russlands Vize-Premier Witali Mutko, im Archivbild links neben FIFA-Chef Gianni Infantino, wurde lebenslang von Olympia ausgeschlo­ssen. Chef der Fußball-WM WM 2018 ist er weiterhin.

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