Abgeschmückt
Was nun aus Millionen Christbäumen wird
BERLIN (dpa) - Weihnachten ist auch ein Fest mit viel Müll. Der vermutlich größte Berg entsteht dabei erst jetzt, rund zwei Wochen nach den Feiertagen. Denn mehrere Millionen Weihnachtsbäume haben ihren Job erfüllt, verlieren ihre Nadeln und sind in den Wohnzimmern trotz allem Schmuck meist nicht mehr gerne gesehen. Allein in Bayern wurden nach einer Schätzung des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie rund 4,6 Millionen Bäume verkauft – und müssen nun entsorgt werden. In München und Nürnberg erwarten die Abfallbetriebe daher Müllberge mit einem Gewicht von jeweils rund 200 Tonnen, in Stuttgart sollen es gar bis zu 400 Tonnen sein.
Die Kosten für die Entsorgung bleiben jedoch gering für die Gemeinden: Gerhard Bocke, dem Bereichsleiter der Abfallwirtschaft der Stadt Nürnberg, zufolge, betragen sie etwa 14 Cent pro Einwohner. Der Abfallwirtschaftsbetrieb München rechnet mit bis zu 50 Euro für jede Tonne Christbäume.
Die Feuerwehr hilft
In Nordrhein-Westfalen sammeln vielerorts Feuerwehren oder soziale Organisationen die Bäume ein – und bessern mit kleinen Spenden, die an die Bäume gehangen werden, ihre Vereinskassen auf. „Diese Tradition hat sich im Laufe der Jahre etabliert“, sagt etwa Stadtjugendfeuerwart Andreas Topp aus Münster. Die Feuerwehr im münsterländischen Ahlen sieht die Abholung der Bäume auch als Übung, „denn die Feuerwehrleute müssen so einmal im Jahr mit großen Fahrzeugen in jede einzelne Straße einfahren“, sagt Leiter Walter Wolf.
In vielen vor allem ländlichen Gegenden in Nordrhein-Westfalen packen die Pfadfinder mit an, wenn es um die Entsorgung von Weihnachtsbäumen geht. „Teils bringen wir die Bäume zu den Betriebshöfen, teils bewahren wir sie für Oster- oder Lagerfeuer auf“, sagt Tobias Regesch von der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG). Mit den Spenden finanzierten die Pfadfinder in vielen Fällen ihre Sommerlager.
Die meisten Bäume werden bundesweit zu Holzschnitzeln gehäckselt oder zu Komposterde verarbeitet. Die Stadt Speyer (RheinlandPfalz) etwa macht gleich beides: Die Zweige und Nadeln werden kompostiert, aus dem Holz werden Holzhackschnitzel. In Koblenz können Bürger das kompostierte Grün – und damit unter Umständen auch die Reste des eigenen Weihnachtsbaums – als Bodenverbesserer beim Entsorgungsbetrieb kaufen.
Im Landkreis Barnim werden Weihnachtsbäume im Holzheizkraftwerk „verbrannt und verstromt“, wie Ina Bassin von den Kreiswerken Barnim sagt. Für die Abholung gibt es aber genaue Vorgaben: „Nicht größer als drei Meter, nicht dicker als zehn Zentimeter“, sagt Bassin. Sonst gelte der Baum nicht mehr als Bioabfall, sondern als Holzmüll und müsse zerschnitten zur Mülldeponie gebracht werden.
Doch wieso die Bäume gleich vernichten, wenn sie noch als Flugobjekte herhalten können? In Wolfsburg fand am vergangenen Samstag zum zweiten Mal die sogenannte Weihnachtsbaum-Challenge statt. Dabei wurden mitten in der Innenstadt Tannenbäume aus dem Bestand des Weihnachtsmarkts möglichst weit geworfen. Laut „Wolfsburger Allgemeiner“schleuderte Gewinner Herkules Athos den Baum in zwei Versuchen auf zusammengerechnet 14,86 Meter.
Futter für Dickhäuter
Nadelbäume, die nicht mit Kerzen und Schmuck in Berührung gekommen sind, landen in vielen Städten in den Zoos – als Futter für die Elefanten oder als Spielzeug für andere Tiere. „Das ist zwar kein ganz großer Leckerbissen, sie fressen es aber doch“, sagt ein Sprecher der Wilhelma, des zoologisch-botanischen Gartens in Stuttgart. Das Zerlegen der Tannen sei eine gute Beschäftigung für die Dickhäuter. „Andere Tiere wie Raubkatzen finden den Geruch spannend.“
Im Tierpark Hellabrunn in München dürfen sich auch die Affen über ein bisschen grünes Spielzeug freuen, und im Frankfurter Zoo vertreiben sich die Nashörner mit den Gerippen die Zeit. „Sie beschäftigen sich damit, die Bäume im Gehege spazieren zu tragen“, sagt eine Sprecherin. Die letzte Variante sei die als Dekoration – etwa in den Volieren der Vögel, heißt es aus Stuttgart. Ausgediente und teils noch geschmückte Weihnachtsbäume von Privatleuten bekommen die Tiere nicht. „Wir wollen nicht, dass die Tiere Überreste vom Schmuck oder Lametta mitfressen. Das wäre zu gefährlich“, sagt Stefanie Heeke vom Allwetterzoo Münster.